Immunsystem

Neuer Regulationsmechanismus entdeckt

Stuttgart - 13.02.2017, 07:05 Uhr

(Foto: fotoliaxrender / Fotolia)

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Bei einer Virusinfektion wird das angeborene Immunsystem schnell aktiviert, nach einigen Stunden jedoch langsam wieder gebremst. Mit diesem neu entdeckten Rückkopplungsmechanismus wird eine überschießende Immunreaktion mit Zellschäden verhindert. 

Wenn Viren, zum Beispiel Influenza- oder Hepatitis-C-Viren, eine Zelle infizieren, reagiert das angeborene Immunsystem des Menschen sofort: Es schüttet Botenstoffe aus, die umliegende Zellen warnen, eine Entzündungsreaktion auslösen und das erworbene Immunsystem aktivieren. Das sollte allerdings nicht dauerhaft passieren, denn eine überschießende Ausschüttung von Botenstoffen der angeborenen Immunabwehr kann zellschädigende Entzündungen und langfristig Autoimmunerkrankungen auslösen.

Wissenschaftler einer Arbeitsgruppe am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg, die sich mit viralen Infektionen befassen, haben jetzt einen Mechanismus entdeckt, der die Abwehrkaskade des Körpers wieder bremst und damit solchen Schäden vorbeugt. Ihre Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Molecular Cell" veröffentlicht.

RIG-I und sein Gegenspieler DAPK1

Wie funktioniert der bislang nicht bekannte Mechanismus? Ein Sensor, der für Infektionen mit RNA-Viren (unter anderem Hepatitis-C- und Influenza-Viren), eine zentrale Rolle spielt, ist der intrazelluläre Rezeptor RIG-I (retinoic acid inducible gene I). Er erkennt das Erbgut der Viren an seiner speziellen Struktur, bindet daran und löst dann Abwehrreaktionen aus.

Eine Weile nach der Infektion aktiviert RIG-I auch seinen eigenen Gegenspieler DAPK1 (death associated protein kinase 1), ein schon länger bekanntes „destruktives“ Enzym. In den Experimenten stellten die Forscher fest, dass die Kinase DAPK1 eine Phosphatgruppe auf RIG-I überträgt. Die Phosphorylierung inaktiviert das RIG-I, und die Viren konnten sich weiter vermehren. Die  Wissenschaftler kamen dem neuen Regelkreis auf die Spur, indem sie in menschlichen Zellkulturen nacheinander alle bekannten 719 menschlichen Kinase-Gene gentechnisch ausschalteten.  

Infektion: Rückkopplung mit Zeitschaltuhr

Sie fanden außerdem heraus, dass dieser Rückkopplungsmechanismus über eine Art Zeitschaltuhr verfügt.  Er gewährleistet, dass RIG-I die Verteidigung gegen die Viren zunächst ungebremst vorantreiben kann. Sein Gegenspieler wird erst rund acht Stunden nach der Infektion menschlicher Zellen aktiviert. Dies konnten die Forscher am Beispiel von Influenzaviren zeigen. „Sobald DAPK1 voll aktiv ist, sehen wir, wie das antivirale Abwehrprogramm im Gegenzug langsam wieder heruntergefahren wird“, erläutert Binder. „Im weiteren Verlauf unserer Forschung konnten wir belegen, dass dies nicht nur eine zufällige zeitliche Korrelation ist, sondern ursächlich zusammenhängt." 

DAPK1 könnte Tumorwachstum fördern

Die neuen Erkenntnisse könnten nach Interpretation der Heidelberger Wissenschaftler einen Hinweis darauf geben, warum eine chronische Infektion mit Hepatitis-C-Viren bei einigen Patienten zu Leberkrebs führt. Hepatitis-C-Viren können die körpereigene Abwehr überlisten und sich dauerhaft in Leberzellen einnisten. Der Sensor RIG-I bleibt dabei fortwährend aktiv und könnte deshalb auch seinen Gegenspieler DAPK1 permanent aktivieren. „Wenn bei einer chronischen Hepatitis-C-Infektion die ständige, latente Aktivierung von DAPK1 mit bestimmten genetischen Defekten zusammentrifft, ist das, als ob man Öl ins Feuer gießt", erklärt Binder. Nach aktuellen Erkenntnissen soll eine Aktivierung von DAPK1 das Tumorwachstum bei bestimmten sehr aggressiven Tumoren massiv fördern.

 Quelle:

Willemsen J et al.. Phosphorylation-Dependent Feedback Inhibition of RIG-I by DAPK1 Identified by Kinome-wide siRNA Screening. Mol Cell. 2017 Feb 2;65(3):403-415.e8. doi: 10.1016/j.molcel.2016.12.021.



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