Weltweite Marktrücknahme

Endgültiges Aus für Antiepileptikum Trobalt

Stuttgart - 03.05.2017, 14:15 Uhr

Trobalt hatte bei Epilepsien nur Reservestatus. (Foto: dule964 / Fotolia)

Trobalt hatte bei Epilepsien nur Reservestatus. (Foto: dule964 / Fotolia)


Trobalt wird ab Ende Juni 2017 nicht mehr erhältlich sein – und zwar in allen Wirkstärken und weltweit. Das teilt der Hersteller GlaxoSmithKline vergangene Woche mit. In Deutschland ist das Antiepileptikum, das lediglich als Reservemittel eingesetzt wird, bereits seit 2012 nicht mehr erhältlich. Es werden jedoch Patienten mit Importen behandelt. 

Die Geschichte von Trobalt® in Deutschland ist recht kurz. Eingeführt im Januar 2012, wurde es bereits im Juli desselben Jahres wieder vom Markt genommen. Seitdem werden die wenigen Patienten mit Importen versorgt. Nun ist aber auch damit Schluss. Der Vertrieb des Arzneimittels wird weltweit eingestellt. Angekündigt war dieser Schritt ja bereits im September 2016.  Jetzt wird er vollzogen. Ab Ende Juni wird Trobalt® nicht mehr zu haben sein. 

Der Anfang vom Ende für das Arzneimittel war im Mai 2012 die Nutzenbewertung des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Der hatte bei der frühen Nutzenbewertung keinen Zusatznutzen für das Antiepileptikum mit dem Wirkstoff Retigabin gesehen. Es hatte vor allem Kritik an der verwendeten Vergleichstherapie Lacosamid  gegeben. Der G-BA hatte aber Lamotrigin und Topiramat festgelegt. Daraufhin hatte Hersteller GSK nicht  von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, neue Unterlagen einzureichen, sondern sich entschieden Trobalt® vom Markt zu nehmen. Die Entscheidung des G-BA bezeichnete GSK als inakzeptabel und von Formalismus geprägt. 

Lacosamid

Lacosamid ist ein Antiepileptikum mit dualem Wirkungsmechanismus. Es erhöht zum einen die langsame Inaktivierung spannungsabhängiger Na+‐Kanäle. Das wird vor allem für die analgetische und antikonvulsive Wirkung verantwortlich gemacht. Zum anderen bindet es an collapsin-response-mediator-Protein‐2 (CRMP-29), einen Bestandteil der neuronalen Signaltransduktionskaskade, dem neuroprotektive Effekte zugeschrieben werden. Die Interaktion mit CRMP-2 könnte möglicherweise zusätzlich das Fortschreiten der Erkrankung hemmen („disease modifying effect“). In mehreren klinischen Studien konnte bei Patienten mit fokaler Epilepsie Anfallshäufigkeit durch Lacosamid als Add-on signifikant reduziert werden.

Handelsname: Vimpat®

Wegen Rote-Hand-Brief fliegt Trobalt aus der Nutzenbewertung

Der nächste Schlag kam dann im Juni 2013: Die Anwendungsgebiete wurden eingeschränkt. Trobalt® sollte nur noch als Reservemittel eingesetzt werden – als Zusatztherapie von pharmakoresistenten fokalen Krampfanfällen mit oder ohne sekundäre Generalisierung bei Patienten mit Epilepsie im Alter von 18 Jahren oder älter. Und nur wenn andere geeignete Arzneimittelkombinationen unzureichend wirken oder nicht vertragen werden. Hintergrund der Einschränkung waren Verfärbungen von Augengewebe, einschließlich der Retina, über die in klinischen Langzeitstudien mit Retigabin berichtet worden. Des Weiteren waren blau-graue Verfärbung der Haut, Lippen und/oder der Nägel aufgetreten – ebenfalls in diesen Studien. Diese Veränderungen wurden bei einem großen Anteil der Patienten beobachtet, die weiterhin in den Langzeitstudien behandelt wurden. 

Zu diesem Zeitpunkt hatte GSK noch einmal einen Anlauf in der Nutzenbewertung gewagt. Nach der Anwendungsbeschränkung hatte allerdings der G-BA Trobalt aus dem laufenden Verfahren herausgenommen. Die Einschränkung des Anwendungsgebiets habe zur Folge, dass das Anwendungsgebiet, auf dessen Basis die Nutzenbewertung von Retigabin am 1. Mai 2013 eingeleitet worden ist, nicht mehr mit dem ab 1. Juli gültigen Zulassungsstatus des Arzneimittels übereinstimme, erklärte der G-BA diesen Schritt. Damit sei eine wesentliche Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse eingetreten – und dies rechtfertige das anhängige Nutzenbewertungsverfahren für Retigabin einzustellen, so der G-BA. 

Ausschleichen über drei Wochen

Und nun also das vollständige Aus. „Auf Basis einer umfassenden Bewertung der Anwendung 2016, des Produktportfolios und der sich entwickelnden Therapielandschaft“ habe man sich zur Rücknahme entschieden, heißt es seitens GSK. Ein große Rolle spielt Trobalt® in der Therapie nicht. Im vergangenen Jahr wurden weltweit lediglich 1500 Patienten mit dem Antiepileptikum behandelt. Der Hersteller weist nun darauf hin, dass eine Therapie mit Trobalt® nicht mehr neu begonnen werden darf. Derzeit mit Retigabin behandelte Patienten sind rechtzeitig umzustellen. Dabei ist darauf zu achten, dass Retigabin gemäß der Produktinformation schrittweise, über mindestens drei Wochen abgesetzt werden muss.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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