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Das Thema des Versandhandels mit Rx-Arzneimitteln scheint Karl Lauterbach (SPD) keine Ruhe zu geben. Zum zweiten Mal innerhalb von drei Wochen schreibt er einen Brief an alle SPD-Bundestagsabgeordneten, um zu erklären, wie wichtig der Versandhandel für die Versorgung ist.
Anlass des neuen Briefes an alle 193 SPD-Abgeordneten ist der vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) vorgelegte Gesetzentwurf zum Rx-Versandhandelsverbot. Lauterbach, in der SPD Fraktion als stellvertretender Fraktionsvorsitzender für das Thema Gesundheit zuständig, stellt klar, dass er von dem Vorhaben wenig hält. „Für das Hauptargument, die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung durch Präsenzapotheken sei gefährdet, weil der Wettbewerb mit dem Versandhandel die Apotheken vor Ort in ihrer Existenz bedrohe, werden keine Belege geliefert“, schreibt Lauterbach an seine Parteikollegen.
Und: Wie schon zuvor die Grünen-Politikerin Kordula Schulz-Asche weist auch Lauterbach darauf hin, dass genau die Argumente, die das BMG im Entwurf anführt, um den Rx-Versandhandel zu verbieten, auf europäischer Ebene bereits einmal gescheitert sind: „Im Übrigen hatte der EuGH exakt diese Argumentation in seiner Urteilsbegründung verworfen.“
In seinem ersten Brief zu diesem Thema hatte Lauterbach den Versandhandel verteidigt und seine Bedeutung für die Versorgung hervorgehoben. In seinem neuen Schreiben redet er zumindest den wirtschaftlichen Anteil des Versandhandels am Gesamtmarkt klein, um damit zu zeigen, dass die Apotheken vor Ort nicht durch Internet-Apotheken bedroht seien.
So heißt es in dem Papier: „Ich weise nochmals darauf hin, dass der Anteil des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten weniger als 0,5 Prozent am Gesamtumsatz mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln beträgt. Die wirtschaftliche Lage der allermeisten Apotheken ist gut. Unmittelbar nach dem zum 1. Januar 2004 der Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln in Deutschland erlaubt worden ist, stieg die Zahl der Apotheken sogar an. Auch in den sechs anderen EU-Ländern, die den Versand von verschreibungspflichtigen Medikamenten erlauben, war und ist kein „Apothekensterben“ zu verzeichnen.“
Lauterbachs hinkender Europa-Vergleich
Dabei vergisst der SPD-Politiker allerdings auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen in diesen sechs Ländern einzugehen. In Schweden beispielsweise wurde der Apothekenmarkt vor einigen Jahren reguliert. Die staatliche Apothekenkette Apoteket wurde aufgesplittet, es wurden neue Player im Markt zugelassen. Die Apothekenzahl explodierte nach dem Liberalisierungsgesetz. Die Entwicklung der Apothekenzahl hat dort also sehr wenig mit dem verbotenen Versandhandel zu tun.
Gleiches gilt für Dänemark: Bei unseren Nachbarn im Norden wurde im vergangenen Jahr die Anzahl der möglichen Filialen auf 7 erhöht. Auch dort stieg die Apothekenzahl in den vergangenen Monaten drastisch an. Und auch dort hat dieser Anstieg wenig mit den Versandhandels-Regeln zu tun. Letztes Beispiel Großbritannien: Auch dort ist der Rx-Versandhandel erlaubt und die Apothekenzahl seit Jahren steigend. Allerdings liegt das im Vereinigten Königreich daran, dass die Regierung vor einigen Jahren die Bedarfsplanung für Apotheken erheblich lockerte, sodass sich insbesondere in Supermärkten neue Apotheken bildeten.
Lauterbach zeigt ein bisschen Verständnis für die Apotheker
In Lauterbachs neuem Brief fällt ebenfalls auf, dass er erstmals Verständnis für die Sorgen der Apotheker zeigt. Schon am gestrigen Mittwoch sagte er bei einem Journalisten-Gespräch in Berlin, dass er die Apotheker nach dem EuGH-Urteil verstehe und dass auch er ein Apothekensterben vermeiden wolle. Allerdings verfolgt der SPD-Politiker eine andere Strategie als die Apotheker, um die Apotheken auf dem Land zu schützen.
In seinem Schreiben heißt es dazu: „Dennoch sind die Sorgen der Apotheker nach dem EuGH-Urteil teilweise nachvollziehbar. Allerdings ist eine Reform des Apothekenhonorars mit besserer Bezahlung der wichtigen Beratungsleistung und der Notdienste wie wir sie vorschlagen sinnvoller als ein unzeitgemäßes Rx-Versandhandelsverbot. Derzeit gibt es keine Möglichkeit für Apotheker, eine besonders aufwendige Aufklärung des Patienten zu seinen Arzneimitteln abzurechnen, obwohl dafür großer und wachsender Bedarf besteht.“
Um Landapotheken am Leben zu erhalten, schlägt Lauterbach zudem vor, mehr für die Hausärzte zu tun. Denn: Wo Ärzte sind, fühlten sich auch Apotheker wohl. „Im Übrigen ist die Apothekendichte im ländlichen Raum eng verknüpft mit der Anzahl der Hausarztpraxen. Mit anderen Worten: Wenn genügend Landärzte da sind, gibt es auch kein „Apothekensterben“. Entsprechende Lösungen für die ärztliche Versorgung im ländlichen Bereich haben wir bereits auf den Weg gebracht. Dennoch ist es möglich, dass Apotheken aus verschiedensten Gründen schließen. Würden wir den Versandhandel verbieten, wären speziell die Menschen in struktur- schwachen Gebieten doppelt bestraft.“
Erneut liefert der SPD-Gesundheitsexperte seinen Kollegen ein umfangreiches Zahlenwerk mit. Konzentrierte sich Lauterbach beim letzten Mal auf die Zahlen der Vor-Ort-Apotheken, rückt er diesmal den Marktanteil des Versandhandels in den Fokus. Auf mehreren Folien geht es beispielsweise um Umsatzanteile der Versandhändler im OTC- und Rx-Bereich, Umsätze der Versender sortiert nach Produktsegmenten, Verteilung der Nutzer von Internet-Apotheken je nach Bundesland oder der Altersstruktur der Nutzer von Online-Apotheken. Lauterbach beruft sich dabei auf den Bundesverband Deutscher Versandapotheken und das Bundesamt für Statistik.
9 Kommentare
Milliardenverlustete für den Staat durch MWST
von Ratatosk am 15.12.2016 um 19:04 Uhr
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AW: Milliardenverlustete für den Staat
von ratatosk am 14.06.2018 um 19:08 Uhr
Lauterbach
von Alexander Zeitler am 15.12.2016 um 18:12 Uhr
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Ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen ?
von Frank ebert am 15.12.2016 um 12:57 Uhr
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Lauterbach
von Michael Zeimke am 15.12.2016 um 11:20 Uhr
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belustigt
von Karl Friedrich Müller am 15.12.2016 um 11:00 Uhr
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AW: belustigt
von Robert Rabe am 15.12.2016 um 11:51 Uhr
AW: belustigt - hat schon recht
von ratatosk am 14.06.2018 um 18:59 Uhr
RX-Versandverbot
von Dr. Radman am 15.12.2016 um 10:40 Uhr
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