EU-Kartellverfahren wegen „Pay-for-delay"

Teva muss Wettbewerbsabsprachen um Modafinil erklären

Berlin - 18.07.2017, 10:20 Uhr

EU-Kartellverfahren: Der israelische Generikakonzern Teva muss sich wegen seiner Pay-for-Delay-Absprachen erklären. (Foto: dpa)

EU-Kartellverfahren: Der israelische Generikakonzern Teva muss sich wegen seiner Pay-for-Delay-Absprachen erklären. (Foto: dpa)


Absprachen zwischen Pharmaunternehmen, die zur Folge haben, dass Generika erst verzögert in den Markt eingeführt werden – sogenannte „Pay-for-delay“-Vereinbarungen – sind der Europäischen Kommission schon lange ein Dorn im Auge. Jetzt nimmt ihr schon 2011 eingeleitetes Kartellverfahren gegen die Hersteller Teva und Cephalon Fahrt auf. Im Fokus: Modafinil, ein Arzneimittel gegen Schlafstörungen. 

Die Europäische Kommission wirft schon seit Jahren ein waches Auge auf den Wettbewerb im Pharmasektor. Insbesondere hat sie dabei „Pay-for-delay“-Vereinbarungen im Blick, nachdem sie ein besonderes Vorgehen bei Pharmaunternehmen ausgemacht hat: Offenbar zögern Pharmaunternehmen durch Absprachen Generika-Einführungen hinaus. Die Originalhersteller, denen ein Patent ausgelaufen ist, sprechen sich mit Generikaherstellern ab, dass diese erst später mit Nachahmerprodukten auf den Markt kommen – dafür gehen sie auch nicht leer aus.

In den vergangenen Jahren hat die Kommission bereits einige Kartellverfahren eingeleitet und Firmen mit Geldbußen belegt. Beispielsweise hat sie 2013 gegen Lundbeck und verschiedene Generikahersteller wegen der verzögerten Einführung von Citalopram-Generika eine Geldbuße von 150 Millionen Euro verhängt.

Schon im Jahr 2011 leitete die Kommission dann auch ein Kartellverfahren gegen den israelischen Generikahersteller Teva und den US-Pharmakonzern Cephalon ein. Dabei wollten die Wettbewerbshüter aus Brüssel herausfinden, ob eine Vereinbarung zwischen Cephalon und Teva die Markteinführung eines Modafinil-Generikums in Europa verhindert hat. Sechs Jahre später erklärt nun das für Wettbewerbspolitik zuständige Kommissionsmitglied, Margrethe Vestager: „Marktzugang und Wettbewerb bei Generika sind wichtige Bestandteile zur Verbesserung der Erschwinglichkeit von Gesundheitsleistungen. In diesem Fall kamen wir zu der vorläufigen Auffassung, dass Teva und Cephalon gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen haben, indem sie sich darauf einigten, dass Cephalon Teva dafür bezahlte, dass das Unternehmen die Generika-Form des Cephalon-Arzneimittels gegen Schlafstörungen, Modafinil, nicht auf den Markt brachte. Nun müssen die Unternehmen auf unsere Bedenken reagieren.“

Streit um Modafinil läuft schon seit 2011

Wie kam es zu diesem Schritt? Modafinil war ein Blockbuster-Arzneimittel gegen Schlafstörungen. Cephalon besaß die Patente für das Arzneimittel und seine Herstellung. Nachdem bestimmte Cephalon-Patente für die Modafinil-Zusammensetzung im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ausliefen, brachte Teva für einen kurzen Zeitraum ein billigeres Generikum auf den britischen Markt.

Nach einer Klage gegen den angeblichen Verstoß von Cephalons Verarbeitungspatenten für Modafinil legten die Unternehmen ihren Streit im Vereinigten Königreich und in den USA mit einer weltweiten Vereinbarung bei. In diesem Zuge verpflichtete sich Teva, seine Modafinil-Generika bis zum Oktober 2012 nicht im EWR zu verkaufen. Dafür erhielt Teva von Cephalon laut EU-Kommission einen „erheblichen Werttransfer“ – dahinter stecken unter anderem Barzahlungen. Im Oktober 2011 wurde Cephalon übrigens eine Teva-Tochtergesellschaft.

Nach dem langen Kartellverfahren ist die Kommission nun zu der vorläufigen Auffassung gekommen, dass der Werttransfer als ein erheblicher „Pay-for-delay“-Anreiz für Teva zu werten ist. Dieser sollte offenbar das Ziel haben, mit Modafinil von Cephalon weltweit, einschließlich im EWR, nicht in Konkurrenz zu treten. Laut den Beschwerdepunkten, die sie Teva vorglegt hat, hat die Vereinbarung zur Patentstreitbeilegung für EU-Patienten und die Budgets der Gesundheitsdienste unter Umständen erheblichen Schaden verursacht.  

Sollte sich dieses Verhalten bestätigen, würde es einen Verstoß gegen Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) darstellen, der wettbewerbswidrige Verhaltensweisen untersagt.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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