Zyto-Verträge der Barmer, TK und KKH

10 Millionen Euro Ersparnis in zwei Monaten

Berlin - 10.03.2017, 07:30 Uhr

Zyto-Verträge mit Apotheken haben ein Ende – manche fangen aber auch erst an, wenn sie eigentlich schon nicht mehr erlaubt sind. (Foto: benicoma / Fotolia)

Zyto-Verträge mit Apotheken haben ein Ende – manche fangen aber auch erst an, wenn sie eigentlich schon nicht mehr erlaubt sind. (Foto: benicoma / Fotolia)


Das AMVSG ist beschlossen – und damit das baldige Ende der Zyto-Verträge besiegelt. Inkrafttreten könnte das Gesetz bereits im April. Dennoch wollen Barmer, TK und KKH zum 1. Mai die Zyto-Verträge starten lassen, die sie derzeit mit Apotheken vereinbaren. Selbst in nur zwei Monaten Laufzeit könnten diese 10 Millionen Euro sparen, erklärt die Barmer.

Am gestrigen Donnerstag hat der Deutsche Bundestag das Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) verabschiedet. Am 15. März wird sich der Gesundheitsausschuss des Bundesrats noch einmal mit dem Gesetz befassen – voraussichtlich am 31. März wird das Plenum der Länderkammer es passieren lassen. Zustimmungspflichtig ist das Gesetz nicht. Dann fehlt noch die Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten und die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt – und das jüngste „Pharma-Gesetz“ kann in Kraft treten.

Eine seiner Regelungen: Die Rechtsgrundlage für die Ausschreibung in § 129 Abs. 5 SGB V wird entfallen. Das heißt: Krankenkassen können dann mit Apotheken keine Verträge mehr schließen, die die Versorgung ambulanter Patienten mit parenteralen Zubereitungen aus onkologischen Fertigarzneimitteln zum Gegenstand haben. Gespart werden soll dennoch. Und zwar durch Rabattverträge zwischen Krankenkassen und pharmazeutischen Herstellern und eine neu zu verhandelnde Hilfstaxe.

Drei Monate Übergangsfrist für Alt-Verträge

Bestehende Verträge zwischen Apotheken und Kassen werden  mit Ablauf des dritten vollen Monats nach Inkrafttreten des AMVSG unwirksam. Anders als im ersten Entwurf vorgesehen, erfolgt keine gesetzliche Klarstellung, dass die Alt-Verträge ihre Exklusivität verlieren. In dieser früheren Variante sollten die Verträge aber noch regulär beendet werden können. Nun bleibt ihnen zwar nur noch eine kurze Übergangsfrist – doch dafür bleiben sie exklusiv.  

Selbst kürzeste Laufzeiten sind für die Krankenkassen offensichtlich noch attraktiv und den Aufwand einer Ausschreibung wert. Erst diesen März startete die AOK Plus ein Open-House-Verfahren. Und bereits Ende September hatten Barmer, TK und KKH gemeinsam Exklusivverträge ausgeschrieben. Diese Verträge sollten ursprünglich im Februar in Kraft treten, doch es kam zu einer Verzögerung. Es wurde schon spekuliert, ob die Ausschreibung angesichts des deutlichen gesetzgeberischen Willens im Sande verläuft.

Schon zwei Monate lohnen laut Barmer

Doch das ist keinesfalls der Fall. „Ich kann Ihnen bestätigen, dass Barmer, TK und KKH die ambulante Versorgung von Krebspatienten mit parenteralen Zubereitungen am 1. Mai umstellen werden“, erklärt ein Sprecher der in der Ausschreibung federführenden Barmer auf DAZ.online-Nachfrage. Derzeit würden die Ergebnisse umgesetzt – sprich die Zuschläge stehen kurz bevor. Das kommende AMVSG schreckt die Kassen nicht – selbst wenn es schon am 1. April in Kraft treten sollte. An den Ausschreibungen festzuhalten sei der richtige Weg, betont der Barmer-Sprecher. „Wir sind überzeugt, dass sie eine hohe Qualität und Transparenz in der Zytostatika-Versorgung schaffen.“ Zugleich seien sie auch noch wirtschaftlicher: „Allein in zwei Monaten können zehn Millionen Euro über drei Kassen hinweg an Ausgaben eingespart werden, wohlgemerkt bei einer besseren Qualität“, sagt der Sprecher.

In den Ausschreibungsbedingungen ist übrigens vorgesehen, dass die Ausschreibung im Falle einer entsprechenden Gesetzesänderung gegenstandslos wird. Die Kassen verstehen das allerdings nicht so, dass sofort Schluss ist. Die gesetzlich vorgesehene Übergangsfrist meinen sie dennoch nutzen zu können.

Welche Interessen hat der Patient?

Letztlich bedauern die Krankenkassen die Entscheidung der Politik sehr. „Hier werden die Lobbyargumente höher gewichtet als die Interessen der betroffenen Krebspatienten“, erklärt der Barmer-Sprecher.

Ganz anders sieht das erwartungsgemäß der Verband der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker (VZA). „Wir sind sehr froh, dass wir den Ausschreibungswirrwarr und das sich immer weiter ausbreitende Versorgungschaos der vergangenen Monate im Laufe des Jahres 2017 hinter uns lassen können“, erklärte VZA-Präsident Klaus Peterseim. Er ist überzeugt: Durch das Ausschreibungsverbot auf Apothekenebene ist die qualitätsgesicherte, ortsnahe und flächendeckende Versorgung mit individuell hergestellten Zytostatika langfristig gesichert. Und das nicht zuletzt zum Vorteil des Patienten. Peterseim: „Mit der freien Apothekenwahl ist ein wichtiges Recht der Patienten wiederhergestellt.“ 


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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