Medikationsplan und Vernetzung

Gröhes Digitalisierungs-Pläne

Köln - 07.02.2017, 09:35 Uhr

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe sprach ausführlich zur Digitalisierung – und streifte das Thema Rx-Versandverbot dabei nicht. (Foto: Schelbert)

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe sprach ausführlich zur Digitalisierung – und streifte das Thema Rx-Versandverbot dabei nicht. (Foto: Schelbert)


Wenn der Bundesgesundheitsminister dieser Tage zum Thema „Digitalisierung“ redet, ist die Apothekerschaft elektrisiert. Doch zum Rx-Versandverbot äußerte sich Hermann Gröhe gestern in Köln mit keinem Wort – wohl aber zum Medikationsplan. Bei diesem seien Apotheker nicht „vom Schlitten gefallen“.

Apothekerkammer-Präsidentinnen und ein Präsident, Vertreter des Pharmazeutischen Großhandels und der Verblisterer, etliche Journalisten, Lokal- und Landespolitiker sowie zahlreiche Zuhörer waren am gestrigen Montag nach Köln gekommen, wo Bundesgesundheitsminister Herrmann Gröhe, ein Vertreter der Krankenhausgesellschaft NRW und ein Kölner Apotheker über die Digitalisierung im Gesundheitswesen diskutierten. Neuigkeiten zum Rx-Versandverbot gab es im gut besetzten Restaurant unter dem Dach des Maritim-Hotels zwar keine, dafür aber viele schöne Worte – und die Zusicherung, dass man in der nächsten Runde des Medikationsplans noch einmal über die Vergütung reden werde.

Der Bundesgesundheitsminister präsentierte sich eloquent, bestens informiert und humorvoll, als er über die Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung des Gesundheitswesens referierte. Dabei sei die Digitalisierung eigentlich nur das Instrument, um das Ziel der Vernetzung zu erreichen – denn im Gesundheitswesen zähle mehr als in anderen Bereichen die Mannschaftsleistung. So könne beispielsweise die Telemedizin dabei helfen, dass das spezialisierte Fachwissen einzelner Krankenhäuser in bestimmten Bereichen allen anderen Kliniken in Deutschland zur Verfügung stehe. Heute gebe es zu oft Spitzenleistung als Insellösung – die Digitalisierung könne dabei helfen, diese flächendeckend nutzbar zu machen.

Für den selbstbestimmten Patienten bedeute die Digitalisierung auch die Chance, selber zu bestimmen, wer welche seiner Daten zur Verfügung gestellt bekomme, und so seine Eigenverantwortung zu stärken, sagte Gröhe. Dabei müssten natürlich die höchsten Datenschutz-Standards gelten – ohne jedoch der „typisch deutschen Regulierungswut“ zu verfallen, mahnte Gröhe.

Weitreichende Digitalisierung – ohne Budget

Anschließend berichteten der Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft NRW (KGNW), Matthias Blum, und der Kölner Apotheker Erik Tenberken davon, wie weit die Digitalisierung in der Praxis bereits fortgeschritten ist. Blum forderte angesichts von rund einer Milliarde Dokumenten mit Patientendaten, die alleine die Krankenhäuser in NRW jedes Jahr anlegten, einen nationalen Investitionsplan, um die Kosten für die Digitalisierung in den Krankenhäusern stemmen zu können. Während Banken und Versicherungen – die ebenfalls mit hoch sensiblen Daten umgehen – laut Blum rund zehn bis fünfzehn Prozent ihres Umsatzes in Informationstechnologie investierten, seien es bei den deutschen Krankenhäusern lediglich ein bis zwei Prozent.

Tenberken, der in seinen Apotheken eigener Aussage nach „alles automatisiert hat, was sich automatisieren lässt“, betonte die Bedeutung des persönlichen Kontakts mit einem Apotheker. Bei der zunehmenden Bürokratisierung seiner Arbeit sei die Digitalisierung eine große Hilfe, überhaupt noch Zeit für die Beratung zu haben.

Und wie sehr eine Mehrheit der Bevölkerung die persönliche Zuwendung in der Apotheke schätzt, zeigten Umfragen immer wieder. Die persönliche Beratung lasse sich nicht digital ersetzen – aber die Apotheken könnten beispielsweise dafür sorgen, dass sie auch außerhalb der Öffnungszeiten erreichbar sind, per SMS, E-Mail, Messenger-Diensten oder in den sozialen Netzwerken.

Medikationsplan auf Papier sei „Erleichterung“ für Apotheker

Auch in der anschließenden Diskussion äußerte sich Gröhe nicht zum jüngsten EuGH-Urteil, den Boni der ausländischen Versandapotheken oder seinen Plänen, den Rx-Versand zu verbieten. Dafür kam das Thema des Medikationsplans auf. Dessen konkrete Umsetzung im E-Health-Gesetz kritisierten die anwesenden Kammer-Präsidentinnen und -Präsidenten Gabriele Regina Overwiening (Westfalen-Lippe), Magdalene Linz (Niedersachsen) und Lutz Engelen (Nordrhein). 

Gröhe verteidigte die Entscheidung, dass die Apotheker bei der Erstellung des Medikationsplans außen vor bleiben. Das Bild Engelens, hier seien die Apotheker „vom Schlitten gefallen“ wies Gröhe zurück, gab aber zu, dass man die aktuelle Regelung als „sehr arztzentriert“ empfinden könne. Den aktuellen, papiernen Medikationsplan bezeichnete er erneut als „Erleichterung“ für die Apotheker, etwa bei der Überprüfung von Wechselwirkungen. Und die Apotheker könnten nicht erwarten, für diese Erleichterung extra vergütet zu werden. Immerhin bestätigte Gröhe noch einmal, dass mit der Einführung des elektronischen Medikationsplans Mitte 2018 der Kreis der Ersteller erweitert werde. Dann werde man auch noch einmal über die Vergütung reden, versprach Gröhe.

Die gastgebende nordrhein-westfälische CDU-Landtagsabgeordnete Serap Güler schlug in ihrem Schlusswort vor, man solle die Digitalisierung des Gesundheitswesens vielleicht so beginnen, wie man Probleme in der Türkei angehe: schnell und beherzt. Und sie dann deutsch beenden: gründlich.



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1 Kommentar

RxVV als door opener ...

von Christian Timme am 07.02.2017 um 12:06 Uhr

Das sieht nach "Fliegenklatsche" aus. Mal sehen wieviel "Fliegen", sprich Apotheken-Problem-Themen, hier zusammen abgeräumt werden sollen. Arithmetisches Mittel als Problemlösung hat was, fragt sich nur für wen.

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