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Nun ist es amtlich: Die Apotheker sind an der ersten Ausschüttung des beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) angesiedelten Innovationsfonds außen vor. Es gibt einige wenige Projekte zur Arzneimitteltherapiesicherheit, bei denen hauptsächliche telemedizinische Lösungen wie etwa Online-Beratungen ausgetestet werden.
Mit dem Innovationsfonds waren auf Apotheker-Seite einige Hoffnungen verbunden: Ist er doch eine Möglichkeit, die von der ABDA so heiß umworbenen pharmazeutischen Dienstleistungen in einem vergüteten Modellprojekt zu testen. Zur Erinnerung: Der Gesetzgeber hatte den Fonds im vergangenen Jahr etabliert. Die gesamte Gesundheitsbranche schaute in den vergangenen Monaten auf den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), der die Zusagen zur Bezuschussung in den vergangenen Wochen an die Projekte per Post verschickte. Grundlage dieser Zuschüsse ist eine Gesetzesänderung, nach der der G-BA einen Innovationsfonds bilden sollte, der einerseits innovative Versorgungsmodelle fördert und andererseits besondere Projekte zur Versorgungsforschung unterstützt. Für die Versorgungsmodelle sollen jährlich 225 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden, für die Forschungsprojekte weitere 75 Millionen Euro. Laut G-BA-Chef Hecken sollte ein Förderschwerpunkt für die nun anstehende erste Tranche die Arzneimitteltherapiesicherheit sein.
Am heutigen Mittwoch hat der G-BA alle geförderten Versorgungsprojekte bekanntgegeben. Insgesamt erhalten 29 Bewerber einen Zuschlag. Die geförderten Themengebiete sind: Ländliche Räume, Arzneimitteltherapiesicherheit, Telemedizin, Pflegebedürftige und „Themenoffen“. Von den knapp 30 Initiativen beschäftigen sich lediglich vier Vorhaben mit der Arzneimittelversorgung. Wie in der folgenden Darstellung zu sehen ist, sind die Apotheker an diesen Projekten wenig bis gar nicht beteiligt.
- 1. | Das erste AMTS-Projekt hat es sich zum Ziel
gesetzt, Antibiotika-Resistenzen abzuwenden. Antragsteller ist das sogenannte
AQUA-Institut, das unter anderem Qualitätsprüfungen im Krankenhausbereich
durchführt. Auch beteiligt sind die Agentur deutscher Ärztenetze, die AOKen in
Bayern und Rheinland/Hamburg sowie die KV Bayern. Bei dem Vorhaben sollen bakterielle
Infektionen im ambulanten Bereich wirksam bekämpft werden. Patienten sollen
durch PR-Kampagnen über Antibiotika informiert werden, Ärzte sollen sich in
Ärztenetzwerken über Qualitätszirkel über die Antibiotika-Gabe austauschen.
Sektorenübergreifend sei auch der Einbezug von Apothekern geplant heißt es in
der Kurzbeschreibung. Wie das genau funktionieren soll und welche Rolle die
Pharmazeuten spielen, ist aber unklar. Und: Eine „ergebnisorientierte“
Vergütung ist bislang nur für die Ärzte vorgesehen.
- 2. | Die Barmer GEK hat mit der KV Westfalen-Lippe,
der Uni Mainz, der Uni Bielefeld, der Uni Köln, der Uni Bochum und dem
Uni-Klinikum Köln ein Projekt zur digital gestützten Arzneimitteltherapie
entworfen. Das Vorhaben mit dem Namen „AdAM“ zielt darauf ab, Ärzte beim
Arzneimitteltherapie und Versorgungs-Management zu unterstützen und die Arzneimitteltherapie von multimorbiden
Patienten mit Polypharmazie zu verbessern. Die Kasse will dabei ihr vorliegende
Informationen zur Arzneimitteltherapie den Ärzten zur Verfügung stellen, sodass
die Mediziner eventuelle Verordnungs-Fehler vermeiden. Außerdem soll ein „telemedizinischer,
arzneitherapeutischer Beratungsservice“ entwickelt werden. Was damit gemeint
ist, und wer die Patienten telemedizinisch über die Arzneimitteltherapie
aufklärt, geht aus der Beschreibung zunächst nicht hervor. Beteiligung der
Apotheker? Laut Kurzbeschreibung: Fehlanzeige.
Bayerische Apotheker scheitern mit mehreren Anträgen
- 3. | Das dritte Arzneimittelprojekt läuft unter der
Beteiligung der Techniker Krankenkasse und unter dem Namen „Resist“. Bei diesem
Vorhaben geht es darum, dass Ärzte bei akuten Atemwegsinfektionen durch
adäquaten Antibiotikaeinsatz Antibiotika-Resistenzen vermeiden. Außerdem wird den Ärzten ein „Instrumentenkoffer"
bereitgestellt, der unter anderem Decision Aids, Patienteninformationen und
weiteres beinhaltet. Laut TK hat der Verband der Ersatzkassen (vdek) die Konsortialführung
dieses Vorhabens inne. Daher sind auch alle anderen Ersatzkassen an dem
Vorhaben beteiligt. Die teilnehmenden
Ärzte werden durch eine Online-Schulung zum Thema Arzt -Patientenkommunikation und
zum zielgerichteten Antibiotikaeinsatz geschult. Auch hier sind keine
Pharmazeuten beteiligt.
- 4. | Einen weiteren Zuschuss für ein Arzneimittel-Projekt erhält ebenfalls die TK für „KidSafe“. Bei diesem Versorgungsmodell geht es um die Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit von Kindern und Jugendlichen. Die Projektverantwortung trägt in diesem Fall das Uni-Klinikum Erlangen. Im Speziellen geht es darum, unerwünschte Arzneimittelwirkungen und Wechselwrikungen bei Kindern zu vermeiden. An mehreren Kinderkliniken soll von pädiatrisch-pharmakologisch besetzten Qualitätszirkeln ein digitales Arzneimittel-Informationssystem erarbeitet werden. Nach Informationen von DAZ.online sind die Apotheken vor Ort auch hierbei nicht eingebunden. Allerdings ist die ABDA am Rande beteiligt: Vertreter der ABDA sollen während der Projektphase an den wissenschaftlichen Qualitätszirkeln teilnehmen.*
Es ist unklar, an wie vielen Bewerbungen Apothekerverbände oder -kammern beteiligt waren. Die ABDA wollte darüber keine Auskunft geben. Allerdings hatten die bayerischen Apotheker schon zwei Absagen hinnehmen müssen. Kammer und Verband hatten sich gemeinsam mit mehreren anderen Partnern, wie etwa den Ärzten und einer Allianz für Telemedizin (Telemedallianz), an einem Projekt zur Erprobung des eRezeptes und einem Projekt zur Erprobung des eMedikationsplanes beteiligt. Beide Modelle bekommen vom G-BA allerdings keine finanzielle Unterstützung.
Auch gescheitert ist ein drittes Versorgungsmodell, an dem die Kammer Bayern mitgewirkt hatte. Konkret geht es um die neue Versorgungsform „InALife“, deren Ziel es sein soll, Adipositas zu therapieren. Anscheinend geht es darum, die Lebensstile von Betroffenen so zu verändern, dass insbesondere keine Begleiterkrankungen (wie beispielsweise Diabetes) auftreten. Die Projektleitung lag bei der Technischen Universität München. Auch die Schweizer Versandapotheke Zur Rose musste eine Niederlage hinnehmen. Die DocMorris-Mutter wollte gemeinsam mit anderen Konsortialpartnern in Bremen das E-Rezept testen.
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* In einer früheren Version des Artikels hatte es geheißen, dass sich das Projekt "KiDSafe" insbesondere um die Therapie von Jugendlichen und Kindern dreht, die an Diabetes erkrankt sind. Das ist nicht korrekt. Vielmehr geht es bei dem Projekt darum, die Arzneimitteltherapiesicherheit bei Kindern im Allgemeinen zu verbessern. Wir bitten, dies zu entschudligen.
Die Redaktion
1 Kommentar
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von Christian Timme am 01.12.2016 um 21:13 Uhr
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