Brandenburgs Ministerpräsident Woidke (SPD)

„Versandhändler können die Apotheke nicht ersetzen”

Potsdam - 27.02.2017, 13:00 Uhr

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke stellt sich hinter die Apotheker. Das bekräftige er bei den Feierlichkeiten zum 25-jährigen Bestehen der Landesapothekerkammer Brandenburg. (Foto: Tagesspiegel)

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke stellt sich hinter die Apotheker. Das bekräftige er bei den Feierlichkeiten zum 25-jährigen Bestehen der Landesapothekerkammer Brandenburg. (Foto: Tagesspiegel)


Es bleibt dabei: Was den Arzneimittel-Versandhandel betrifft, ist die SPD eine gespaltene Partei. Während die Bundestagsfraktion der Sozialdemokraten für den Versandhandel kämpft, stehen die Ländervertreter auf der Seite der Apotheker. Am heutigen Montag erklärte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke, dass er sich im derzeitigen Konflikt für die Position der Apotheker stark mache. 

In Potsdam traf sich am heutigen Montag die landespolitische Elite, um das 25-jährige Bestehen der Landesapothekerkammer Brandenburg zu feiern. Ministerpräsident Dietmar Woidke, SPD, sprach ein kurzes Grußwort, stellte aber ziemlich schnell klar, dass er die Apotheker in der derzeitigen Situation unterstützt. „Wir sind fest davon überzeugt, dass die seit 25 Jahren bestehende flächendeckende Versorgung durch Apotheken nicht ersetzt werden kann, auch nicht durch die sogenannten Internetapotheken. Der Versandhandel kann zwar eine Ergänzung sein, aber niemals ein Ersatz." In einer Zeit, in der die abgegebenen Medikamente und damit der Beratungsbedarf stetig ansteige, könne man auf die Pharmazeuten nicht verzichten.  

Landesregierung unterstützt Rx-Versandverbot

Dass Brandenburg sich für das vom Bundesgesundheitsministerium geplante Rx-Versandverbot stark macht, sagte Woidke nicht ausdrücklich. Das erledigte anschließend aber Diana Golze (Linke), Sozialministerin des Landes. „Die Landesregierung steht in dieser Frage auf Ihrer Seite. Wir haben beispielsweise die Bundesratsinitiative zum Rx-Versandverbot ausdrücklich unterstützt." Golze sagte weiterhin: „Wir reden hier über die Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Dieses Privileg gehört in die Hände der Apotheker." Noch einmal wird damit deutlich, dass die SPD als Partei weiterhin keinen einheitlichen Kurs in der Frage hat, wie man auf das EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung reagieren will. Die Gesundheitsexperten der SPD-Bundestagsfraktion hatten kürzlich erst vorgeschlagen, den Rx-Versand beizubehalten und Bagatellboni für alle Apotheken zuzulassen. In den Bundesländern widersprechen die Sozialdemokraten dieser Ansicht: Die niedersächsische Gesundheitsministerin Cornelia Rundt hatte sich beispielsweise schon vor einigen Monaten für das Verbot ausgesprochen. Gegenüber DAZ.online hatte auch Michael Scheffler, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag, gesagt, dass die NRW-SPD geschlossen hinter den Apothekern stehe. Dem Bundesratsantrag aus Bayern zum Rx-Versandverbot hatten zudem weitere SPD-geführte Länder zugestimmt.

Kammerpräsident Dobbert kritisiert die Medien

Vor Woidke und Golze hatte Brandenburgs Kammerpräsident Jens Dobbert die Rolle der Medien in der derzeitigen Diskussion um den Arzneimittel-Versandhandel schwer kritisiert. „In den Medien müssen wir uns zurzeit immer häufiger anhören, dass wir das, worauf wir spezialisiert sind, gar nicht können. Den Notdienst sollen wir zwar weiterhin machen, die Arzneimittelabgabe könnten aber auch ausländische Versandapotheken übernehmen. Dabei sind die Kräfte, die meinen das besser zu können, gar keine Apotheker", erklärte Dobbert. Wie das EuGH-Urteil und seine Folgen in den Medien diskutiert wird, scheint die Kammer zu beschäftigen. Nach den politischen Reden folgte ein Gastvortrag zum Thema „FakeNews".

 „Ein Rezept mit der Post zu schicken, ist nicht digital"

Der Kammerpräsident beschwerte sich auch über das Argument der Versandhändler und einiger Medien, dass die Apotheker die Digitalisierung verschlafen und verhindern würden. Dobbert erklärte: „Was ist daran digital, wenn ich mit der Post ein Rezept wegschicke und drei Tage später ein Paket mit einem Medikament erhalte? Das konnten Neckermann und Quelle schon vor 50 Jahren, bloß mit Küchengeräten. Wir Apotheker fahren seit Jahren auf dem Zug der Digitalisierung. Andere Berufe beneiden uns um unseren Digitalisierungsgrad." Als Beispiel dafür nannte Dobbert die Beteiligung der Apotheker am Arzneimittelsicherheits-Vorhaben Securpharm.

Dobberts Wunsch: ein Pharmazie-Studiengang für Brandenburg

Neben dem Versandhandel war bei der Jubiläumsveranstaltung insbesondere der Apotheker-Nachwuchs ein wichtiges Thema. Dobbert wünschte sich, dass im Land Brandenburg ein Studiengang Pharmazie etabliert werde. Mit diesem Wunsch sei man bei der Politik aber noch nicht durchgedrungen. Aus Sicht der Kammer könnte ein eigener Studiengang im Land dazu führen, dass sich mehr Pharmazeuten in Brandenburg niederlassen oder Arbeit suchen. Woidke reagierte mit Verständnis: „Lieber Jens, wir müssen uns bei mir zu einem Gespräch zusammensetzen. Der Apothekerberuf muss attraktiv sein und bleiben."

ABDA-Präsident stellt sich hinter Dobbert

Vor einigen Monaten hatten Dobbert und ABDA-Präsident Friedemann Schmidt noch einen heftigen Konflikt ausgetragen, der sich um die Ausrichtung und den Mehrwert der ABDA für die Apotheker drehte. Am heutigen Montag stellte sich Schmidt klar hinter die Forderungen seines Kollegen. Schmidt wies beispielsweise auf die Parallelen seiner sächsischen Apothekerkammer mit der Brandenburger Kammer nach der Wende hin. Außerdem bedankte sich der ABDA-Präsident bei Ministerpräsident Woidke und Ministerin Golze für deren Unterstützung beim Kampf um das Rx-Versandverbot: „Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie auf diese Themen eingegangen sind. Wir brauchen Sie. Wir brauchen die Politik, weil wir als Selbstverwaltung auf den Ausgang dieser Debatte keinen Einfluss haben."

Die Landesapothekerkammer Brandenburg gründete sich nach der Wende am 27.  Februar 1992. An diesem Tag kam die Delegiertenversammlung der Kammer erstmals zusammen, die zuvor von 574 Wahlberechtigten Apothekern zusammengestellt worden war. In 25 Jahren hat sich die Zahl der Kammermitglieder in Brandenburg mehr als verdreifacht. Heute zählt die Kammer rund 1760 Mitglieder.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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