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Anti-Versandverbot-Kampagne
CSU-Politiker wirft DocMorris Datenmissbrauch vor
In der Unionsfraktion sorgen zwei PR-Aktionen von DocMorris gegen das Rx-Versandverbot weiterhin für großen Unmut. Mehrere Unionsabgeordnete vermuten, dass die Versandapotheke für ihre Postkarten- und Briefaktion Namen von Menschen verwendet habe, die sich niemals aktiv beteiligt haben. Fraglich ist allerdings, woher die Zuschriften kommen. Denn DocMorris hatte die dazugehörige Internetseite eigentlich schon vor zwei Monaten vom Netz genommen.
Die niederländische Versandapotheke hatte in den ersten Wochen und Monaten nach dem EuGH-Urteil eine PR-Maschinerie in Gang gesetzt. Dazu gehörten zwei Aktionen, die bis heute für großen Ärger bei CDU/CSU-Bundestagsabgeordneten sorgen. Einerseits hatte DocMorris Kunden, die seit längerer Zeit bei der Versandapotheke Rx-Medikamente bestellen, dazu aufgerufen, an einer Briefaktion teilzunehmen. In den Päckchen der Kunden lag ein vorgefertigtes Schreiben, das die Kunden unterschreiben, in einen Briefumschlag stecken und anschließend an einen Unions-Abgeordneten schicken mussten. In dem Brief sprach sich der jeweilige DocMorris-Kunde dafür aus, den Rx-Versand zu erhalten.
Andererseits hatte die Versandapotheke eine Protest-Internetseite etabliert, auf der ebenfalls vor einem Rx-Versandverbot gewarnt wurde. Dort konnte sich jeder Interessierte an einer Postkarten-Aktion beteiligen. Die Nutzer der Seite mussten dazu nur ihren Namen, die E-Mail-Adresse und ihre Postleitzahl eingeben. Automatisch suchte DocMorris den passenden Unions-Abgeordneten heraus, setzte den Namen des Internet-Nutzers ein und verschickte die Karte. DocMorris schickte die Karten ausschließlich an CDU/CSU-Politiker, weil sich die Fraktion und Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) für das Versandverbot ausgesprochen hatten. In den vergangenen Wochen sorgte die Postkarten-Aktion aber für großen Ärger bei einigen Unions-Politikern. Einige Politiker bekamen Hunderte solcher Postkarten und bezweifelten die Echtheit der Zuschriften. Andere kritisierten, dass die Bürger nicht wirklich gewusst hätten, um was es eigentlich gehe.
Als Reaktion auf die Proteste der Politiker nahm DocMorris die Seite im März vom Netz. Die Versandapotheke sagte damals, dass es Hinweise darauf gegeben hatte, dass die Seite missbraucht worden sei. Trotzdem brachten einige Abgeordnete das Thema in dieser Woche erneut auf die Tagesordnung. Dem Vernehmen nach soll sich die Arbeitsgruppe Gesundheit der Unionsfraktion erneut damit beschäftigt haben. Einige Politiker sollen weiterhin Karten und Briefe erhalten und zweifeln weiterhin daran, dass sich die jeweiligen Bürger wirklich an der Aktion beteiligt hätten. Der CDU-Gesundheitsexperte Lothar Riebsamen erklärte gegenüber DAZ.online: „Wir wurden in der vergangenen Woche von zwei angeblichen DocMorris-Kunden kontaktiert. Die haben uns gefragt, wie sie mit dieser Sache in Verbindung kommen. Sie waren entsetzt, dass mit ihrer Adresse und ihrem Namen ein politisches Statement zu Gunsten von DocMorris abgegeben wurde. Die Bürger haben uns versichert, dass sie nur in ihrer Apotheke vor Ort einkaufen.“
Hat DocMorris Kundendaten missbraucht?
Noch weiter geht der CSU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Stefinger aus München. Stefinger veröffentlichte auf seiner Internetseite am gestrigen Donnerstag eine Meldung mit dem Titel: „Datenmissbrauch bei Versandapotheke DocMorris? Bürger beschweren sich.“ Der CSU-Politiker schreibt, dass er in den vergangenen Wochen mehr als 800 „Schreiben“ bekommen habe. Ob es sich dabei um Briefe oder Postkarten handelte, erklärt Stefinger nicht. Allerdings vermutet er, dass die Aktion gefälscht sei: „Jedes einzelne dieser Schreiben habe ich mit einem persönlichen Brief beantwortet. Nun stellt sich heraus, dass einige Kunden von DocMorris gar nichts davon wissen, dass sie ihrem Abgeordneten einen Protestbrief geschrieben haben und wundern sich, warum sie von mir nun eine Antwort erhalten.“
Als „besonders pikant“ empfindet es der CSU-Politiker, dass in den vorgefertigten Schreiben die Rede von einer „wichtigen persönlichen Angelegenheit“ ist. Stefingers Kommentar: „Dies trifft in einigen Fällen ganz offensichtlich nicht zu. Auch andere Bundestagsabgeordnete der CDU/CSU-Fraktion berichten vom Verdacht einer Datenmanipulation und von Kundenmissbrauch durch DocMorris.“ Der CSU-Abgeordnete erwartet nun Aufklärung von DocMorris. Schließlich sei es ein „Skandal“, dass die Bürger nichts von ihrer Beteiligung wüssten. „Gerade im Gesundheitsbereich ist der Datenschutz äußerst wichtig und ich hoffe für die Kunden von DocMorris, dass die Versandapotheke den Schutz sensibler Kundendaten ernst nimmt.“ Stefinger erklärt weiterhin, dass er DocMorris-Chef Olaf Heinrich nun um Aufklärung gebeten habe. Außerdem habe er unter anderem die Bundesdatenschutzbeauftragte informiert.
DocMorris sucht Dialog mit CSU-Politiker
DocMorris ließ diese Anschuldigungen natürlich nicht lange auf sich sitzen und antwortete Stefinger via Facebook. Die Versandapotheke erklärt nochmals den Unterschied zwischen beiden Aktionen: An der Briefaktion hätten sich nur Kunden von DocMorris beteiligt. Wer daran teilgenommen habe, lasse sich nicht rekonstruieren, weil jeder Kunde das selbst entschieden habe. Was die automatisierte Postkarten-Aktion betrifft, bleibt DocMorris bei der Darstellung, dass es „vereinzelt“ einen Missbrauch der dazugehörigen Internetseite gegeben habe. „Diese Personen haben existierende Adressen benutzt, um eine Postkarte zu generieren und damit DocMorris finanziell und in der Reputation zu schaden“, schreibt ein Vertreter von DocMorris auf Facebook.
Allerdings weist die Versandapotheke nochmals darauf hin, dass die Seite schon im März aufgrund des Missbrauch-Verdachts offline genommen worden sei. Das Büro des CSU-Politikers Stefinger teilte DAZ.online am heutigen Freitag allerdings mit, dass immer noch Postkarten an die Bundestagsbüros geschickt würden. Der CSU-Politiker und die Versandapotheke stehen nun in Kontakt. Unter anderem hat Stefinger darauf aufmerksam gemacht, dass selbst die Menschen, die wirklich bei DocMorris bestellten, nichts von einer Beteiligung an der PR-Aktion wüssten.
Inzwischen hat sich auch DocMorris-CEO Olaf Heinrich zu den Vorwürfen geäußert. Gegenüber DAZ.online sagte Heinrich: „Es hat keinen Datenmissbrauch durch DocMorris gegeben. Wir haben die
Aktion sehr sorgfältig vorbereitet, insbesondere mit Blick auf den
Datenschutz.“
2 Kommentare
Unschuldige Betrüger
von Carsten Moser am 19.05.2017 um 13:25 Uhr
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Eigene Beschuldigung befremdlich, gegen Andere nicht?
von Pharmi am 19.05.2017 um 13:19 Uhr
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