Das Modell der Zukunft

Merck-Chef will Bezahlung nur bei Heilung

Darmstadt - 11.04.2017, 09:00 Uhr

Die Pharmabranche steht laut Merck-Chef Stefan Oschmann vor grundlegenden Reformen. (Foto: Merck)

Die Pharmabranche steht laut Merck-Chef Stefan Oschmann vor grundlegenden Reformen. (Foto: Merck)


Im Interview mit dem „Spiegel“ spricht sich der Chef des Darmstädter Pharmakonzerns Merck dafür aus, Arzneimittel vermehrt nur im Erfolgsfall zu vergüten. Seine Firma will zunehmend mit IT-Startups und Konzernen zusammenarbeiten, für die Pharmafirmen sehr „sexy“ seien.

Das Geschäftsmodell des Darmstädter Arzneimittelherstellers Merck steht vor großen Veränderungen, erklärte der Vorstandsvorsitzende Stefan Oschmann gegenüber dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Er leitet den Konzern seit Mai 2016 – und arbeitete zuvor beim US-Arzneimittelhersteller MSD. Er sei ein „großer Verfechter“ von an der Wirkung orientierten Arzneimittelpreisen, sagte Oschmann: „Bezahlt wird nur dann, wenn eine Therapie wirklich hilft.“ Es ginge nicht mehr um die Menge der Arzneimittel, die eingenommen werden, sondern um den Wert, der sich für Patienten hieraus ergibt.

Auch die Möglichkeit, Krankheiten durch einmalige Behandlungen – wie bei Strimvelis (ein Gentherapeutikum gegen ADA-SCID, einen schweren Immundefekt) – zu behandeln, werde das Gesundheitssystem radikal verändern, betonte Oschmann. Strimvelis-Hersteller GlaxoSmithKline berechnet für die Gentherapie 665.000 US-Dollar und gibt eine Geld-zurück-Garantie für den Fall, dass sie nicht hilft. Für derartige Ansätze müssten Pharmafirmen jedoch nicht nur die Medikamente, sondern einen ganzen diagnostischen Prozess inklusive Biomarkern entwickeln. „Therapie wird damit ganz neu definiert“, erklärte Oschmann gegenüber dem „Spiegel“.

Dabei weist er die Gefahr, dass zukünftig nur ein Teil der Patienten – junge Menschen oder Privatversicherte – kostspielige Arzneimittel erhalten, nicht von der Hand. Die Gesellschaft müsse sich „weiterentwickeln und viel streiten“, erklärte er. „Es gibt viele Leute, die wollen gar nicht diskutieren, weil sie meinen, die Pharmaindustrie sei prinzipiell von Übel“, sagte Oschmann gegenüber dem „Spiegel“. Das verstehe er nicht. „Vieles wird sehr ideologisch gehandhabt“, betonte der Merck-Chef. „Aber auch die Industrie muss sich bewegen.“



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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