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Impfstoff-Verträge der AOK
Ein einziger Rabattpartner für ein ganzes Bundesland
In Baden-Württemberg wird in den kommenden beiden Saisons lediglich ein Unternehmen für die Versorgung der gesetzlich Versicherten mit Grippeimpfstoffen verantwortlich sein: Mylan. Das baden-württembergische Sozialministerium sieht keinen Grund, dies zu beanstanden.
Im April hatte die AOK Baden-Württemberg im Namen aller gesetzlichen Kassen im Bundesland die Versorgung mit Grippeimpfstoffen öffentlich ausgeschrieben. Gesucht wurden zwei Vertragspartner: Einer für den Impfstoff als Fertigspritze mit Kanüle, einer für die Fertigspritze ohne Kanüle. Im Juni hob die AOK das Ausschreibungsverfahren für das Fachloses „Impfstoff als Fertigspritze ohne Kanüle“ mangels zuschlagsfähiger Angebote auf. Die Mylan Healthcare GmbH erhielt als einziger Bieter den Zuschlag für das Los mit Kanüle.
Es folgte ein im Vergaberecht übliches Verhandlungsverfahren, um das zweite Los doch noch zu besetzen. Vergangene Woche veröffentlichten die baden-württembergischen Kassen allerdings eine weitere Mitteilung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union: Da weder im Vergabe- noch im Verhandlungsverfahren mit einem anderen pharmazeutischen Unternehmer als Mylan ein Vertrag geschlossen werden konnte, haben sie den mit Mylan bereits bestehenden auf das zweite Los erweitert.
Dies macht angesichts der gesetzlichen Vorgaben für Impfstoffausschreibungen stutzig: Nach § 132e Abs. 2 Satz 4 SGB V sind Impfstoff-Rabattverträge „mit mindestens zwei pharmazeutischen Unternehmern innerhalb eines Versorgungsgebietes zu schließen“. Diese Bestimmung wurde 2014 in das Sozialgesetzbuch V eingefügt, nachdem es bei rabattierten Grippeimpfstoffen zu erheblichen Engpässen gekommen war.
Die für die Ausschreibung federführende AOK Baden-Württemberg wollte sich auf Nachfrage nicht dazu äußern, wie ihr Vorgehen mit den gesetzlichen Vorgaben zu vereinbaren ist. Auskunft gab hingegen das Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg – die zuständige Aufsicht der AOK. Das Ministerium erklärte gegenüber DAZ.online, seiner Einschätzung nach sei das Vorgehen der Krankenkassen in Baden-Württemberg rechtlich nicht zu beanstanden.
Ministerium: Nicht-Beteiligung war nicht vorhersehbar
Schließlich hätten sich die Kassen von vornherein eine europaweite Ausaschreibung gestartet, die auf den Abschluss von Rabattverträgen mit zwei Unternehmen abzielten – so wie es die gesetzlichen Vorgaben vorsehen. Die Mylan Healthcare GmbH sei jedoch die einzige Impfstoffherstellerin gewesen, die sich an den verschiedenen Vergabeverfahren beteiligt habe, weshalb mit ihr zunächst ein Vertrag über ein Fachlos abgeschlossen worden sei. „Dieses Vorgehen wird von den Vergabenachprüfungsinstanzen ausdrücklich als rechtmäßig anerkannt“, betont das Ministerium.
Dass Mylan nun im Rahmen einer Vertragsänderung auch für die Versorgung mit Influenza-Impfstoffen ohne feststehende Kanüle zuständig ist, sei nach dem Vergaberecht möglich. Warum? Die Krankenkassen konnten die Nichtbeteiligung aller anderen Impfstoffhersteller an der Versorgung der Versicherten mit Influenza-Impfstoffen nicht vorhersehen. Dazu das Ministerium: „Auch § 132e Abs. 2 Satz 4 SGB V steht nach hiesiger Einschätzung dem im konkreten Fall nicht entgegen, da diese Regelung im Lichte des Vergaberechts so auszulegen ist, dass Verträge mit mehreren pharmazeutischen Unternehmen nur dann gefordert werden können, wenn im Vergabeverfahren mehrere zuschlagsfähige Angebote eingegangen sind“.
Das Vorgehen entspreche auch der Intention sozialrechtlichen Regelung, die Versorgungssicherheit der Versicherten zu gewährleisten. Denn die Krankenkassen hätten nun zwei Influenza-Impfstoffe unter Vertrag. Auch wenn Mylan deren Lieferfähigkeit in beiden Fällen sicherstellen muss – das Unternehmen dürfte höchstes Interesse daran haben, dass hier nichts schief geht. Dann sonst drohen Vertragsstrafen und Schadensersatzansprüche.
Letztlich räumt das Sozialministerium aber auch ein: „Gleichwohl ist für zukünftige Ausschreibungen zu hoffen, dass sich wieder mehr pharmazeutische Unternehmer beteiligen werden“.
Dauerbrenner Impfstoff-Lieferengpässe
Dass Lieferengpässe bei Impfstoffen – auch gegen Grippe – ein Dauerbrenner sind, zeigt der Blick in die Lieferunfähigkeitsliste des Paul-Ehrlich-Instituts. Zwar sind dort für die laufende Saison noch keine generellen Ausfälle gemeldet – wohl aber für einzelne Packungsgrößen. Mag diese Liste auch keinen Aufschluss geben, wie viele Dosen möglicherweise noch im Großhandel lagern – gegenwärtig ist ihr zu entnehmen, dass aktuell beispielsweise die 1er Packung von Influvac und Afluria (mit Kanüle) sowie die 10er Packungen von Afluria ohne Kanüle und Vaxigrip mit Kanüle für diese Saison lieferunfähig sind.
Ausschreibungsstopp im AMVSG?
Die Impfstoffausschreibungen der Krankenkassen sind seit 2011 möglich. Doch schon kurz darauf sah man sie kritisch. Die Forderung nach ihrer Abschaffung wird seit dem Ausfall von Novartis in der Saison 2012/13 immer wieder laut. Zuletzt hatten die gesundheitspolitischen Sprecher und Arzneimittel-Berichterstatter der Großen Koalition im vergangenen April in ihrem „Grundlagenpapier zu den Ergebnissen des Pharmadialogs“ erklärt: „Die Ausschreibungsmöglichkeit in der Impfstoffversorgung hat sich nicht bewährt und soll daher wieder gestrichen werden“. Es wird sich nun weisen, ob die Fraktionen im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahren für das Arzneimittelversorgungstärkungsgesetz einen entsprechenden Änderungsantrag einbringen. Denn im bisher vorliegenden Entwurf ist zwar vorgesehen, die ebenfalls umstrittenen Ausschreibungen im Bereich der Zytostatikaversorgung auf Apothekenebene zu streichen – die Impfstoff-Rabattverträge werden jedoch nicht angerührt.
2 Kommentare
Rabattpartner BW
von Alexander Zeitler am 04.12.2016 um 17:21 Uhr
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Impfstoffe Vorsorge - Sicherheit - egal
von Ratatosk am 02.12.2016 um 18:24 Uhr
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