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Krankenversicherungssystem
Apotheker trommeln für PKV und gegen Bürgerversicherung
Für die privaten Krankenversicherungen gibt es mit Blick auf die Bundestagswahl und die Rufe nach einer Bürgerversicherung eine omnipräsente Forderung: Den Erhalt des zweigliedrigen Versicherungssystems. Der PKV-Verband hat daher eine PR-Kampagne gestartet, bei der sich auch zwei namhafte Apotheker für den Erhalt der PKV aussprechen. Klar ist: Die Apotheker haben ein wirtschaftliches Interesse an der PKV.
Schon seit Jahren diskutiert die Gesundheitspolitik über die Sinnhaftigkeit des zweigliedrigen Krankenversicherungssystems in Deutschland. Erklärte Gegner des GKV/PKV-Systems sind auf politischer Ebene die SPD, die Grünen und die Linken. Alle drei Parteien sprechen sich in leicht unterschiedlichen Formen für die Einführung einer Bürgerversicherung aus, also einer einheitlichen Krankenversicherung für alle Bundesbürger. Die PKV-Gegner stören sich insbesondere an der unterschiedlichen Honorierung der Ärzte und an der finanziellen Architektur des PKV-Systems.
Aus politischer Sicht endet im Herbst eine brenzlige Legislaturperiode für die Privatversicherer: Denn in der derzeitigen Parteien-Konstellation im Bundestag ist die Union die einzige Kraft, die das zweigliedrige Versicherungssystem erhalten will. Aber auch in der nächsten Legislaturperiode könnte den PKVen Ungemach drohen: Im Falle von Rot-Rot-Grün wären die Tage des derzeitigen Systems wohl gezählt. Und auch in anderen Bündnissen werden SPD, Grüne und Linke weiter die Bürgerversicherung fordern. Zumindest im nun begonnenen Wahlkampf haben diese drei Parteien diese Forderungen nun wieder lauter geltend gemacht.
Der PKV-Verband hat daher eine PR-Kampagne mit dem Namen „Starke Stimmen“ gestartet, bei der sich bekannte Akteure aus allen Teilen des Gesundheitswesens für den Erhalt des PKV-Systems aussprechen. Mit dabei sind Vertreter aus der Ärzteschaft, wie etwa Bundesärztekammer-Präsident Frank-Ulrich Montgomery, Klinikvertreter, der Bund Deutscher Arbeitgeberverbände – und auch zwei namhafte Vertreter der Apotheker: In kurzen Video-Statements erklären Fritz Becker, Chef des deutschen und des baden-württembergischen Apothekerverbandes, und Lutz Engelen, Präsident der Apothekerkammer Nordrhein, warum das System aus ihrer Sicht nicht verändert werden sollte.
Becker weist zunächst darauf hin, dass Arzneimittel in der PKV teilweise „besser“ erstattet werden als in der gesetzlichen Krankenversicherung. Auch weil es den Kontrahierungszwang gebe, stehe das deutsche Gesundheitswesen im internationalen Vergleich „gut da“, meint der DAV-Chef. Becker begrüßt auch die Wahlfreiheit im derzeitigen System. Außerdem sei es gut, dass die Arzneimittelpreisverordnung für alle gleich gelte, also das Prinzip „gleiche Preise für Arzneimittel überall“. Der Apotheker-Chef kommt daher zu dem Schluss: „Bewährtes sollte man nicht ändern“.
Video-Statement des PKV-Verbandes. Hier Fritz Becker.
Apotheker: Pro Jahr 123 Millionen Euro mehr durch PKV
Noch deutlicher ist das Video-Statement von Kammerchef Lutz Engelen. Der Apotheker erklärt, dass er immer wieder erlebe, dass niederländische Patienten Versorgungsleistungen hierzulande wahrnehmen, weil das deutsche Versorgungssystem sehr gut sei. Engelen begrüßt es, dass insbesondere bei der PKV innovative und neue Arzneimittel versorgt werden. Die Privatversicherer unterstützten somit die Forschung und „übernehmen somit auch ein Stück weit gesellschaftliche Verantwortung“.
So wie Becker will Engelen die Wahlfreiheit bewahren, um auch den Qualitätswettbewerb zu erhalten. Die Bürgerversicherung nennt der Kammerchef „Einheitsbrei“. Engelen dazu: „Je mehr Monopolcharakter eine Struktur bekommt, desto langsamer und weniger aktiv wird sie.“ Auch die Geschichte der DDR habe gezeigt, dass Sachen wegen „mangelnder Entwicklung“ und „mangelnder Entfaltungsmöglichkeit“ aufgegeben werden mussten. Das System sei „filigran“, Engelen warnt davor, das „Kartenhaus“ zum Einstürzen zu bringen.
Lutz Engelen, Präsident der Apothekerkammer Nordrhein (Video: PKV-Verband)
Aber warum hat sich der PKV-Verband die Apotheker für seine Kampagne ausgesucht? Ein Verbandssprecher erinnerte daran, dass die Pharmazeuten durchaus auch wirtschaftliche Interessen an dem zweigliedrigen System haben. „Für Apotheken ergeben sich größere Unterschiede daraus, ob ein Medikament an einen GKV-Versicherten oder einen Privatversicherten abgeben wird. Apotheken gewähren Privatversicherten im Gegensatz zu GKV-Versicherten keinen gesetzlichen Apothekenrabatt. Zudem profitieren Apotheken vom höheren Durchschnittspreis der abgegebenen Medikamente bei Privatversicherten. Daraus ergeben sich Mehreinnahmen für die Apotheken durch die Privatversicherten in Höhe von 123 Millionen Euro im Jahr.“
In der Tat hatte der PKV-Verband mit Hilfe einer Studie zuletzt darauf hingewiesen, dass Apotheker vom GKV/PKV-System finanziell profitieren. Alleine durch den nicht vorhandenen Kassenabschlag habe die GKV ihre Arzneimittelausgaben im Jahr 2015 laut Arzneiverordnungsreport 2016 um insgesamt 1,088 Milliarden Euro senken können – Einsparungen, die im PKV-System nicht vorhanden sind. Nach PKV-Rechnungsdaten seien im Jahr 2015 insgesamt 58,9 Millionen Packungen zulasten der PKV an deren Versicherte abgegeben worden. Multipliziert mit dem Apothekenabschlag bringe das für die Apotheken Mehreinnahmen von 104,3 Millionen Euro.
Warum profitieren Apotheker von der PKV?
Eine Anfrage bei der ABDA zu der Kooperation mit dem PKV-Verband wurde von einem Sprecher eher vage beantwortet. Auf die Frage, welche Vorteile das PKV-System aus Sicht der ABDA für die Apotheke vor Ort habe, wies der Sprecher ohne weiteren Kommentar auf das Video-Interview mit Fritz Becker hin. Und zur Frage, warum sich Becker und Engelen an der PKV-Kampagne beteiligten, hieß es, dass Becker angefragt worden sei, zu Engelen könne nur die Kammer Nordrhein Auskunft geben. Aber auch die Kammer Nordrhein wollte das Interview zunächst nicht kommentieren.
9 Kommentare
Alles wird eins:-)
von Sven Larisch am 26.07.2017 um 11:07 Uhr
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Befreiungsschlag
von Dominik Müller am 26.07.2017 um 10:32 Uhr
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AW: Befreiungsschlag
von Christiane Patzelt am 26.07.2017 um 20:43 Uhr
PKV
von Peter Lahr am 26.07.2017 um 10:26 Uhr
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Kommentar"Bewährtes sollte man nicht ändern"???
von Manfred Hildebrandt am 26.07.2017 um 8:51 Uhr
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Vollständiges Interview
von Gerhard Zück am 25.07.2017 um 20:38 Uhr
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AW: Vollständiges Interview
von Benjamin Rohrer am 26.07.2017 um 9:17 Uhr
„Bewährtes sollte man nicht ändern“???
von Lothar Ketterer am 25.07.2017 um 16:55 Uhr
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AW: „Bewährtes sollte man nicht ändern
von cw am 27.07.2017 um 1:37 Uhr
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