TV-Film über Arzneimittelfälschungen

Filmemacher und BfArM-Chef loben Apotheken

Berlin - 08.05.2017, 11:15 Uhr

Vertrauen in Apotheker: Filmemacher Daniel Harrich stellte am vergangenen Freitag in Berlin seinen neuen Film zum Thema Arzneimittelfälschungen vor. (Foto: dpa)

Vertrauen in Apotheker: Filmemacher Daniel Harrich stellte am vergangenen Freitag in Berlin seinen neuen Film zum Thema Arzneimittelfälschungen vor. (Foto: dpa)


Arzneimittelfälschungen sind auch hierzulande ein großes Problem. Allein 2015 wurden in Deutschland mehr als dreieinhalb Millionen gefälschte Präparate von den Behörden sichergestellt. Der neue Spielfilm „Gift“ von Grimme-Preisträger Daniel Harrich zeigt weltweite, kriminelle Verflechtungen in der „Arzneimittel-Mafia“ auf. Am vergangenen Freitag hatte „Gift“ in einem Berliner Kino Weltpremiere. DAZ.online-Autor Maximilian Wilke war bei der Premiere und der anschließenden Diskussion zugegen.

Die Geschichte klingt beinahe zu schrecklich, um wahr zu sein. Im neuen Fernsehfilm „Gift“ geht es um ein korruptes Netz von indischen und deutschen Pharmaherstellern. Und um ein Geflecht von Forschungseinrichtungen, Interpol und die US-Zulassungsbehörde FDA, die die Machenschaften der Hersteller anscheinend systematisch vertuschen. Und auch wenn es sich beim Film um eine fiktive Story handelt, basiert er dennoch auf Fakten und Ergebnissen jahrelanger Recherchen von Regisseur Daniel Harrich, der vor einigen Jahren bereits die deutsche Waffenindustrie an den Pranger stellte. 

In dem Film, der am 17. Mai im Rahmen eines ARD-Themenabends zum Thema gefälschte Arzneimittel im „Ersten“ ausgestrahlt werden soll, gerät ein deutscher Reimporteur ins Visier von Interpol. Der Vorwurf: Handel mit gefälschten Arzneimitteln. Firmenchef Günther Kompalla (Heiner Lauterbach) bestreitet zunächst alle Vorwürfe. Doch Interpol-Agentin Juliette Pribeau (Julia Koschitz) bleibt hartnäckig. Und das, obwohl sie intern starken Gegenwind bekommt. Die renommierte Wissenschaftlerin und Pharmalobbyistin Vera Edwards (Maria Furtwängler) ist selbst in das korrupte Netzwerk verstrickt und versucht mit aller Kraft, Ermittlerin Pribeau an ihrer Arbeit zu hindern. 

Nach einer aussichtslosen Krebsdiagnose beschließt Reimporteur Kompalla, sich mit seiner Tochter Kathrin auszusöhnen, die bei einer Hilfsorganisation in Mumbai arbeitet. In Indien angekommen, erlebt er aus nächster Nähe, welche Gefahr von den gefälschten Arzneimitteln ausgeht, die er jahrelang selber vertrieben hat. Denn Tochter Kathrin ist plötzlich schwer erkrankt, und nur dank Kompallas Freundschaft zum Chef einer indischen Pharmafirma bekommt Kathrin ein ungepanschtes Antibiotikum und wird gerettet. Geläutert von dieser Erfahrung beschließt Kompalla, bei Interpol auszupacken. Zwar stirbt der Firmenchef kurze Zeit später an den Folgen eines Herzinfarktes, jedoch gelingt es Ermittlerin Pribeau, sein vorher abgelegtes Videogeständnis sicherzustellen. Allerdings siegt im Film am Ende nicht die Gerechtigkeit, sondern die Übermacht der Pharmalobbyisten. Denn die zuvor geschasste Wissenschaftlerin Vera Edwards tritt ihre neue Position an renommierter Stelle an...

Apotheker bei Diskussion in Schutz genommen

Dem Film gelingt es, das komplexe Thema der Arzneimittelfälschungen in einen zuschauerfreundlichen Plot zu verpacken. Zwar sind manche Szenen filmisch etwas überhöht. Der zukünftige Ehemann von Kathrin Kompalla erkennt beispielsweise innerhalb von Sekunden, ob ein Arzneimittel gefälscht ist oder nicht. Auch wäre es spannend gewesen, mehr über Gründe und Auswirkungen der Produktionsauslagerung nach Fernost zu erfahren, die auch zahlreiche Firmen aus Deutschland betrifft. Mehr zum Thema gibt es dann hoffentlich am 17. Mai in der ARD zu sehen. Dann wird begleitend zum Fernsehfilm auch die Dokumentation von Daniel Harrich gezeigt, in der er seine Recherchen rund um Arzneimittelfälschungen vorstellt. Zudem ist ab 15. Mai sein Buch „Pharma Crime“ erhältlich. 

Nach Ende des Filmes wurde es dann am Premierenabend noch einmal spannend. An der anschließenden Podiumsdiskussion nahmen neben Regisseur Daniel Harrich auch Schauspieler Heiner Lauterbach, Prof. Dr. Karl Broich (Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM), Uwe Schröder (Präsident der Generalzolldirektion) und Dr. Harald Kischlat (Vorstand German Doctors e. V.) teil. Harrich betonte, dass der Film keine Panikmache beabsichtige. Positiv hob er dabei die niedergelassenen Apotheken in Deutschland hervor, von denen so gut wie keine Gefahr bei Arzneimittelfälschung ausgehe. 

Auch der Präsident des BfArM, Prof. Dr. Karl Broich, machte sich für die niedergelassenen Apotheken stark. Sorge mache ihm allerdings der Internethandel, „da gibt es die meisten Fälschungen“, so der Chef des BfArM. Schwierig sei zudem die Kontrolle von ausländischen Produzenten, die zum Teil im Auftrag deutscher Hersteller arbeiten. Da sei man „im Bereich von Stichproben“, so Broich. Heiner Lauterbach forderte, dass die Lieferketten und Produktionsorte auf Arzneimitteln besser deklariert werden. „Bei jedem Katzenfutter steht das drauf“, so der Schauspieler. Dr. Harald Kischlat stellte sich ebenfalls hinter die deutschen Apotheken und kritisierte gleichzeitig den Versandhandel. 

Er führte an, dass in Entwicklungsländern rund 30 Prozent aller Arzneimittel qualitativ unterhalb des Standards lägen, was eigene Laboruntersuchungen ergeben hätten. Dass diese Kritik und zahlreiche Forderungen an die Pharmaindustrie überwiegend ins Leere liefen, war der Abwesenheit der Hersteller in der Diskussionsrunde geschuldet, die leider nicht auf dem Podium vertreten waren. Regisseur Harrich bemerkte dazu lapidar, dass „selbst die Waffenlobby ehrlicher und offener ist als die Pharmalobby.“ Und auch die Politik blieb der Einladung zur Diskussion kurzfristig fern.

Bei der Filmpremiere waren auch Vertreter des Bundesverbandes des pharmazeutischen Großhandels (Phagro) zugegen. Der Phagro hat auf seiner Homepage anlässlich des ARD-Themenabends eine Übersichtsseite dazu erstellt, was die Großhändler zum Schutz vor Fälschungen beitragen.



Maximilian Wilke, Apotheker, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Das passt zur Forderung des BDA und der FDP

von Jochen Ebel am 09.05.2017 um 8:04 Uhr

Das passt zur Forderung des BDA und der Lindner - FDP.
Nach deren Meinung gibt es sowieso zuviel Rentner, die die Sozialkassen belasten. Ich frage mich nur, wer die am letzten Sonntag gewählt hat.

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