Verwirrung

Dreimal Tamsulosin Basics ­– muss das sein?

Stuttgart - 04.07.2017, 16:30 Uhr

Gleich oder doch nicht? Ähnliche Bezeichnungen für verschiedene Arzneimittel sorgen für Verwirrung und Ärger in der Apotheke. (Foto: irantzuarb / Fotolia)

Gleich oder doch nicht? Ähnliche Bezeichnungen für verschiedene Arzneimittel sorgen für Verwirrung und Ärger in der Apotheke. (Foto: irantzuarb / Fotolia)


Als wenn die Sache nicht schon unübersichtlich genug wäre: unzählige Generika für ein und denselben Wirkstoff, dazu Reimporte, verschiedene Packungsgrößen und Darreichungsformen. Um das Ganze noch komplizierter zu machen, gibt es Tamsulosin von Basics seit einiger Zeit in drei Varianten. 

Sucht man in der Lauer-Taxe „Tamsulosin basics 0,4 mg Hartkapseln retardiert“ liefert das 14 Treffer. 14 verschiedene Packungsgrößen? Nein, drei Ausführungen des gleichen Arzneimittels in jeweils fünf oder vier Packungsgrößen. Einmal ganz ohne Zusatz, einmal mit dem Zusatz „Ranbaxy“, einmal mit dem Zusatz „Sun“. Laut der Spalte „Anbieter“ stammen sie von unterschiedlichen Herstellern – nämlich von Basics, Rabaxy und Sun Pharmaceuticals. Basics findet sich seit 2007 in der Lauer-Taxe, 2015 kam dann Ranbaxy hinzu, und seit 15. März 2017 ist das Trio komplett. Ein Blick in die Hersteller-Details verrät: Alle Firmen operieren von derselben Adresse aus und gehören zur indischen Sun Pharmaceutical Industries Limited. Auf der Informationsseite zur Firma Basics beim Branchenverband Pro Generika lautet die Kontaktemailadresse: info@ranbaxy.de. Es ist also davon auszugehen, dass die Arzneimittel völlig identisch sind. Der Hintergrund dieser Strategie? Wir kennen ihn nicht. Eine diesbezügliche Anfrage von DAZ.online blieb unbeantwortet.

Probleme in der Praxis

Wäre auch alles gar nicht so schlimm, wenn es nicht in der Praxis tatsächlich zu Problemen führen würde. Denn nicht alle Arzt- oder Software-Systeme zeigen offenbar den vollen Namen an. So berichtet das Branchen-Blatt „Markt-intern“ von einem Kollegen, der beklagt, dass man bei so mancher Aut-idem-Verordnung nicht weiß, welcher Artikel gemeint ist. Das habe schon zu Retaxationen geführt, schreibt Markt-intern. Die Einsprüche wurden von den Kassen abgeschmettert. 


Kassen schmettern Einprüche gegen Retaxe ab

Auch das DeutscheApothekenPortal berichtet von so einem Fall. 

Eine Apotheke erhält ein Rezept über „Tamsulosin Basics 0,4 mg Hk 100 St. REK.“ Das Aut-idem-Feld ist angekreuzt. Der Patient soll offensichtlich ein bestimmtes Präparat erhalten. Gibt man dann „Tamsulosin Basics“ in die Lauer-Taxe ein, finden sich zu diesem Zweitpunkt zwei Artikel, die fast gleich bezeichnet sind.

  • TAMSULOSIN BASICS 0,4 mg Hartkaps.retard., PZN 01896978
  • TAMSULOSIN BASICS 0,4 mg Hartkaps.retard. RANBAXY, PZN 11011314

Das Ranbaxy-Präparat ist zum fraglichen Zeitpunkt der Rabattartikel der Kasse. Weil das Aut-idem-Feld angekreuzt ist und von „Ranbaxy“ auf dem Rezept keine Rede ist, geht die Apotheke davon aus, dass der Patient das „normale“, nicht-rabattierte Basics-Präparat erhalten soll – und wird auf null retaxiert. Nichteinhaltung des Rabattvertrags lautet die Begründung der AOK-Sachsen-Anhalt.

Unterschiedliche Software, unterschiedliche Anzeige

Was genau war passiert? Das Arzneimittel wird tatsächlich in unterschiedlichen Software-Systemen unterschiedlich dargestellt. So unterscheiden sich bei einem die beiden Präparate durch den Zusatz „Ranbaxy“ – ein indischer Generikahersteller. „HK“ wie auf der Verordnung findet sich dort bei keinem der beiden Präparate. In anderen Systemen hingegen ist „HK“ der entscheidende Hinweis, um die beiden Mittel unterscheiden zu können. So beispielsweise bei einem anderen System:

  •  TAMSULOSIN BASICS 0,4 mg
  •  TAMSULOSIN BASICS 0,4 mg HK

„HK“ kennzeichnet hier das Ranbaxy-Präparat. Und auch in der Software des verordnenden Arztes war das Merkmal „HK“ offensichtlich zu sehen. Durch Setzen des Aut-idem-Kreuzes signalisierte er, dass er genau dieses Präparat wollte – ob bewusst oder unbewusst, auf jeden Fall überflüssigerweise. Denn „HK“ war ja Rabattartikel. Die Einsprüche der Apotheke, die den Sachverhalt ausführlich schilderte, blieben erfolglos.

Da es jetzt noch ein drittes Präparat gibt, ist nicht zu erwarten, dass das besser wird. Im Gegenteil: Dies öffnet vermutlich noch mehr derartigen absurden Retaxfällen Tür und Tor. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

AOK

von Frank Zacharias am 05.07.2017 um 10:30 Uhr

Das ist Retax mit Ansage, nichts weiter.

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