Kardiales Risiko von Analgetika

Herzstillstand nach NSAR-Einnahme

Berlin - 17.03.2017, 17:30 Uhr

Herzstillstand: Ibuprofen und Diclofenac erhöhen einer Studie zufolge Risiko. (Foto: Microgen / Fotolia)

Herzstillstand: Ibuprofen und Diclofenac erhöhen einer Studie zufolge Risiko. (Foto: Microgen / Fotolia)


Mögliche Risiken bei der Einnahme von rezeptfreien Schmerzmitteln werden regelmäßig diskutiert. Eine dänische Beobachtungsstudie fand kürzlich, dass Ibuprofen und Diclofenac das Risiko für einen Herzstillstand erhöhen könnten.

Dass NSAR bei Einnahme über einen längeren Zeitraum das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Herzinsuffizienz erhöhen können, ist bekannt. Als Konsequenz aus verschiedenen Studienergebnissen ist beispielsweise Diclofenac bei Patienten mit bekannter Herzinsuffizienz (NYHA II–IV), ischämischer Herzkrankheit, peripherer arterieller Verschlusskrankheit und/oder zerebrovaskulärer Erkrankung kontraindiziert. Der Risiko für einen Herzstillstand unter NSAR-Einnahme war bisher noch nicht als isoliertes Ereignis, sondern nur in Kombination mit anderen Endpunkten untersucht worden.

Beobachtungsstudie mit fast 29 000 Patienten

Eine dänische Forschergruppe um Kathrine B. Sondergaard von der kardiologischen Abteilung des Kopenhagener Universitätsklinikums in Gentofte, wenige Kilometer nördlich der dänischen Hauptstadt, hat kürzlich zu dieser Thematik eine Untersuchung publiziert. Es handelt sich dabei um eine Fall-Zeit- Kontrollstudie mit Daten von fast 29 000 Patienten aus den Jahren 2001 bis 2010, die aus einem nationalen Register, dem Danish Cardiac Arrest Registry, stammen. Das besondere an diesem Studiendesign ist, dass nicht verschiedene Probanden oder Patienten, sondern unterschiedliche Zeiträume miteinander verglichen werden, wobei jeder Fall gleichzeitig seine eigene Kontrolle darstellt. Analysiert wurde in dieser Studie der Zeitraum von 30 Tagen unmittelbar vor dem außerhalb der Klinik aufgetretenen Herzstillstand im Vergleich mit dem Zeitraum zwischen Tag 60 und Tag 30 vor dem Ereignis. Die Patienten hatten Diclofenac, Naproxen, Ibuprofen, Rofecoxib (vor der Marktrückname 2004), Celecoxib sowie weitere Analgetika eingenommen, die in die Kategorie „others“ eingruppiert wurden. Dabei muss berücksichtig werden, dass alle Angaben zu den Schmerzmitteln auf Verordnungsdaten aus dem Danish Prescription Registry, einem nationalen Verordnungsregister beruhen (in das auch die dänischen Apotheken Eintragungen vornehmen müssen). Die Zahlen reflektieren mit hoher Wahrscheinlichkeit den tatsächlichen Analgetika-Gebrauch, da in Dänemark von den betrachteten Substanzen lediglich Ibuprofen rezeptfrei erhältlich ist -  in niedriger Dosierung (200 mg) und geringen Packungsgrößen (maximal 30 Tabletten).

Signifikant höheres Herzstillstand-Risiko unter Ibuprofen und Diclofenac

Von den registrierten 28 947 Patienten hatten 3 376 im Zeitraum bis 30 Tage vor dem Herzstillstand - Adhärenz vorausgesetzt - ein NSAR eingenommen. Mit einem Anteil von 51,0% bzw. 21,8% waren Ibuprofen bzw. Diclofenac am häufigsten verordnet worden. Die Analysen ergaben, dass die Verordnung von Diclofenac statistisch signifikant mit einem um 50 Prozent erhöhten Risiko (odds ratio, OR, 1,50, 95% KI 1,23 - 1,82), die von Ibuprofen mit einem 31 Prozent (OR 1,31, 95% KI 1,14-1,51) höheren Risiko für einen Herzstillstand außerhalb der Klinik verbunden war. Auch bei Naproxen (OR 1,29), Celecoxib (OR 1,13) und Rofecoxib (OR 1,28) wurde ein höheres Risiko beobachtet, wobei der Unterschied nicht signifikant und die Fallzahlen zu gering für eine sichere Aussage waren. Das mediane Alter der Personen, die NSAR eingenommen hatten, lag bei 69 Jahren. Einige von ihnen litten an verschiedenen Erkrankungen, beispielsweise 11,6 Prozent an Diabetes, 13,8 Prozent an ischämischer Herzkrankheit 11,3 Prozent an Arrhythmien. 10,2 Prozent hatten schon einmal einen Herzinfarkt erlitten. Auch die Medikationsliste war umfangreich; So nahmen beispielsweise 18,4 Prozent neben einem NSAR einen Betablocker, 24,7 Prozent einen ACE-Hemmer ein.

Sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung notwendig

Die Autoren weisen darauf hin, dass ihre Studie einige Einschränkungen besitzt. So handelt es sich nicht um eine randomisierte Untersuchung, sodass Aussagen zu kausalen Zusammenhängen nicht getroffen werden sollten. Die Ergebnisse liefern ihrer Ansicht nach einen Beitrag zu den Diskussionen über das kardiovaskuläre Risiko der NSAR. Entsprechend sorgfältig sollte die Nutzen-Risiko-Abwägung beim Einsatz dieser Substanzen erfolgen.



Dr. Claudia Bruhn, Apothekerin / Autorin DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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