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Deutscher Apothekertag
Gröhe erklärt „Sozis“ und Krankenkassen die Apothekenwelt
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat seinen Auftritt auf dem Deutschen Apothekertag genutzt, um sowohl die SPD als auch die Krankenkassen scharf zu kritisieren. Er habe kein Verständnis dafür, dass eine sozialdemokratische Partei die Rx-Preisbindung aufheben wolle und dass „milliardenschwere“ Krankenkassen jede noch so „kleine“ Honorarerhöhung der Apotheker kritisieren.
So wie viele andere Politiker in Deutschland befindet sich auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) derzeit im Wahlkampf. Der heutige Auftritt beim Deutschen Apotheker in Düsseldorf kam dem Minister dabei sehr gelegen: Schließlich hatte sich der politische Gegner, die SPD, in einem ganz entscheidenden Punkt im Apothekenmarkt gegen ihn gerichtet und war am heutigen Mittwoch in Düsseldorf noch nicht einmal zugegen. Außerdem konnte der Minister den Apothekern noch einmal signalisieren, dass er hinter ihnen steht. Gröhe nutzte diese Chance: In einem Wahlkampf-verschärften Ton griff er die Sozialdemokraten mehrfach für ihre Gesundheitspolitik an.
Doch man merkte schnell: Gröhe ging es nicht nur um polemische Wahlkampf-Aussagen. Der Minister ist überzeugt: Die flächendeckende Arzneimittelversorgung durch die Apotheken vor Ort darf nicht gefährdet werden, sie funktioniert gut und benötigt keine Veränderungen. Und so dauerte es auch nicht lange, dass der Minister es schaffte, die Hauptversammlung der Apotheker zu lautem Beifall zu bewegen. Denn gleich am Anfang seiner Rede positionierte er sich in einer Angelegenheit, die den Apothekern immens wichtig ist. „Das rote ‚A‘ ist der erste rote Anker für die Menschen, die Apotheken sind bei Gesundheitsfragen oft der erste Ansprechpartner. Regulierungen wie das Fremdbesitzverbot haben sich daher bewährt, sie stehen nicht zur Disposition.“
Nächstes Thema: Der Arzneimittel-Versandhandel. Der Minister erklärte, dass er sehr wohl mitbekommen habe, dass er in den Medien teilweise als „Apothekenminister“ bezeichnet worden sei. „Das ist für mich ein Kampfbegriff, mir ist das aber egal, denn ich verstehe mich als Versichertenminister. Die Versicherten brauchen die Apotheken nämlich rund um die Uhr.“
Es folgte eine recht überraschende Passage, in der Gröhe die Krankenkassen in einer Art und Weise angriff, die man von einem Gesundheitsminister bislang nicht kannte. Gröhe sprach über die Honoraranpassungen für Apotheker in den Bereichen Rezepturen und BtM-Abgabe. Zur Erklärung: Der Gesetzgeber hatte im vergangenen Jahr ein neus Rezepturhonorar und höhere BtM-Zuschläge beschlossen, für die die Kassen pro Jahr etwa 100 Millionen Euro ausgeben müssen. Krankenkassenverbände hatten vehement gegen das Gesetz gewettert, weil es für die Anpasung aus ihrer Sicht keine Gründe gebe. Dazu erklärte Gröhe: „Das sind doch vergleichsweise kleine Zahlen, über die wir hier reden. Ich kann es nicht mehr hören, dass die Kassen vortragen: ‚Jetzt ruinierst du uns‘. Und ein paar Tage später kommt eine Meldung über milliardenschwere Rekordzahlen und Kassen-Überschüsse.“
Gröhe: Es geht nur um kleine Honoraranpassungen
Doch damit nicht genug. Gröhe sagte, er wolle nicht die Rolle eines PR-Beraters für Krankenkassen übernehmen. „Wenn ich für eine Krankenkasse arbeiten würde, würde ich nicht den Eindruck erwecken wollen, dass jede Leistungsverbesserung eine zu viel ist.“ Er sei der festen Überzeugung, dass Qualität Geld koste. Das Beispiel Hilfsmittelversorgung habe ihm gezeigt: „Wenn die Verbesserung der Versorgungsqualität mal 50 Millionen Euro kostet, dann ist das nun mal so.“ Auch in Sachen Zytostatika-Versorgung ging Gröhe mit den Kassen hart ins Gericht. Zur Vorgeschichte: Der Gesetzgeber hatte die exklusiven Zyto-Verträge zwischen Kassen und Apothekern kürzlich abgeschafft, mit einer dreimonatigen Frist. Viele Kassen schrieben trotz beschlossenem Gesetz jedoch noch einmal neu aus – obwohl das Ministerium sie davon abhalten wollte. Gröhe dazu: „Die Krankenkassen haben da auf Zeit gespielt, das ist jetzt vorbei. Aber eines kann ich Ihnen sagen: Dieser Vorgang bleibt unvergessen!“
Nachdem er mit den Kassen abgerechnet hatte, geriet die SPD ins Kreuzfeuer des Ministers. Zunächst griff er den ehemaligen SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel an. Gabriels Ministerium hatte sich in der Ressortabstimmung zum Rx-Versandverbot aus juristischen Gründen gegen das Verbot ausgesprochen. In Richtung Gabriel sagte Gröhe: „Ich hätte mir gewünscht, er hätte für die 150.000 Beschäftigten in unseren Apotheken genauso viel getan, wie für die 15.000 Beschäftigten von Kaisers Tengelmann.“
„Dass ich den Sozis das alles erklären musste!"
Grundsätzlich habe er kein Verständnis dafür, dass eine sozialdemokratische Partei solche Positionen verfolge. „Ich hätte niemals gedacht, dass ich den Sozis noch einmal erklären muss, dass Preiswettkampf in der Versorgung nicht geht und dass das Sachleistungsprinzip und die Schnäppchenjagd nicht zusammenpassen.“ Zur Rechtfertigung des Rx-Versandverbotes deutete der Minister auch auf das vom Deutsche Apotheker Verlag und der Noweda in Auftrag gegebene wettbewerbsökonomische Gutachten hin. Dieses habe belegt, dass schon „ein kleiner Zuwachs“ des Versandhandels große Auswirkungen auf den Apothekenmarkt haben könnten. Auch das Argument, dass insbesondere Chroniker und finanziell schlechter gestellte Menschen von Rx-Boni profitiere könnten, ließ der Minister nicht gelten. „Die Nerds können sich dann zwar die besten Preise aus dem Internet suchen, aber auch die wollen nachts gut und in der Nähe versorgt werden.“
Für eventuelle Koalitionsverhandlungen kündigte der CDU-Politiker an, dass das Versandverbot ein „sehr, sehr wichtiger Punkt“ sein werde. „Wir werden alles, das in unserer Kraft liegt, dafür tun, dass das Rx-Versandverbot kommt.“ Relativ unkonkret waren Gröhes Einlassungen allerdings zum Thema Medikationsplan. Der Minister war in den vergangenen Monaten dafür kritisiert worden, dass der Plan nur auf Papier verfügbar ist. Die Apotheker hatten bemängelt, dass sie so gut wie keine Rolle spielen.
Gröhe bezeichnete den Medikationsplan in seiner jetzigen Form als „Übergangsform“. Den Plan werde es bald auch „endlich elektronisch“ geben. Einen genauen Zeitpunkt nannte der Minister aber nicht. Zur Rolle der Apotheker erklärte der Minister, dass er mit Hilfe des Planes die Beratung stärken wolle. Über eine eventuelle Vergütung sagte Gröhe aber nichts. Schließlich äußerte sich der Minister auch zum Thema Lieferengpässe. Gröhe versprach, das Thema weiter im Auge zu behalten. Mit dem Arzneimittelversorgungs-Stärkungsgesetz (AMVSG) habe man wichtige Schritte zur Sicherheit in der Lieferkette etabliert, etwa die neuen Meldepflichten, das Register beim BfArM oder der Jour Fixe der Lieferketten-Beteiligten.
6 Kommentare
Wirklich alles?
von Christian Becker am 14.09.2017 um 17:46 Uhr
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Wirklich alles?
von Christian Becker am 14.09.2017 um 17:46 Uhr
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Danke Herr Bundesminister!
von Dr. Arnulf Diesel am 14.09.2017 um 13:13 Uhr
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Den Sozis den Spiegel vorgehalten -
von Alfons Neumann am 13.09.2017 um 23:14 Uhr
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Gröhe
von Frank ebert am 13.09.2017 um 22:30 Uhr
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Pflaster auf meine Seele
von Christiane Patzelt am 13.09.2017 um 19:14 Uhr
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