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Sachsen-Anhalt
Apotheker streiten über Festival-Apotheke
Wenn im Industriedenkmal Ferropolis im sachsen-anhaltinischen Gräfenhainichen Musik-Festivals stattfinden, ist auch seit Jahren Apotheker Michael Spiegel mit seiner Festival-Apotheke vor Ort. Doch die Einrichtung, die die Besucher vor allem mit rezeptfreiem Sortiment versorgt, stört jetzt anscheinend andere Apotheker aus der Umgebung.
Wenn die Musiker von Kool Savas, Genetikk oder Von Wegen Lisbeth inmitten des Gremminer Sees im Industriedenkmal Ferropolis die Besucher der Musik-Festivals „Splash!“ oder „Melt!“ zum Ausflippen bringen, ist Apotheker Michael Spiegel auch häufig dabei. Das Ferropolis-Gelände (ein Freilichtmuseum zum ehemaligen Braunkohle-Tagebau) liegt direkt vor den Toren der rund 12.000-Einwohner-Stadt Gräfenhainichen, etwa 20 Kilometer südwestlich von Wittenberg in Sachsen-Anhalt. In Gräfenhainichen betreibt Spiegel seine Linden-Apotheke.
Bei den Festivals ist er regelmäßig mit der „Festival-Apotheke“ vor Ort in der „Stadt aus Eisen“, Ferropolis, vertreten. Aus einem Wohnmobil heraus versorgt er die Besucher der Events vor allem mit vielen rezeptfreien Produkten. „Da gehen zum Beispiel Kondom-Packungen über die Ladentheke“, sagt Spiegel. Oder auch mal was gegen Kopfschmerzen oder rezeptfreie Salben gegen Mückenstiche. Allerdings bietet der Apotheker auch einen Botendienst-ähnlichen Service der Linden-Apotheke an, Arzneimittel auf Rezept in seiner Hauptoffizin zu bestellen. „Die werden dann in der Linden-Apotheke bestellt und kommen per Auto aus der Apotheke in die Festival-Apotheke“, sagt der Apotheker. Weder habe er auf dem Ferropolis-Gelände rezeptpflichtige Medikamente gelagert, noch gebe es „einen Verkauf direkt aus dem Auto heraus“, sagt Spiegel.
Leute wollen das Festival-Gelände nicht für Aspirin verlassen
Genau das aber werfen ihm nun Apotheker aus der Umgebung im Landkreis Wittenberg vor. Ihrer Ansicht nach sei „der Pillen-Verkauf in Ferropolis genehmigungspflichtig“, zitiert die Mitteldeutsche Zeitung einen Apotheker, der seine Offizin im über 20 Kilometer entfernten Dessau-Roßlau betreibt. Auch eine Kollegin aus Gräfenhainichen, die etwa während des Splash!-Festivals im Juli den Notdienst mit ihrer Apotheke leistete, beklagt sich, dass keiner der Festival-Gäste zu ihr gefunden habe.
„Die Leute wollen das Festival-Gelände ja nicht verlassen, um zwei Kilometer bis in die Stadt oder noch weiter zu einer Apotheke zu fahren“, sagt Spiegel gegenüber DAZ.online. Deshalb seien damals 2011 unter anderem die, die während der Festivals die Ersthelfer vor Ort organisierten, auf ihn zugekommen und hätten ihn gefragt, ob man nicht einen Apotheken-Dienst auf dem Festival-Gelände machen könne. Spiegel, der auch bei Ferropolis engagiert ist, habe da gerne zugesagt. „Wir machen das hier ehrenamtlich. Alle, die in der Festival-Apotheke helfen, machen das umsonst“, erklärt er. Reich werde man dort auch nicht. „Für die Umsätze würden andere nicht mal die Apotheke aufschließen“, sagt Spiegel.
„Ich helfe den Menschen gerne“, sagt der Apotheker. Deshalb stehe er vor Ort auch gerne mit Rat und Tat zur Stelle. Auch das Landesverwaltungsamt und die Apothekerkammer habe er damals angesprochen. „Die haben alle ihr ok gegeben, allerdings leider nur mündlich“, sagt Spiegel. Die Geschäftsführerin der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt sagt dazu, man kenne den Sachverhalt erst seit Kurzem. „Das wird derzeit überprüft, unsere juristische Abteilung kümmert sich darum“, sagt sie. Auch das Landesverwaltungsamt prüft „nach einem Hinweis vom 18. Juli“ nun „den Sachverhalt“, zitiert die Mitteldeutsche Zeitung eine Sprecherin des Amtes.
„Mich hat nie ein anderer Apotheker persönlich angesprochen“
Verstehen kann Spiegel die Aufregung indes nicht. „Mich hat persönlich nie einer darauf angesprochen. Wenn die anderen Apotheker wollen, können sie sich sehr gerne hinter den Tresen der Festival-Apotheke stellen“, sagt er. Er habe nichts dagegen einzuwenden, wenn auch andere Apotheker den Dienst vor Ort leisteten, sagt er. Dass man ihm nun so etwa mit Hinweisen an das Amt in den Rücken falle, „das tut schon ein bisschen weh“, sagt Spiegel.
Auch anderen, neuen Geschäftsmodellen gegenüber ist Apotheker Spiegel sehr aufgeschlossen. Wegen eines dieser Geschäftsmodelle muss sich der Pharmazeut derzeit ebenfalls erwehren. Seine Apotheke wurde von einer US-Kanzlei im Auftrag eines Münchner Apothekers in einem Musterprozess verklagt. Dabei geht es um die Versand-Apotheke der Linden-Apotheke, die einen Shop bei der Internet-Verkaufsplattform Amazon betreibt. Laut der Klage geht es dabei um mögliche Verstöße gegen das Datenschutz-Gesetz. Insgesamt hatte die Kanzlei zuvor bundesweit 41 Apotheken abgemahnt und führt den Prozess gegen Spiegel als Musterprozess.
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von Daniel S. am 01.08.2017 um 11:58 Uhr
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