Krebs im Rachenraum

Biomarker könnte zur Früherkennung taugen

Stuttgart - 10.04.2017, 09:00 Uhr

HPV: nicht nur mitverantwortlich bei Gebärmutterhalskrebs, auch bei Tumoren des Rachens. (Foto: Kateryna_Kon / Fotolia)

HPV: nicht nur mitverantwortlich bei Gebärmutterhalskrebs, auch bei Tumoren des Rachens. (Foto: Kateryna_Kon / Fotolia)


Bösartige Tumore des Rachens gehören in Deutschland nicht unbedingt zu den häufigsten Krebsarten. Bei Männern stehen sie aber immerhin auf Platz fünf. Rachentumore werden zunehmend durch eine Infektion mit humanen Papillomviren ausgelöst. Genau darauf beruht ein neuer Bluttest zur Früherkennung, den Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum entwickelt haben.

Anteil HPV-bedingter Tumoren nimmt zu

Wie der Gebärmutterhalskrebs werden Tumore im Rachenbereich in vielen Fällen mit dem humanen Papillom-Virus (HPV) in Verbindung gebracht. Das Virus löst das Karzinom zwar nicht aus, gilt aber als wichtiger Kofaktor. Laut Krebsgesellschaft ist aktuell eine steigende Häufigkeit von Rachenkrebs bei jüngeren Patienten zu beobachten, die auf die weltweit zunehmende Infektionsrate mit dem humanen Papilloma Virus Typ 16 (HPV 16) zurückgeführt wird.

Nachweis von Antikörpern gegen das HPV-Protein E6

Ein Wissenschaftler-Team vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) um Tim Waterboer hat nun herausgefunden, dass Personen mit dem Risiko, an einem HPV-bedingten Tumor des Rachenraums zu erkranken, frühzeitig identifiziert werden können, und zwar mithilfe eines spezifischen Antikörper-Nachweises.

Die Ergebnisse der im Journal of the National Cancer Institute publizierten Forschung kamen in Zusammenarbeit mit Kollegen von der Internationalen Krebsforschungsagentur IARC und vom amerikanischen National Cancer Institute zustande.

Der neue Test beruht auf dem Nachweis von Antikörpern gegen das HPV-Protein E6. Dieses wird von chronisch infizierten Zellen produziert und spielt bei der Krebsentstehung eine wichtige Rolle. Antikörper gegen E6 gelten deswegen im Hinblick auf eine mögliche Entstehung oder das Vorliegen einer entsprechenden Krebserkrankung als besonders aussagekräftig.

Rund 40 Prozent der Tumore HPV-bedingt

Für die Untersuchung wurden Blutproben der US-amerikanischen PLCO-Studie herangezogen. 

In die Studie zur Krebs-Früherkennung waren zwischen 1993 und 2001 rund 150.000 gesunde Teilnehmer aufgenommen und deren im Untersuchungszeitraum auftretende Krebserkrankungen dokumentiert worden. Die Forscher vom DKFZ werteten Blutproben von 198 Patienten mit Tumoren im Rachenraum aus, die beim Eintritt der Teilnehmer in die Studie, also lange vor dem Ausbruch der Krebserkrankung genommen worden waren. Blutproben von 924 PLCO-Teilnehmern ohne Krebsdiagnose fungierten als Kontrolle.  

Bei 42,3 Prozent aller Patienten mit Krebs im Rachenraum wurden tatsächlich Antikörper gegen HPV16-E6 gefunden. Laut Waterboer entspricht dies ziemlich genau dem Anteil HPV-bedingter Fälle unter den Rachentumoren, den das Team für den damaligen Zeitpunkt in der amerikanischen Bevölkerung erwartet hatte. Dies bedeutet eine hohe Treffsicherheit. Untersuchungen der betroffenen Tumorgewebe bestätigten zudem, dass der Antikörper-Nachweis ausschließlich bei solchen Patienten positiv ausfiel, deren Krebs tatsächlich mit HPV16 im Zusammenhang stand. Aber auch bei 0,5 Prozent der Personen aus der Kontrollgruppe fiel er positiv aus.

Einsatz zur Früherkennung am ehesten bei Hochrisikogruppen

Deswegen sei der Nachweis von HPV16-E6-Antikörpern als Methode zur Krebsfrüherkennung in größeren Bevölkerungsgruppen bis dato nicht geeignet, glauben die Wissenschaftler. „Die Neuerkrankungsrate von Krebs im Rachenraum ist mit etwa fünf Fällen pro 100.000 Einwohnern eher niedrig“, erläutert Studienleiter Tim Waterboer. „Trotz der hohen Spezifität des Tests würden sehr viele gesunde Menschen fälschlicherweise ein positives Testergebnis erhalten.“ Bei bestimmten Hochrisikogruppen, in denen bis zu zehn Mal mehr Menschen erkranken könnten, könnte der Kreis der besonders krebsgefährdeten Personen mit dem Test allerdings leicht eingeengt werden.

Die Blutproben waren teilweise bis zu 13 Jahre vor der Tumordiagnose genommen worden. Da das Ergebnis nach Wiederholungsuntersuchungen lange Zeit stabil bleibt, könnte ein einziger Bluttest zu einem beliebigen Zeitpunkt ausreichen, um das Tumor-Risiko für die darauffolgenden zehn Jahre abzuschätzen.

Die DKFZ-Virologen betonen, dass der Test für die Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs und anderen HPV-bedingten Tumoren im Genitalbereich nicht geeignet ist. Der Grund: Im Gegensatz zu Krebs des Rachenraums treten die verräterischen Antikörper hier erst auf, wenn der Krebs bereits klinisch diagnostiziert werden kann.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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