Vor der Bundestagswahl

So könnte das Rx-Versandverbot noch klappen

Stuttgart - 06.02.2017, 12:40 Uhr

Beim Rx-Versandverbot muss anderen EU-Mitgliedstaaten das Recht gewährt werden, Bedenken anzumelden. (Foto: Sket)

Beim Rx-Versandverbot muss anderen EU-Mitgliedstaaten das Recht gewährt werden, Bedenken anzumelden. (Foto: Sket)


So könnte der Ausweg aussehen

Doch es gibt einen Trick, der offenbar von Befürwortern des Rx-Versandverbots angestrebt wird – denn die EU-Richtlinie 2015/1535, die das Notifizierungsverfahren regelt, schreibt nur vor, dass das Gesetz nicht vor Ende der Stillhaltefrist „in Kraft“ treten darf. Da dies frühestens mit Unterschrift des Bundespräsidenten passiert, ist es möglich, dass das Bundeskabinett sowie der Bundestag und Bundesrat das Gesetzgebungsverfahren schon während des laufenden Notifizierungsverfahrens verabschieden.

Doch hierfür müssten die Parlamentarier bereit sein, sich auch ohne Kenntnis der Bedenken aus der EU hinter Gröhes Gesetzesentwurf zu stellen. Und falls sie wesentliche Änderungen am Gesetzesvorhaben hätten, müsste das Verfahren in Brüssel neu durchgeführt werden.

Vorbilder hierfür gibt es nicht viele. Vor der Bundestagswahl 2009 wartete der Bundestag bei einem Gesetz zu Internetsperren, mit dem die Verbreitung von Kinderpornografie erschwert werden sollte, schon einmal nicht auf das Ende des Verfahrens in Brüssel. Doch als Vorbild ist dieser Vorgang aus Sicht der ABDA sicher nicht optimal. Denn das „Zugangserschwerungsgesetz“ wurde de facto nicht angewendet und schon im Dezember 2011 wieder aufgehoben.

Auch müssen genügend Politiker Interesse an diesem „beschleunigten“ Verfahren haben, um das Rx-Versandverbot rechtzeitig vor der Wahl zu verabschieden. Am Ende bleibt es also eine politische Frage, ob es klappt – prinzipiell möglich ist es noch.

Das Notifizierungsverfahren

Um einen möglichst freien Waren- und Dienstleistungsverkehr in Europa zu gewährleisten, müssen Gesetze anderen Mitgliedstaaten und der EU-Kommission vorgelegt werden, wenn sie als Hemmnis angesehen werden können. Diese haben zwar im Regelfall keine weitergehenden Vetorechte, können aber Bedenken in Form einer „ausführlichen Stellungnahme“ anmelden, welche die Stillhaltefrist um weitere drei Monate verlängert. Der betroffene Mitgliedstaat muss anschließend erklären, wie er auf die Bedenken reagiert – kann aber nur auf einem langwierigen Rechtsweg dazu gezwungen werden, sie zu berücksichtigen

„Sie haben etwas Tolles herausgebracht“, fragt die EU-Kommission in einem Werbevideo für das Verfahren – „und möchten es in andere EU-Staaten verkaufen?“ In diesem Fall sollen sich Betroffene an die gewählten Vertreter oder die EU-Kommission wenden, heißt es in dem Film. „Handelshemmnisse dürfen Ihren Erfolg nicht aufhalten!“

EU-Video zum Notifizierungsverfahren



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Wir sollten mehr Schlangen essen ...

von Christian Timme am 06.02.2017 um 17:19 Uhr

bevor wir zu Mäusen werden.

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Wie die Maus vor der Schlange paralysiert auf Rx Verbot warten ist zu wenig

von Karl Friedrich Müller am 06.02.2017 um 14:29 Uhr

ich verstehe nicht, warum man sich so auf das Rx Versandverbot fokussiert. Vielleicht käme man mit anderen Maßnahmen schneller zum Ziel? (DAZ 4 !)
Es deprimierend. Unterstützt man Klagen gegen KK nicht seitens der ABDA, weil vielleicht andere den "Ruhm" für gelungene Aktionen einstreichen?
Die Zeit läuft. Wir haben jedenfalls schon erhebliche Rx Verluste. Wie lange soll das gehen?
Ist es billiger, gleich die Apotheke zu schließen? Und das Ersparte retten?
Wo sind die Behörden, die uns mit allem möglichen Mist drangsalieren? HIER könnte mal was sinnvolles passieren!
Aber nein. Grund? Faulheit? Gedankenlosigkeit?
Unvermögen, die Lage einzuschätzen?

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