EU-Dienstleistungspaket

Apotheker, Ärzte und Zahnärzte wehren sich gegen neue EU-Richtlinie

Berlin - 30.08.2017, 11:45 Uhr

Scharfe Kritik an Richtlinienvorschlag: Apotheker haben mit Ärzten und Zahnärzten an mehrere EU-Abgeordnete geschrieben, um eine Ausnahmeregelung beim sogenannten Dienstleistungspaket der EU-Kommission zu bewirken. (Foto: dpa)

Scharfe Kritik an Richtlinienvorschlag: Apotheker haben mit Ärzten und Zahnärzten an mehrere EU-Abgeordnete geschrieben, um eine Ausnahmeregelung beim sogenannten Dienstleistungspaket der EU-Kommission zu bewirken. (Foto: dpa)


Erneut könnte eine Entscheidung auf EU-Ebene die Apotheker verärgern. Die EU-Kommission plant nämlich ein sogenanntes Dienstleistungspaket, nach dem nationale Reglementierungen bei freien Berufen künftig mit dem Rest Europas abgestimmt werden sollen. Gemeinsam mit den Standesorganisationen von Ärzten, Zahnärzten und Psychotherapeuten hat die ABDA nun mehrere EU-Abgeordnete angeschrieben, um zu erreichen, dass es für freie Heilberufler Ausnahmen gibt.

Auf das EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung hatten die Apotheker im Herbst 2016 mit großem Unverständnis reagiert und infrage gestellt, ob der Gerichtshof mit einem solchen Eingriff in die Gesundheitsversorgung eines Mitgliedstaates nicht seine Kompetenzen überschreite. Ähnlicher Meinung sind einige CDU-Politiker, darunter auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe und Arzneimittelexperte Michael Hennrich, der das EuGH-Urteil seit Monaten genau deswegen kritisiert.

In den kommenden Monaten könnte eine neue Entscheidung auf EU-Ebene nun erneut für Ärger sorgen. Denn die EU-Kommission möchte das sogenannte Dienstleistungspaket auf den Weg bringen. Ziel dieser Richtlinie soll es sein, den Waren-, Kapital- und Dienstleistungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten zu vereinfachen. Im Januar hat die Kommission dazu ihren Richtlinienvorschlag vorgelegt. Dieser besteht aus mehreren Maßnahmen und zielt darauf ab, es Unternehmen und Freiberuflern leichter zu machen, Dienstleistungen in der gesamten EU zu erbringen. Das bedeutet einen potenziellen Kundenkreis von 500 Millionen Menschen, wirbt die Kommission für ihr Vorhaben. Sie will „Impulse für den Dienstleistungssektor“ geben – und diese sollen Verbrauchern, Arbeitssuchenden und Unternehmen zugutekommen und das Wirtschaftswachstum in Europa ankurbeln.

Verhältnismäßigkeitsprüfung für neue Berufsregelungen

Eine der Maßnahmen des Paketes ist der „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen“. Er bezweckt, EU-weite Maßstäbe für die Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer, nationaler Berufsregulierungen oder vor Änderungen bestehender Regelungen festzulegen. Denn bislang ist die Prüfung dieser Regulierung in den Mitgliedstaaten uneinheitlich. Dazu erklärt die Kommission, dass etwa 50 Millionen Menschen, also 22 Prozent aller Erwerbstätigen in Europa, in Berufen arbeiten, deren Ausübung an den Besitz bestimmter Qualifikationen gebunden ist oder in denen das Führen eines bestimmten Titels geschützt ist. Dazu zählen auch Freiberufler wie Apotheker oder Architekten.

Für eine Reihe von Berufen, beispielsweise im Gesundheitsbereich, sei diese Reglementierung häufig gerechtfertigt, räumt die Kommission ein. Doch es gebe auch zahlreiche Fälle, in denen durch „übermäßig umständliche und nicht mehr zeitgemäße Vorschriften“ qualifizierten Bewerbern der Zugang zu Berufen unverhältnismäßig erschwert werde. Das will die Kommission ändern. Dabei räumt sie ein, dass die EU für die Reglementierung oder Liberalisierung freier Berufe nicht zuständig ist – dies sei nach wie vor ein Vorrecht der Mitgliedstaaten. Allerdings, so betont die Kommission, müsse ein Mitgliedstaat nach EU-Recht nachweisen, dass neue nationale Vorschriften für Freiberufler notwendig und angemessen sind.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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