Apotheken in Österreich

Notdienstgebühr steigt auf 11 Euro

Remagen - 07.04.2017, 09:00 Uhr

Drastische Steigerung: In Österreich können Apotheker künftig 11 Euro pro geleistetem Notdienst in der Nacht abrechnen. (Foto: Bilderbox)

Drastische Steigerung: In Österreich können Apotheker künftig 11 Euro pro geleistetem Notdienst in der Nacht abrechnen. (Foto: Bilderbox)


Österreichs angestellte Apotheker haben unlängst den neuen Kollektivvertragsabschluss mit dem österreichischen Apothekerverband für 2018 zustande gebracht. Dabei haben die Arbeitszeitregelungen und die Entlohnung des Nachtdienstes eine große Rolle gespielt. Die Notdienstgebühr steigt nun auf 11 Euro. Aber wie funktioniert das Notdienstsystem bei unseren Nachbarn eigentlich?

Jede Nacht sowie an Wochenenden und Feiertagen leisten rund 280 Apotheken in Österreich Bereitschaftsdienst. Wie ihre deutschen Kollegen wechseln sie sich dabei ab. Jede Apotheke kommt mehrmals im Monat dran. In kleineren Gemeinden müssen die Apotheken vor Ort mitunter jede Nacht erreichbar sein. Diese gesetzlich geregelte Serviceleistung wird nicht von der öffentlichen Hand bezahlt, sondern vom Apothekenbetrieb selbst finanziert. In Summe kosten die Bereitschaftsdienste die Apotheken rund 33 Millionen Euro jährlich.

Wie funktionieren diese Dienste im Innenverhältnis zwischen Chef und angestelltem Apotheker? Beschäftigungen von Fachkräften in Apotheken richten sich in Österreich nach dem allgemeinen Arbeitszeitgesetz. Es legt die tägliche und wöchentliche Normalarbeitszeit und die Höchstgrenzen der Arbeitszeit fest. Die gesetzliche Normalarbeitszeit beträgt wöchentlich 40 Stunden, täglich acht. Es bestehen jedoch zahlreiche Möglichkeiten, diese durch Kollektivverträge auszudehnen. 

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Sonderbestimmungen für Apotheker

Das Arbeitszeitgesetz beinhaltet auch Sonderbestimmungen für Arbeitnehmer, die als Apothekenleiter oder als andere vertretungsberechtigte Apotheker in öffentlichen Apotheken beschäftigt sind. Hiernach kann der Kollektivvertrag für Arbeitnehmer, in deren Arbeitszeit wegen des Bereitschaftsdienstes der Apotheken regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt, verlängerte Dienste zulassen, und zwar zum Beispiel an Wochenenden von bis zu 48 Stunden oder innerhalb eines „Durchrechnungszeitraumes“ von bis zu 13 Wochen eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von bis zu 60 Stunden.

Der Kollektivvertrag für pharmazeutische Fachkräfte in öffentlichen Apotheken und Krankenhausapotheken, der zwischen dem Österreichischen Apothekerverband als Interessenvertretung der selbstständigen Apotheker und dem Verband Angestellter Apotheker Österreichs abgeschlossen wird, gilt für das gesamte Bundesgebiet Österreich und für alle öffentlichen Apotheken und Krankenhausapotheken sowie persönlich für die in den Apotheken tätigen pharmazeutischen Fachkräfte, das heißt berufsberechtigte Apotheker, Apothekeranwärter (Aspiranten) und die so genannten „Dispensanten“.  Er beinhaltet sämtlich Detailregeln zum Abschluss von Dienstverhältnissen, Arbeitszeitregelungen usw. inklusive der Bereitschaftsdienste und deren Vergütung. 

Drastische Steigerung der Notdienstgebühr

Die Notdienstgebühr ist im Kollektivvertrag klar geregelt, und zwar getrennt nach Tages- und Nachtdienst. Für Bereitschaftsdienste während der Nacht (während der Sperrzeiten; in der Regel von 18 bis 8 Uhr) gibt es in diesem Jahr eine Grundentlohnung in Höhe von 99 Euro und für die Arbeitszeit von 19 bis 7 Uhr zusätzlich einen Nachtarbeitszuschlag von 85 Euro.

Hinzu kommen die sogenannten „Inanspruchnahmegebühren“ (Notdienstgebühren), die dem diensthabenden Apotheker zusätzlich zu den genannten Entlohnungen zustehen. Sie variieren, je nach Tag (Samstag, Sonntag, Feiertag) und Tageszeit. Nachts bekommt der Apotheker zwischen 20 und  8 Uhr pro Inanspruchnahme einen Grundlohn von 2,46 und einen Zuschlag von 2,46 Euro. Der diensthabende Apotheker muss über die Inanspruchnahmen am Tag und während der Nacht Aufzeichnungen führen, nach denen seine Arbeitsleistung dann abgerechnet wird.

Nach Angaben des Verbandes Angestellter Apotheker Österreichs (VAAÖ) ging es bei dem neuen Kollektivvertrag, der ab 2018 gilt, in erster Linie darum, „verlängerte Dienste“ nach dem neuen Arbeitszeitgesetz zu vereinbaren. Ohne eine solche Vereinbarung wäre es für angestellte Apotheker zukünftig nicht mehr möglich gewesen, Nachtdienste zu leisten, da sie nach einer Arbeitszeit von zehn Stunden nach Hause gehen müssten. Für einen Übergangszeitraum von zwei Jahren können angestellte Pharmazeuten nun bis zu 32-Stunden-Diensten zustimmen. Sonst werden verlängerte Dienste bis zu 25 Stunden dauern. 

Elf Euro Notdienstgebühr in der Nacht

Um die hohe Belastung der Angestellten in Apothekenbetrieben mit viel Kundenverkehr während der Nacht zu honorieren, werden die Notdienst-Gebühren für die Inanspruchnahme des Apothekers zwischen ein Uhr nachts und sieben Uhr morgens auf 11,00 Euro, und damit drastisch angehoben. „Dies macht das Aufstehen in der Nacht erheblich weniger unanagnehm.“ sagte VAAÖ-Präsident Raimund Podroschko in einem Videoblog.

Die Möglichkeit, Bereitschaftsdienste in Ruferreichbarkeit zu machen, soll für Betriebe in niedrigen Turnussen, die öfter dran kommen, ausgedehnt werden. Der VAAÖ konnte durchsetzen, dass sich dadurch an der Bezahlung der angestellten Apotheker nichts ändert. Sie bekommen die Bereitschaftsdienstpauschale, sofern ihre Apotheke dem Turnus 2 bis 4 angehört, auch bei Ruferreichbarkeit voll bezahlt. Wie bisher wird die Bezahlung nur in den dauerbereiten „Turnus 1-Apotheken“ halbiert. Für die Fahrten zur Apotheke bei Rufbereitschaft wird in Zukunft ein Kilometergeld bezahlt, und der Arbeitgeber übernimmt im Fall eines Unfalls die Haftung. Außerdem sollen Notdienst-verrichtende Apotheker zukünftig selbst bestimmen können, ob sie während des Nachtdienstes zu Hause bleiben und nur im Bedarfsfall in die Apotheke fahren oder lieber die ganze Zeit in der Offizin verbringen. 



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Was heißt hier "Notdienst"?

von Dr. Helga Blasius am 08.04.2017 um 9:29 Uhr

Die von dem Kollegen „Der Ausländer“ angesprochene „Schieflage" kommt dadurch zustande, dass in Deutschland unter"Notdienstgebühr", die Gelder verstanden werden, die eine Apotheke im Notdienst von den Kunden erheben darf.
In Österreich werden diese nach den Erläuterungen der österreichischen Apothekerkammer (www.apotheker.or.at) als „Nachtdienstgebühren" bezeichnet, die gegenüber den Kunden bei Inanspruchnahme der Apotheke außerhalb der festgesetzten Betriebszeiten fällig werden. Dabei bezeichnet die allgemein übliche Verwendung des Wortes „Nachtdienst“ im Zusammenhang mit Apotheken sowohl den Bereitschaftsdienst in der Nacht als auch jenen an Samstagnachmittagen, an Sonn- und Feiertagen, sowie in der Mittagszeit bei Apotheken, die nicht durchgehend von 8.00 bis 18.00 Uhr geöffnet haben.
Die sogenannten Nachtdienstgebühren (Zusatzgebühren, Nachttaxen), deren Höhe „der Ausländer“ zutreffend beschrieben hat, werden von den Kunden nach der Arzneitaxverordnung erhoben. Die Vorschriften hierzu finden sich in der Arzneitaxe in Anlage A, I Allgemeine Bestimmungen, Punkt 6. Mit der Zusatzgebühr ist die gesamte Inanspruchnahme der diensthabenden Apotheke abgegolten, unabhängig von der Anzahl der benötigten Arzneimittel. Bei entsprechendem Vermerk durch den verschreibenden Arzt auf dem Kassenrezept wird die Gebühr von den Krankenkassen übernommen.
Näheres dazu findet sich auf der Webseite der Österreichischen Apothekerkammer
Diese Gebühren sind abzugrenzen von den „Inanspruchnahmegebühren“, die dem diensthabenden Apotheker zusätzlich zu der Entlohnung im Notdienst zustehen. Sie richten sich konsquenterweise nach dem Kollektivvertrag. Genau um diese Gebühren geht es in dem o.g. Beitrag in DAZ.online, und nicht um die Nachtdienstgebühr, die die Kunden bezahlen müssen.

Helga Blasius

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Bereitschaftsdienst Österreich

von Der Ausländer am 07.04.2017 um 10:23 Uhr

Ich glaube, im Artikel kommt das nicht ganz so zur Geltung. Nimmt ein Patient einen Bereitschaftsdienst habenden Apotheker in Anspruch, so muss er täglich zwischen 20 und 8 Uhr 3,80€ sowie an Sonn- und Feiertagen (8-20 Uhr) 1,30€ als Nachttaxe zahlen. Dieser Fakt ist vergleichbar mit den 2,50€ Notdienstgebühr in DE. In Österreich bekommt jetzt der diensthabende Apotheker zusätzlich zu der im Artikel ausgeführten Grund- und Zusatzentlohnung eine Insanspruchnahmegebühr. Diese staffelt sich wie folgt: werktags 18-20 Uhr, samstags 12-20 Uhr sowie sonn- und feiertags 1,20€ plus 1,20€ Zuschlag und täglich zwischen 20-8 Uhr 2,46€ plus 2,46€ Zuschlag. Für den letztgenannten Zeitraum wird diese Inanspruchnahmegebühr zwischen 1 und 7 Uhr erhöht (11€). Im übrigen ist dies unter www.gehaltskasse.at -> Formulare/Downloads -> Gehaltsschema nachzulesen.

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Notdienstgebühr

von Pierre Roer am 07.04.2017 um 9:51 Uhr

... und selbst das ist noch zu wenig.

Wir weden mit den € 2,50 doch vom Staat vera****t..
Und übrigens auch hier wird der Notdienst nicht vom Staat "bezahlt"... nach 60 Jahren "kostenlosem" Notdienst erhalten wir seit zwei Jahren eine "Kostenbeteiligung" in Höhe von 10 Euro pro Stunde.... davon kann ich doch keine Reinigungskraft bezahlen!
Für einen Handwerker werden zwischen 40 und 80 Euro berechnet, tagsüber !

Aber schließlich ist das unsere heilberufliche Pflicht, nicht wahr? Sonst heißt es immer, wenn uns etwas gekürzt wird, dass wir uns dem Wettbewerb stellen müssen, dass wir eben auch Kaufleute sind, dass wir mit den Folgen des absurden EU-GH-Urteils eben leben müssen, aber der Notdienst (und die Rezepturen), das ist etwas ganz anderes, da darf es nicht aufs Geld ankommen, das ist schließlich unsere heilberufliche Pflicht....

Gewinne dem (saudischen) Großkapital zuführen,
Pflichten und Kosten per Gesetz der (heilberufliche) Gemeinschaft aufdrücken.... es riecht nach Streik.

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