Kunden- und Umsatzangaben

Wie verlässlich sind die Zahlen der Versandapotheken?

Berlin - 26.12.2016, 12:45 Uhr

Wie viel denn nun? Recherchen von DAZ.online zufolge sind die Angaben der Versandapotheken hinsichtlich ihrer Bestellungen und ihrer Kundenzahl nicht wirklich schlüssig. (Foto: wes)

Wie viel denn nun? Recherchen von DAZ.online zufolge sind die Angaben der Versandapotheken hinsichtlich ihrer Bestellungen und ihrer Kundenzahl nicht wirklich schlüssig. (Foto: wes)


Übertriebene Darstellung

Auch der Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA) verweist auf seiner Homepage auf die Umfragen des Bitkom. „31 Mio. Kunden (55% aller Internetnutzer) haben 2015 ihre Arzneimittel in Versandapotheken bestellt“, schreibt der BVDVA – was schon deshalb nicht ganz stimmt, da sich die Angabe der 55 Prozent auf einen Online-Kauf von Arzneimitteln in den vergangenen Jahren bezieht – und nicht nur auf das Jahr 2015.

Der BVDVA habe „die Angaben des Bitkom nicht überprüft“, erklärt Geschäftsführer Udo Sonnenberg gegenüber DAZ.online. Der Kontrast zwischen 31 Millionen Kunden und dem geringen Marktanteil erklärt er damit, dass Versandapotheken hauptsächlich OTC-Produkte versenden. „Das hat bekanntermaßen u.a. mit der Rezeptdokumentation zu tun“, erklärt der Geschäftsführer. „Daran gemessen halten wir die Zahl für realistisch und zutreffend.“

Auf Nachfrage schreibt Sonnenberg, dem Verband lägen keine Zahlen der 27 Mitgliedsapotheken sowie der 16 Fördermitglieder vor – zu diesen zählt übrigens auch die in den Niederlanden stationierte Europa Apotheek Venlo, nicht aber DocMorris. Die Mitglieder seien „nicht verpflichtet, diese Zahlen mitzuteilen“, schreibt er. „Allerdings sind wir in der Tat aktuell dabei, schrittweise die Informationen abzufragen“, erklärt Sonnenberg. „Daher bitte ich Sie um Verständnis, wenn wir Ihnen hier keine Zahlen durchgeben können.“

Aus den Niederlanden kommen Anhaltspunkte

Auf Nachfrage äußerte DocMorris sich nicht zu der Frage, für wie zuverlässig die Firma die Umfrageergebnisse des Verbands Bitkom erachtet, sondern verwies nur auf dessen Pressemitteilungen. „Über 4 Millionen Kunden haben bislang Arzneimittel und Apothekenprodukte bei DocMorris bestellt“, erklärte ein Sprecher – ohne zu erklären, wie viele hiervon aus Deutschland kamen.

Die Zahl von offensichtlich unter 5 Millionen DocMorris-Kunden kann stutzig machen – schließlich gibt das Unternehmen an, Europas größte Internetapotheke zu sein. Laut Schätzungen des Umsatzes der größten Versandapotheken in Deutschland hat DocMorris mit einem Nettoumsatz von 283,6 Millionen Euro knapp 30 Prozent des Umsatzes der größten 20 Versandapotheken ausgemacht, die in Deutschland tätig sind – mehr als die zweit- und drittplatzierten Apotheken Sanicare und medikamente-per-klick.de zusammen. Eine dem Umsatz entsprechende Hochrechnung der Kundenanzahl von DocMorris ergibt eine deutlich geringere Zahl von Kunden, die in Deutschland Arzneimittel online kaufen, als die publizierten 31 Millionen. Doch auch diese Zahlen sind nicht sehr zuverlässig.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


5 Kommentare

Warum fragt man nicht einfach die, die es wissen sollten .....

von Gunnar Müller, Detmold am 28.12.2016 um 15:34 Uhr

Per E-Mail v. 26.12.
"Belieferung durch Ausländische Versandapotheken
Offener Brief an: AOK NordWest, AOK-Bundesverband, GKV-Spitzenverband

Sehr geehrter Herr Ackermann,
sehr geehrter Herr Litsch,
sehr geehrte Frau Dr. Pfeiffer,

als Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse bitte ich Sie um Mitteilung folgender Angaben bezüglich der Mitglieder der von Ihnen vertretenen Krankenkasse/n:
Wie hoch ist der Anteil der Mitglieder, die bei ausländischen Versandapotheken Arzneimittel zu Lasten der Krankenkasse/n beziehen?
Wie viele Mitglieder sind es in absoluten Zahlen?
Wie viele Packungen an Rx- bzw. non-Rx-Arzneimittel beziehen diese Mitglieder über ausländische Versandapotheken?
Wie hoch ist dieser Anteil am jeweiligen Gesamtumfang?
Wie hoch ist der Nettoumsatz der Rx- sowie der non-Rx-Arzneimittel, die von diesen über ausländische Versandapotheken bezogen werden?
Wie hoch sind diese Anteile am jeweiligen gesamten Rx-/non-Rx-Netto-Umsatz?

Da diese Zahlen offensichtlich momentan auch von der Politik benötigt werden, erlaube ich mir, entsprechende Kreise nachrichtlich zu beteiligen.
Mit freundlichen Grüßen"

Reaktion/Antwort bislang: -
Zur ggf. weiteren Verwendung als Anschreiben an Ihre gesetzliche KK. Viel Spaß beim Schreiben.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

reines Wunschdenken

von Alfons Neumann am 23.12.2016 um 2:31 Uhr

DoMo u. Co. biegen sich die Zahlen so zurecht wie´s halt gerade passen tut - postfaktisch eben !
Und Spargel-Karl + Konsorten ignorieren es einfach (z.B. Unterschied Umsatz<->Gewinn??) - wohl für ihre Lobby ...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Trickser und Täuscher

von G. Wagner am 22.12.2016 um 21:27 Uhr

Es ist das alte und übliche Lied: Versender täuschen und tricksen - mal mit (zu) hohen, mal mit (zu) niedrigen Zahlen - je nach politischer Opportunität. Und die Multiplikatoren in Medien und Politik? Einer schreibt vom anderen ab - gut, dass die Zahlenspielereien und Pseudo-Statistiken der Freunde des Versandhandels und Fremdbesitzes enmal hinterfragt werden.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Viele Besteller und geringer Marktanteil?

von Andreas Grünebaum am 22.12.2016 um 19:21 Uhr

Also wenn ich wüsste, dass der halbe Ort in den letzten Jahren schon einmal bei mir in der Apotheke gekauft hat und ich dennoch nur einen Marktanteil von < 1% hätte, müsste ich mir Gedanken machen ;-)

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Es gibt keine AAA-Zahlen und schon gar nicht im Versandhandel

von Christian Timme am 22.12.2016 um 18:49 Uhr

Wenn jedes Top-Unternehmen, gegen Honorarzahlung, mit AAA-Zertifikat auftrumpft und 5 Min. später die Vollpleite hinlegt, ist das völlig normal. Da war doch 2008 irgendwas?. Jeder nach seiner Façon oder wie aktuell von DocMorris: Über 40% der Deutschen haben bereits Medikamente online bestellt. Nur leider nicht bei uns.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.