Pharmaskandal in Frankreich

Wie haben deutsche Ärzte Valproinsäure verschrieben?

Hamburg - 19.12.2016, 13:00 Uhr

Schon lange ist klar, dass es Fruchtschäden geben kann – dennoch erhielten viele Schwangere in Frankreich Valproinsäure. (Foto: Nelly Kovalchuk / Fotolia)

Schon lange ist klar, dass es Fruchtschäden geben kann – dennoch erhielten viele Schwangere in Frankreich Valproinsäure. (Foto: Nelly Kovalchuk / Fotolia)


Deutsche Behörden haben „keine Erkenntnisse“

Deutlich wird, dass viele Frauen geschädigt wurden, da diese einheitliche Regel so lange auf sich warten ließ. Der Report des IGAS kritisiert diesbezüglich nicht nur das Verhalten bei den Behörden und dem Vermarkter in Frankreich. Auch auf europäischer Ebene habe es „an Reaktionsbereitschaft gemangelt‟.

Dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) liegen keine Erkenntnisse dazu vor, in welchem Umfang Valproinsäure in der Vergangenheit von deutschen Ärzten verschrieben wurde, erklärt es gegenüber DAZ.online. Während es in Frankreich rückwirkende Untersuchungen zum Verschreibungsverhalten der Ärzte gab, die den Weg für einen zunächst mit 10 Millionen Euro ausgestatteten Entschädigungsfonds ebnete, plant das BMG offenbar nichts dergleichen. Man stehe „in engem Austausch mit den Behörden in Frankreich“, heißt es dort, und „beobachte aufmerksam die weitere Entwicklung“.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte BfArM verweist auf die Fachinformation. Daten über Therapieentscheidungen von Medizinern lägen der Behörde nicht vor. „Ob das Arzneimittel verordnet wird, obliegt der Entscheidung des behandelnden Arztes, der das Anwendungsrisiko im Einzelfall abwägen muss“, erklärt ein Sprecher. 

Ein plötzliches Absetzen von Valproinsäure kann für Mutter wie auch das Kind erhebliche negative Folgewirkungen haben, so dass in jedem Fall eine Umstellung medizinisch engmaschig begleitet werden muss. Für viele Epilepsiepatienten gibt es alternative Arzneimittel. Die Substanz wird auch zur Phasenprophylaxe bei manisch-depressiven Erkrankungen eingesetzt. Für die Psychiatrie hält der Berliner Embryonaltoxikologe Christof Schaefer den Arzneistoff jedoch ohnehin für entbehrlich. 



Irene Habich, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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