Melsungen

SPD-Politiker Franke will „Bedrohung durch den Versandhandel“ regeln

Melsungen - 28.07.2017, 09:00 Uhr

Die Apothekerinnen der Aesculap-Apotheke Melsungen sagten dem
SPD-Politiker, wo der Schuh drückt (v.l.): Apothekenleiterin Eva Seitz,
Apothekerin Ulrike Hund, Dr. Edgar Franke und Apothekerin Claudia Wegener. 

Foto: DAZ / diz)

Die Apothekerinnen der Aesculap-Apotheke Melsungen sagten dem SPD-Politiker, wo der Schuh drückt (v.l.): Apothekenleiterin Eva Seitz, Apothekerin Ulrike Hund, Dr. Edgar Franke und Apothekerin Claudia Wegener. Foto: DAZ / diz)


 „Wir werden eine Regelung für die Bedrohung durch den Versandhandel finden.“ Da ist sich Edgar Franke (SPD), Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im Deutschen Bundestag, „ziemlich sicher“: „Nach der Wahl werden wir eine Regelung finden, um die Apotheken vor einem unfairen Wettbewerb zu schützen.“ Beim Besuch der Aesculap-Apotheke im hessischen Melsungen informierte sich Franke über die Sorgen und Nöte von Apotheken.

Apothekerin Claudia Wegener, Mitarbeiterin der Aesculap-Apotheke in Melsungen, hatte nicht locker gelassen: Sie lud den für ihre Region zuständigen Gesundheitspolitiker zu einem Gespräch in die Apotheke. In Zeiten des Wahlkampfs stehen die Chancen gut, dass Politiker kommen. Melsungen liegt in Frankes Wahlkreis Schwalm-Eder. Franke zögerte nicht lange und besuchte die Apotheke. Im Mittelpunkt des Gesprächs stand die Frage: Warum hat die SPD das von der Union eingebrachte Gesetz für ein Rx-Versandverbot blockiert?

Apothekerin Wegener machte zusammen mit Ihrer Kollegin Ulrike Hund und Apothekeninhaberin Eva Seitz dem Gesundheitspolitiker klar, dass sie die Blockadehaltung der SPD nicht verstehen konnten. „Warum hat die SPD einem Verbot des Rx-Versands nicht zugestimmt? Warum sollte so eine Verbot in Deutschland nicht möglich sein, wo doch in vielen anderen europäischen Ländern keine verschreibungspflichtigen Arzneimittel versendet werden dürfen?“, wollten die Apothekerinnen wissen. 

„Für Werbegeschenke haben Apotheken auch Geld"

Als Politik- und Rechtswissenschaftler sei es für ihn klar gewesen, so Franke, dass ein Rx-Versandverbot verfassungsrechtlich und europarechtlich nicht haltbar gewesen wäre: „Den Versandhandel von Rx-Arzneimitteln verbieten zu wollen, nachdem er 13 Jahre lang erlaubt gewesen war, wäre gescheitert.“ Man hätte eindeutige Zahlen vorlegen müssen, dass der Rx-Versand eine Gefahr bedeute. Sein Vorschlag sei daher gewesen, Rx-Boni über das Sozialrecht zunächst für einen Zeitraum von zwei Jahren zu verbieten mit der Ausnahme von geringfügigen Werbegaben im Wert von bis zu einem Euro. „Während dieses Zeitraums hätte man in Ruhe eine hieb- und stichfeste Lösung gefunden, um deutsche Apotheken vor einen unfairen Wettbewerb zu schützen“, ist sich Franke sicher. „Aber“, so warfen die Apothekerinnen ein, „da hätte doch die Sorge bestanden, den Bonus von 1 Euro nicht mehr loszuwerden.“ Und 1 Euro weniger pro Packung sei auf Dauer nicht zu machen, wofür Franke zwar Verständnis zeigte, „aber andererseits haben Apotheken auch Geld für Werbegeschenke und Kundenzeitschriften“. 

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„Beim Honorar für den Medikationsplan muss etwas passieren“

Ungeachtet dessen sei ihm aber klar: „Wir müssen handeln.“ Sein Vorschlag, den Rx-Bonus auf 1 Euro zu deckeln, hätte den Vorteil gehabt, erst einmal den Status quo zu sichern, bis man ein neues rechtssicheres System gefunden hätte. Man hätte beispielsweise den Apotheken eine Kompensation verschaffen können durch ein Honorar für den Medikationsplan, eine Erhöhung des Nacht- und Notdienstfonds und eine wie auch immer geartete Umlage zugunsten von Landapotheken. „Ich gehöre nicht zu den Ideologen“, so Franke, „ich bin ein absoluter Pragmatiker, wir hätten hier eine Lösung gefunden.“ 

Ihm sei klar, dass man die Kompetenz des Apothekers heute besser nutzen, aber auch honorieren müsse. Zudem müssten die Apotheken vor einem unfairen Wettbewerb geschützt werden. Da aber ein Rx-Versandverbot „wohl eher nicht“ kommen werde, setze er alles daran, andere Lösungen zu finden: „Wir brauchen Apotheken auch in der Fläche und wir brauchen die Beratungsleistung der Apotheker. Deshalb“, so der SPD-Gesundheitspolitiker, „muss da etwas beim Honorar für den Medikationsplan passieren. Wir werden das hinbekommen.“

Franke will die Probleme ernst nehmen

Und bevor sich der Gesundheitspolitiker Edgar Franke auf den Weg zum nächsten Termin machen konnte, zeigten ihm Apothekeninhaberin Eva Seitz und ihre beiden Approbierten ihre Apotheke, führten ihn ins Labor, in die Rezeptur und machten ihm deutlich, wie wichtig die Apotheke beim  Check der Rezepte und bei der Beratung sei. „Ihre Probleme mit der Bedrohung durch den Versandhandel nehme ich ernst, das sehe ich durchaus“, so Frankes Worte beim Abschied, „ich bin ziemlich sicher, wir werden eine Regelung finden.“ 



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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9 Kommentare

Hätte, hätte, Fahrradkette

von Christoph Gulde am 29.07.2017 um 15:28 Uhr

... die SPD wollte einfach nicht!
DoMo hat noch jede neue gesetzliche Regelung umgangen bzw. ignoriert - auch eine Bonusbeschränkung wäre da nur eine neue Lachplatte. Überschreitung von Gesetzen bis irgendein Gericht die Gesetzesüberschreitung für rechtens erklärt ist doch Geschäftsmodell.
Weil DoMo sich an nichts hält, für nichts sanktioniert wird, gibt es doch überhaupt erst die Notwendigkeit den RX-Versandhandel wieder zu verbieten.
Geld muss Domo offensichtlich nicht verdienen - das wird über die Börse geholt und dann verbrannt.
Aber die Arbeitsplätze, die gehen hier verloren, zusammen mit allen Folgeausfällen.
Muss ich verstehen, warum ausgerechnet die SPD den ausländischen Versandhandel so schützt? Ihre Hand so stur über ausländische Kapitalgesellschaften hält? Deren Ziel nur die Disruption ist? (tolles Wort-oder?)
Und nur nebenbei: Wenn das europäische Ausland das Heil für das deutsche Gesundheitssystem bringen soll, warum dann nicht endlich auch den Wettbewerb mit den deutschen Krankenkassen. Wann wird diese verkrustete Struktur endlich aufgebrochen? Hier kann der Versicherte mehr als eine Handvoll Boni sp(d)aren.

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SPD Politiker will Versandhandel regeln

von Alexander Zeitler am 29.07.2017 um 2:01 Uhr

Ganz am Ende steht der Satz: Wir jammern und machen Werbegeschenke und verschenken Zeitungen.
Als Vertretungs-Apotheker staune ich manchmal nicht schlecht, was da zusätzlich zur UMSCHAU noch so alles verschenkt wird. Ich versuche darzulegen, dass das das falsche Signal ist und sogar bei der Politik ankommt.

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SPD

von Horst Wycisk am 28.07.2017 um 14:22 Uhr

Gibt es in der BRD inzwischen ZWEI verschiedene SPD(en)?
Die EINE die keinen RX-Versandhandel verbieten will wegen dem tollen Wettbewerb und der Billig-Versorgung für die mündigen Bundesbürger und
die ANDERE die bejammert, wenn es immer weniger Apotheken gibt und z.B. der Notdienst für den die Billigversorgung liebenden mündigen Bundesbürger dadurch schlecht wird (siehe DAZ online vom 17. Juli 2017, Artikel über Notdienst in der NRW-Stadt Ahlen).

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Lösung

von Anita Peter am 28.07.2017 um 11:30 Uhr

Den Lösungsvorschlag gab es doch schon von Ihrem Parteikollegen Lauterbach. RXVV und Befreiung der Chroniker. Das ist ein ECHTER Kompromiss, da beide Parteien aufeinander zugehen. Das Geld für die Befreiung der Chroniker ist da, der Staat schmeisst ja an anderen Stellen auch nur so mit Geld um sich.
Und selbst der Generalanwalt und die EUGH Richter haben festgestellt, dass das RXVV möglich ist.
Wenn das RXVV nicht kommt, wird die Preisbindung komplett fallen. Und da bin ich mal auf die Lösungsvorschläge der Rot/Grünen gespannt....

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Schönrechnen die x-te....

von gabriela aures am 28.07.2017 um 10:57 Uhr

Ja, die lieben PolitikerInnen.
Voller Verständnis und bar jeglichen Bezugs zur Realität.

1.Ein Zwangsbonus von 1€ macht im Schnitt einen Ertragseinbruch von 30.000 € p.a. - soviel gibt doch keine Apotheke (im Schnitt) für Zeitschriften und Werbegeschenke aus.

2. Sterben an dem Bonus nicht genug Apotheken, bleibt er erhalten - denn ist ja ein Beweis dafür, daß wir ein (zu) üppiges Honorar erhalten.

3. Sinkt die Zahl der Apotheken doch signifikant, gibt's rot-grün-gelbe Krokodilstränen und die Erkenntnis, daß JETZT der Versandhandel wichtiger denn je sein wird.

Und diese ewige Kritik, daß es keine verläßlichen Prognosen zur Negativ-Entwicklung der Apothekenzahl gegeben hätte.
Herrschaften, erinnert Euch mal an die Wahlprognose für die SPD in NRW und denkt nochmal feste nach.

Haben nicht erst kürzlich diverse PolitikerInnen kleinlaut eingestanden, daß sie die Entwicklung der Versandzahlen beunruhigt und (völlig wider Erwarten) ja doch eine Gefahr für die flächendeckende Versorgung darstellt ?
Da war Herr Franke wohl gerade "zu Tisch" ?

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Werbegeschenke vs 1 € Bonus

von Frank Zacharias am 28.07.2017 um 10:23 Uhr

Ich finde es mehr als anmassend, die Werbeausgaben der Apotheken gegen den Rx-Bonus anzuführen.

Der Bonus soll aus unserem Beratungshonorar gezahlt werden, Da sind Werbeausgaben gar nicht einzurechnen und werden das auch nicht.
Dieses Honorar ist ausschliesslich dafür da, die Leistung rund um die Rezeptbelieferung zu bezahlen. Selbst dafür reicht die Höhe nicht aus.
Derartige Kosten werden in den Apotheken im OTC-Bereich erwirtschaftet.
Herr Franke kann doch auch seine Altersvorsorge aus der Bürokostenpauschale bezahlen, statt auf Steuerzahlerkosten seine Pension zu beziehen OHNE je selbst einen Euro dafür bezahlt zu haben.
Ich habe das Gerede sooooo satt.

Gelegenheit war da, Herr Franke. Nur gehandelt haben sie und Ihre Partei nicht. Statt dessen haben sie sich beim Spargel die Halbwahrheiten aus Holland erzählen lassen.

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Verbindlich unverbindlich

von Ulrich Ströh am 28.07.2017 um 10:20 Uhr

Originaltext: "Ziemlich sicher, eine Regelung zu finden..."
Verbindlich unverbindlicher geht nicht.

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ist halt Wahlkampf

von Karl Friedrich Müller am 28.07.2017 um 10:06 Uhr

„Nach der Wahl werden wir eine Regelung finden, um die Apotheken vor einem unfairen Wettbewerb zu schützen.“

Wer es glaubt.

Es wäre jetzt schon möglich (gewesen)
Was hat man alles noch schnell durchgeboxt vor der Wahl, sogar eine Grundgesetzänderung. Ohne "rechtliche Bedenken".
Aber da stützt man , also CDU und SPD, auch Konzerne.
Auch bei der Automobilindustrie hat man keinerlei Bedenken gehabt und sogar Betrügereien gedeckt.

Ich glaube kein Wort. Sie werden uns einfach verrecken lassen.

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Nach der wahl

von Frank Ebert am 28.07.2017 um 9:59 Uhr

Nach der Wahl braucht sich von der SPD keiner meiner Gedanken zu machen.

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