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„Nicht unerhebliche Liberalisierungsentwicklung”
Doch nun entschied das Verwaltungsgericht Minden: „Dem vermag sich die Kammer angesichts der zwischenzeitlich vorgenommenen Liberalisierung des Apothekenrechts durch den Gesetz- und Verordnungsgeber nicht anzuschließen. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 b) ApBetrO ist nicht (mehr) dahingehend auszulegen, dass Eingangstüren zu Apothekenbetriebsräumen ausnahmslos im Ruhezustand geschlossen sein müssten“. Dies bedeute allerdings nicht, dass keinerlei Abtrennung der Apothekenbetriebsräume mehr erforderlich wäre. Es müsse aber anhand der Umstände des Einzelfalles ermittelt werden, ob auch bei offenstehenden Türen noch eine Trennung von den angrenzenden öffentlichen Verkehrsflächen oder Ladenstraßen vorliegt.
Dabei nimmt das Gericht die gesamte Systematik des Apothekenrechts in den Blick. Hier sieht es eine „nicht unerhebliche Liberalisierungsentwicklung im Bereich des Arzneimittelvertriebs in den letzten Jahren“: weg von der ausschließlichen Abgabe von Arzneimitteln in den Apothekenbetriebsräumen und möglichst persönlicher Beratung durch den Apotheker, hin zu einer Vielzahl dem Kunden zur Verfügung stehender Bezugsmöglichkeiten – etwa über das Internet, Telefon oder durch Boten der Apotheke –, die weder ein Betreten der Apothekenbetriebsräume noch eine Beratung durch den Apotheker voraussetzen. Stichworte sind die Zulassung des Versandhandels, Kooperationen von Versandapotheken mit Drogeriemärkten oder Apotheken-Autoschalter.
Ein Frage des Einzelfalls
Für eine Auslegung der Regelung in § 4 ApBetrO, die den Apothekenleiter ausnahmslos dazu zwingen will, die Türen zur Offizin im Ruhezustand stets geschlossen zu halten, sei nach dieser Entwicklung kein Raum mehr. Dem Trennungsgebot komme nun nicht mehr die Bedeutung zu, die es noch hatte, als Arzneimittel ausschließlich in den Apothekenbetriebsräumen in den Verkehr gebracht werden durften. Das Verbot offener Türen würde nunmehr einen Eingriff in die Berufsfreiheit in Form einer Berufsausübungsregelung darstellen, der nicht durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wäre, so das Gericht.
Die Prüfung im Einzelfall geht letztlich auch zugunsten des Apothekers aus. So machen die Türen im konkreten Fall etwas weniger als die Hälfte der gesamten Ladenfront aus. Die Türöffnungen seien auch als solche gut erkennbar, da sie von undurchsichtigen Wandelementen eingefasst werden. Insbesondere das 1,88 m breite mittlere Wandelement verhindere, dass der Eindruck entsteht, die gesamte Apothekenfront stünde offen und ein nahtloser Übergang von der Ladenstraße zu den Apothekenräumen wäre möglich. Auch die leuchtend gelben Blendrahmen um die Türen herum und den Apotheken-Schriftzug über den Türen fanden die Richter überzeugend: Der Kunde merkt hier, wann er den Verkaufsraum der Apotheke betritt.
Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 23. November 2016, Az.: 7 K 2871/15
3 Kommentare
Antwortversuche
von Dr. Ralf Schabik am 24.12.2016 um 13:40 Uhr
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Bewahrer oder Verhinderer ?
von Dr. Ralf Schabik am 22.12.2016 um 12:08 Uhr
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AW: Liberalisierung oder ordnungspolitische Grundsätze
von Uwe Hüsgen am 24.12.2016 um 13:04 Uhr
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