Warnung

Gefährliches Schlankheitsmittel „Slimix“

Berlin - 15.02.2017, 17:00 Uhr

Slimix enthält den Appetizügler Sibutramin. In Apotheken ist Sibutramin wegen schwerer Nebenwirkungen schon seit Jahren nicht mehr zu haben. (Foto: LUA)

Slimix enthält den Appetizügler Sibutramin. In Apotheken ist Sibutramin wegen schwerer Nebenwirkungen schon seit Jahren nicht mehr zu haben. (Foto: LUA)


Eine „gesunde Formel zur Gewichtsreduzierung“? Von wegen! Statt eines Extrakts aus grünen Kaffeebohnen, wie auf der Packung angegeben, enthält das Schlankheitsmittel „Slimix – Green coffee bean extract“ Sibutramin und Phenolphthalein. Das Landesuntersuchungsamt Rheinland-Pfalz hat nun vor dem im Internet vertriebenen Mittel gewarnt. 

Stark erhöhter Blutdruck und akute Herzerkrankungen: Und das sind nur einige der Nebenwirkungen von Sibutramin. Bei gleichzeitiger Einnahme von Psychopharmaka drohen gefährliche Wechselwirkungen. Auch Todesfälle sind bekannt. Die Zulassung Sibutramin-haltiger Arzneimittel ruht deswegen seit Jahren. Sie wurde erst 2015 bis 2017 verlängert. Allerdings taucht der Appetitzügler immer wieder verbotenerweise in Schlankheitsmitteln auf, wo er natürlich nicht deklariert wird.

Aktuell warnt das Landesuntersuchungsamt (LUA) Rheinland-Pfalz vor einem solchen Mittel, nämlich „Slimix – Green coffee bean extract“. Auf der Packung des Mittels, das im Internet vertrieben wird, heißt es in englischer Sprache: Die Basis des Produkts sei der „Extrakt grüner Kaffeebohnen“, es handele sich um eine „gesunde Formel zur Gewichtsreduzierung“. Für das LUA ist das pure Verbrauchertäuschung. 

Kein harmloses Naturprodukt

Denn Slimix ist kein harmloses Naturprodukt. Neben dem Appetitzügler Sibutramin enthält es zudem Phenolphtalein. Letzteres hat diuretische Wirkung und soll so schnellen Gewichtsverlust vorgaukeln. In Arzneimitteln wird es schon lange nicht mehr eingesetzt, weil der Verdacht besteht, es könne krebserregend sein. Zu den verbotenen Inhaltsstoffen kommen noch heftige Qualitätsmängel. In den vom Zoll beschlagnahmten und vom LUA analysierten Kapseln waren die beiden Stoffe in sehr unterschiedlichen Mengen enthalten. Das lässt auf äußerst fragwürdige Herstellungsbedingungen schließen, erklärt das LUA. 

Sibutramin

Sibutramin gehört zur Gruppe der selektiven Serotonin- und Noradrenalin- Reuptake Inhibitoren (SSNRI). Die Substanz wirkt appetithemmend und verstärkt das Sättigungsgefühl. Es wird diskutiert, ob neben der Wiederaufnahmehemmung der Neurotransmitter die Erhöhung der Thermogenese auch an der Wirkung beteiligt ist. Die These ist aber umstritten. Sibutramin wurde ursprünglich als Antidepressivum entwickelt, in dieser Indikation aber nicht untersucht oder zugelassen. 

Aufgrund der erheblichen Nebenwirkungen ruht die Zulassung der Sibutramin-haltigen Arzneimittel seit 2010.

Handelsname: Reductil

Viel Gepanschtes im Umlauf

Das Verbrauchermagazin „Gute Pillen, schlechte Pillen“ (GPSP) hat in seiner Rubrik „Gepanschtes“  eine ganze Reihe dubioser Mittel zusammengetragen, die in Nahrungsergänzungsmitteln nicht erlaubte Inhaltsstoffe enthalten: zum Abnehmen, aber auch Potenzmittel und anderes. Nachgewiesen wurden neben Sibutramin und Phenolphthalein unter anderem das Antidepressivum Fluoxetin und das Glucocorticoid Dexamethason.

In der Aufzählung findet sich auch ein Präparat mit einem sehr ähnlichen Namen wie „Slimix“ – nämlich „Slimex“. Doch nicht nur der Name ähnelt dem Präparat, vor dem aktuell gewarnt wird. Auch Slimex enthält nicht deklariertes Sibutramin und auch Phenolphthalein. Das Präparat sei in unterschiedlichen Varianten von mehreren Anbietern im Handel warnt GPSP. Ein Anbieter preise sein Slimex sogar als Nahrungsergänzungsmittel an, das explizit kein Sibutramin enthalten soll, sondern lediglich den Extrakt einer indischen Frucht und eine Chromverbindung, schreibt GPSP. Das Vorgängermittel war nämlich wegen des enthaltenen Sibutramins aus dem Verkehr gezogen worden. Dieses neue Slimex wird vom Anbieter aus den Niederlanden als eine „sichere Alternative“ zur „alten Formel von Slimex“ bewiesen. Einen seriösen Eindruck macht auch diese Internetseite nach Ansicht von GPSP nicht. 

Die Dreistigkeit der Anbieter kennt keine Grenzen

Es gibt aber auch Fälle, wo der Sibutramingehalt ausgewiesen wird und Slimex als wirksames Arzneimittel zur Gewichtsreduktion beworben wird. Allerdings ohne Zulassung. Das zeige, schreibt GPSP, die grenzenlose Dreistigkeit der Anbieter. Indem sie den unzulässigen Wirkstoff sogar offen deklarierten, tanzten sie den Überwachungsbehörden auf der Nase herum. Die Verbraucherschützer warnen dringend vor Kauf und Einnahme der zweifelhaften und potenziell gefährlichen Slimex-Produkte, egal von welchem Anbieter.

Und auch LUA rät davon ab, Schlankheitsmittel im Internet zu kaufen. „Slimix“ sei nur eines von vielen gefährlichen Produkten, erklärt das LUA. Eine Übersicht aller Mittel, in denen das LUA in den vergangenen Jahren gefährliche Wirkstoffe nachgewiesen hat, gibt es hier.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


Diesen Artikel teilen:


1 Kommentar

Phenolphthalein

von Franz Kass am 20.02.2017 um 12:25 Uhr

Phenolphthalein war in früheren Zeiten ein beliebtes und bewährtes Abführmittel, bevor die krebserzeugende Wirkung (u. a. an den Nieren) im Tierversuch festgestellt wurde. Der Stoff zeigt auch östrogene Effekte.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.