- DAZ.online
- News
- Wirtschaft
- Ein Fünftel der ...
Sinkende Erträge und die zermürbende Konkurrenz mit den selbstdispensierenden Ärzten machen den Schweizer Apothekern zunehmend zu schaffen. Ein Lichtblick sind die erweiterten Kompetenzen, mit denen sie in Zukunft im Gesundheitswesen punkten sollen. Diese und weitere „Baustellen“ beleuchtet eine neue Broschüre von pharmaSuisse.
Der Schweizer Apothekerverband pharmaSuisse hat mit der Broschüre „Fakten und Zahlen, Schweizer Apotheken 2016“ eine aktuelle Bestandsaufnahme der eidgenössischen Apothekenlandschaft vorgelegt. Große Sorgen machen sich die Schweizer Apotheker unter anderem um die Fortentwicklung des Selbstdispensierrechts (SD) der Ärzte. Der Umsatz im Arzneimittelmarkt gemessen am Fabrikabgabepreis (FAP) verteilte sich im Jahr 2015 nach Zahlen von Interpharma mit Datengrundlage IMS Health Schweiz zu 52,0 Prozent auf die Apotheken (rund 2,8 Milliarden Schweizer Franken) und zu 24,1 Prozent auf die SD-Ärzte.
Kantone mit und ohne SD-Recht
In Kantonen ohne SD-Recht ist das Verhältnis von Allgemeinmedizinern und Apotheken recht „ausgeglichen“: Im Wallis liegt die Relation von Apotheken zu Allgemeinmedizinern zum Beispiel bei 120 zu 213 und im Tessin bei 191 zu 262. Das ist deutlich weniger als eins zu zwei. In Kantonen mit SD-Recht der Ärzte, wie zum Beispiel in Zürich stehen jedoch 236 Apotheken 1113 Ärzte gegenüber, der Kanton Bern, der eine Mischform unterhält, kommt auf 169 zu 822. Das sind jeweils fast eins zu fünf. In solchen Kantonen fehle die Infrastruktur der Apotheken, wenn es um die Versorgungssicherheit geht, bemängelt pharmaSuisse, nicht zuletzt in Randzeiten sowie an Sonn-und Feiertagen. Diese Tatsache sei umso problematischer in Anbetracht des Hausärztemangels. Der Verband befürchtet deshalb schwerwiegende Folgen für die Grundversorgung, wenn die Ärzte ihre Forderung nach einer Ausweitung der Selbstdispensation durchsetzen.
Apotheken in der Schweiz: Ertrag seit Jahren rückläufig
Nach Angaben von pharmaSuisse ist der Ertrag der Apotheken pro abgegebene Packung aufgrund verschiedener Sparmaßnahmen seit Jahren rückläufig. Seit dem Jahr 2000 ist der Preisindex für Medikamente von 100 auf 52,8 gefallen. 2014 betrug die Bruttomarge im durchschnittlichen Mittelwert 35,7 Prozent des Betriebserlöses. 20,4 Prozent davon wenden die Apotheken für die Personalkosten auf, weitere 8,2 Prozent fallen für den sonstigen Betriebsaufwand an (unter anderem Infrastruktur-und Logistikkosten), so dass eine mittlere Schweizer Apotheke am Ende einen durchschnittlichen Gewinn vor Abschreibungen und Steuern (EBITDA) von 7,0 Prozent verzeichnet. Je nach Größe, Standort, Ausrichtung und Umfeld der Apotheke kann dieser allerdings sehr stark variieren. Mehr als ein Fünftel der Apotheken seien aufgrund ihres geringen Gewinns in einer wirtschaftlich schwierigen Lage, betont der Apothekerverband.
An teuren Medikamenten wird am wenigsten verdient
Gerade bei sehr günstigen und extrem hochpreisigen Medikamenten übersteigt der Kostenaufwand den Ertrag, rechnet pharmaSuisse vor. Der Vertriebsanteil besteht aus einem preisbezogenen Zuschlag und einem fixen Zuschlag je Packung. Der preisbezogene Zuschlag in Höhe von 12 Prozent sinkt ab einem Fabrikabgabepreis von 880 Franken auf 7 Prozent und entfällt bei Medikamenten ab 2570 Franken komplett. Die Marge, die sich die Großhändler und die Apotheker teilen, ist ab einem Fabrikabgabepreis von 2570 Franken bei 240 Franken festgesetzt. Die folgende Grafik veranschaulicht die Kostenaufteilung unterschiedlich teurer Medikamente.
Anpassung der Preisklassen dringend nötig
Bei der Abgabe sehr teurer Arzneimittel macht der Apotheker ein Verlustgeschäft, weil der Großhandel wegen höherer Lagerrisiken einen deutlich höheren Zuschlag verlangt. Gleichzeitig steigen die Zinsen durch die verzögerte Rückerstattung durch die Krankenkasse an die Apotheke. Auch an sehr preiswerten Medikamenten verdienen die Apotheker kaum etwas, berichtet pharmasuisse weiter, denn die Lager-und Logistikkosten fressen den Vertriebszuschlag auf. Das sich seit einigen Jahren viel mehr Medikamente in den untersten und obersten Preissegmenten befinden, klafft die Preisschere immer mehr auseinander. Der Apothekerverband verlangt deshalb dringend eine Anpassung der Preisklassen. Laut pharmaSuisse hat der Schweizer Bundesrat das Bundesamt für Gesundheit bereits damit beauftragt hat, bis Ende Februar 2016 eine unabhängige Preisklassenanalyse erstellen zu lassen.
Apothekendichte unter dem EU-Mittel
Die Zahl der öffentlichen Apotheken in der Schweiz ist in den vergangenen Jahren relativ stabil geblieben. Ende 2015 waren es 1774. Mit 22 Apotheken pro 100.000 Einwohner liegt das Alpenland unterhalb des europäischen Durchschnitts (zum Vergleich: EU-Durchschnitt: 31, Deutschland: 25, Niederlande: 12, Belgien: 44, Griechenland: 87). Die Zahl der Kettenapotheken ist von 2014 (502) bis 2015 (504) im Wesentlichen stabil geblieben. 1006 Abgabestellen waren 2015 in Gruppierungen von unabhängigen Apotheken eingebunden, wobei einige mehreren Gruppierungen angehören. Lediglich 264 Apotheken sind völlig unabhängig.
Apotheker erhalten mehr Kompetenzen
Zu den wichtigsten Neuerungen für die Schweizer Apotheker gehören die erweiterten Kompetenzen in der medizinischen Grundversorgung. So sollen die Apotheker in Zukunft bereits im Studium die Kompetenzen zum Impfen sowie zur Diagnose und Behandlung häufiger gesundheitlicher Störungen und Krankheiten erwerben. Mit diesem Wissen sollen sie gewisse rezeptpflichtige Medikamente nach einem persönlichen Kontakt mit dem Patienten auch ohne Verordnung abgeben dürfen. Diese Kompetenzerweiterung kommt allen zugute, schreibt der geschäftsführende Präsident von pharmaSuisse Fabian Vaucher in der neuen Broschüre, den Apotheken-Teams, den Ärzten, den Spitälern, den Heimen und vor allem den Patienten.
1 Kommentar
Von den Schweizern lernen, heißt .........
von Gunnar Müller, Detmold am 13.01.2017 um 19:31 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.