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Die AOK Baden-Württemberg sieht im Apothekenmarkt keine Probleme mit der Lieferfähigkeit von Arzneimitteln. Während Patienten im ambulanten Bereich eigentlich immer an ihre Arzneimittel kämen, gebe es in der Klinikversorgung hingegen große Schwierigkeiten. Trotzdem fordert die Kasse mehr Transparenz in der gesamten Lieferkette. So sollen alle Marktbeteiligten ihre Lagerbestände künftig den Behörden melden.
Das Problem der Nicht-Lieferfähigkeit von Arzneimitteln beschäftigt den gesamten Arzneimittelmarkt. Wie Engpässe zukünftig vermieden werden können und warum die Lieferprobleme entstehen, kann aber nicht geklärt werden, weil sich alle beteiligten Akteure die Schuld immer wieder gegenseitig in die Schuhe schieben. Die Hersteller meinen, dass Apotheker und Großhändler immer häufiger Arzneimittel gewinnbringend exportieren. Die Großhändler hingegen vermuten, dass die Hersteller Arzneimittel mit Absicht zurückhalten, um sie direkt an die Apotheken auszuliefern und die Großhandelsmarge zu kassieren. Und die Apotheker machen auch die Rabattverträge der Krankenkassen verantwortlich.
Um Licht ins Dunkel zu bringen, hat die AOK Baden-Württemberg beim Meinungsforschungsinstitut Forsa eine Umfrage in Auftrag gegeben, an der sich Im Februar etwa 2000 Menschen beteiligten, die regelmäßig Rx-Arzneimittel benötigen. Ziel der Studie war es, die Versorgung über Vor-Ort-Apotheken zu untersuchen. Das Resultat der Studie ist laut AOK: Die Arzneimittelversorgung über Apotheken sei „absolut gesichert“. 99 Prozent der Befragten erhielten ihr Medikament entweder an dem Tag, als sie das Rezept in der Apotheke einreichten oder einen Tag später.
AOK: Im ambulanten Sektor gibt es keine Probleme
In acht von zehn Fällen musste der Apotheker das gewünschte Präparat oder das Rabattarzneimittel bestellen. Etwa vier von zehn Befragten wurde laut AOK ein Austauschpräparat angeboten, weil das gewünschte Medikament nicht verfügbar war. An dieser Stelle kritisiert die AOK die Apotheker: Denn in 22 Prozent dieser Austausch-Fälle habe der Apotheker keine Extra-Beratung und Erklärungen zum Austausch angeboten. 11 Prozent der Befragten gaben sogar an, dass der Arzt ein neues Rezept ausstellen musste, weil das erste Rezept aufgrund eines Engpasses nicht erfüllt werden konnte. Von diesen 11 Prozent gaben wiederum 28 Prozent der Betroffenen an, dass sie vom Apotheker nicht darüber informiert wurden, warum weder das aufgeschriebene noch ein Ersatzmedikament verfügbar ist. Die Interpretation der AOK dieser Werte liest sich so: Die Versorgung durch Offizin-Apotheken zeige nur ein „punktuelles Lieferversagen“ auf, wobei die Gründe nicht verifizierbar seien.
Das eigentliche Problem liegt laut AOK daher im Klinikbereich. Rudolf Bernard, Chef des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA), präsentierte auf der Pressekonferenz Zahlen, denen zufolge derzeit Arzneimittel mit 280 verschiedenen Wirkstoffen in Kliniken fehlen. 30 davon würden von der jeweiligen Klinikapotheke als versorgungskritisch eingestuft, in nur acht Fällen hätten die Hersteller dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) den Engpass gemeldet.
AOK-Chef Hermann kritisierte, dass es nicht ausreiche, wenn
Pharmaunternehmen nur auf freiwilliger Basis Engpässe an das BfArM melden können.
Insgesamt müsse mehr Transparenz in die Lieferkette. Er habe das Gefühl, dass
sich alle Marktbeteiligten in einem „Tal der Ahnungslosen“ befänden. Mit dem
Arzneimittelversorgungs-Stärkungsgesetz (AMVSG) will der Gesetzgeber am
morgigen Donnerstag beschließen, dass das BfArM und die zuständigen Behörden
mehr Rechte erhalten, Informationen zur Vermeidung von Lieferengpässen bei den
Pharmaunternehmen einzufordern. Außerdem werden Pharmaunternehmen verpflichtet, den Kliniken Engpässe mitzuteilen. Hermann reicht diese Regelung aber nicht. Alle
Akteure der Lieferkette – also auch Apotheker – sollten dazu verpflichtet
werden, dem BfArM regelmäßig ihre Lagerbestände mitzuteilen, so die Forderung. Außerdem müsse über Sanktionen für Pharmahersteller nachgedacht werden, sagte der AOK-Chef.
SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach erklärte, er wolle „darüber nachdenken“ eine solche Meldepflicht für alle Produkte und Marktbeteiligten ins Spiel zu bringen. Im AMVSG habe er dazu aber keine Notwendigkeit gesehen. Außerdem werde die Große Koalition etwas für die Transparenz in der Lieferkette tun, weil die von der Pharmaindustrie verlangte Preisvertraulichkeit für neue Arzneimittel in letzter Minute verhindert werden konnte, erklärte der SPD-Politiker.
Lauterbach nutzte die Gelegenheit allerdings, an die Pharmaunternehmen zu appellieren. Während er im Bereich des Apothekenhonorars für mehr Freiheiten und mehr Wettbewerb ist, wünscht sich Lauterbach bei den eigentlichen Arzneimittelpreisen anscheinend mehr Regulierung. Bei der Pressekonferenz sagte der SPD-Politiker: „Arzneimittel sind keine einfache Ware. Sie werden nicht wie Edelmetalle an irgendwelchen Börsen gehandelt. Jeder, der ein Arzneimittel herstellt, sollte sich über das besondere Privileg und die Verantwortung im Klaren sein. Überhöhte Arzneimittelpreise sind unethisch.“
7 Kommentare
Verursacher sind die KK
von Karl Friedrich Müller am 09.03.2017 um 10:04 Uhr
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AOK Thesen
von Dr.Diefenbach am 08.03.2017 um 22:07 Uhr
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Die Zahlen sind schon schlimm genug - aber deren Interpretation ist ein Hohn
von Hummelmann am 08.03.2017 um 19:26 Uhr
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AW: Treffende Beschreibung
von Dr. Kloebner am 09.03.2017 um 15:39 Uhr
Aha
von Stefan Haydn am 08.03.2017 um 19:25 Uhr
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Die Zahlen sind schon schlimm genug - aber deren Interpretation ist ein Hohn
von Hummelmann am 08.03.2017 um 19:19 Uhr
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Müssen wir "nett" bleiben?
von Karl Friedrich Müller am 08.03.2017 um 16:58 Uhr
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