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Landtagswahl Niedersachsen
CDU und FDP buhlen um Apotheker-Stimmen
Die anstehende Landtagswahl in Niedersachsen ist aus vielen Gründen eine besondere Wahl. Erst nach ihr sollen die Sondierungsgespräche im Bund starten. Auch was die Machtverhältnisse betrifft, schwimmt Niedersachsen gegen den Strom. Und mit Blick auf die Apothekenthemen zeigt sich: Entgegen dem Bundestrend setzt sich die FDP verstärkt für die Interessen der Apotheker ein. Aber auch das CDU-Wahlprogramm dürfte vielen Pharmazeuten gefallen.
In Niedersachsen regiert derzeit eine rot-grüne Regierung aus SPD und Grünen, Ministerpräsident ist Stephan Weil (SPD). Nach der Landtagswahl 2013 erhielt die schwarz-gelbe Vorgänger-Regierung von Weil einen Sitz weniger als SPD und Grüne. Aber auch Rot-Grün hatte nur einen Sitz mehr im Parlament als die erforderliche Mehrheit. Als dann im August 2017 die Grünen-Abgeordnete Elke Twesten von den Grünen zur CDU wechselte, verlor die Landesregierung schlagartig ihre Mehrheit im Parlament. Die für Januar 2018 geplanten Landtagswahlen mussten wegen Twestens Manöver somit auf den 15. Oktober vorgezogen werden.
In den derzeitigen Umfragen zeigt sich, dass Niedersachsens Wähler sich offenbar einigen Bundestrends entziehen. Dort sind nämlich die Volksparteien CDU und SPD weiterhin so stark und fast gleichauf, dass die kleineren Parteien weitaus geringere Aussichten auf Erfolg haben als bei der kürzlich stattgefundenen Bundestagswahl. So kratzen AfD und Linke in den Umfragen derzeit an der 5-Prozent-Hürde, die FDP schwankt zwischen 6 und 8 Prozent, die Grünen zwischen 8 und 10 Prozent.
Stationsapotheker ohne Erwähnung in den Wahlprogrammen
In einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland kündigte Ministerpräsident Stephan Weil kürzlich an, dass die Gesundheitspolitik eines der Top-Themen der nächsten Legislaturperiode sein werde. Als Beispiel nannte er den Personalmangel in der Pflege und das zweigliedrige Krankenversicherungs-System hierzulande. Arzneimittel- oder Apothekerthemen hob Weil allerdings nicht hervor. Und auch ein Blick in das Wahlprogramm der SPD zeigt: Die Sozialdemokraten beziehen zu den „heißen“ Apothekerthemen Versandhandel, Honorar oder den pharmazeutischen Dienstleistungen keine Stellung.
Die SPD Niedersachsen kündigt aber an, den Digitalisierungsprozess im Gesundheitswesen durch Modellprojekte vorantreiben zu wollen. Es müsse eine „einheitliche und vernetzte elektronische Patientenakte“ geben. Und: „Die elektronische Vernetzung zwischen Ärztinnen, Ärzten und Apotheken erhöht die Medikationssicherheit für Patientinnen und Patienten und hilft, unerwünschte Wechselwirkungen von Medikamenten auszuschließen.“ Allerdings hatte die SPD-Gesundheitsministerin aus Niedersachsen, Cornelia Rundt, sich in den vergangenen Monaten verstärkt für das Rx-Versandverbot eingesetzt. Im Gegensatz zur SPD-Bundestagsfraktion unterstützte sie das Verbot, Niedersachsen stimmte daher auch für einen entsprechenden Bundesratsantrag aus Bayern.
Ein Projekt der rot-grünen Landesregierung, das insbesondere bei der Apothekerkammer im Land großen Anklang fand, waren die Stationsapotheker. Einem Gesetzentwurf zufolge soll es in allen etwa 180 Kliniken des Bundeslandes Pharmazeuten geben, die die Arzneimitteltherapiesicherheit der Stationspatienten verbessern sollen. In den Wahlprogrammen von SPD und Grünen ist von diesem Projekt allerdings keine Rede mehr. Wie es mit dem Entwurf in der nächsten Legislaturperiode weitergeht, ist je nach Wahlergebnis also völlig offen.
So wie die SPD thematisieren auch die Grünen Arzneimittelthemen nur am Rande in ihrem Programm. Interessant ist, dass die Partei ein „Pilotprojekt zur geregelten Abgabe von Cannabis in Apotheken“ starten möchte. Ein wichtiges Thema sind den Grünen die Antibiotika-Resistenzen. So will die Partei sicherstellen, dass keine Reserveantibiotika mehr in der Tierhaltung angewendet werden. Und auch in den Krankenhäusern müsse mehr im Bereich Hygiene passieren, fordern die Grünen. So müsse es verbindliche Screenings und Hygienestandards in den Kliniken geben.
FDP und CDU: Versorgung nur mit Apotheke vor Ort
Während sich die beiden Regierungsparteien nicht um die aktuellen Apothekenthemen kümmern, sehen CDU und FDP darin wohl durchaus eine Chance. Insbesondere das FDP-Wahlprogramm überrascht, weil es sich klar gegen einige Aussagen der Bundes-FDP zum Versandhandel und zum Fremdbesitzverbot stellt. So heißt es im gesundheitspolitischen Teil zwar zunächst: „Wir wollen die Struktur der Arzneimittelversorgung durch Vor-Ort-und Versandapotheken beibehalten.“ Dann allerdings stellen die Liberalen aus Niedersachsen klar, welche Prämisse für sie gilt: „Dabei muss durch europarechtskonforme Rahmenbedingungen der Wettbewerb so gestaltet werden, dass die besonderen Leistungen der Vor-Ort-Apotheken angemessen honoriert werden und die Versandapotheken keine ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteile erzielen können.“ Zum Thema Rx-Versandverbot äußert sich die FDP allerdings nicht.
Der Bundesparteitag der Liberalen hatte vor einigen Monaten die Aufhebung des Fremdbesitzverbotes gefordert. Und auch dazu hat die FDP in Niedersachsen eine andere Meinung: „Das Fremdbesitzverbot muss beibehalten werden, denn wir wollen, dass weiterhin alle Apotheken in Deutschland durch unabhängige und persönlich haftendende Apothekerinnen und Apotheker geführt werden“, heißt es recht deutlich im FDP-Wahlprogramm. Außerdem fordern die Liberalen die Aufrechterhaltung der freien Arzt- und Apothekenwahl. Interessant ist auch die Forderung nach einer verbindlichen Impfpflicht für alle Kinder bis 14 Jahre. Außerdem setzt sich die FDP für schnellere Gerichtsverfahren zwischen Leistungserbringern, Patienten und Krankenkassen ein. Es sei „nicht akzeptabel“, dass Klagen von Leistungsempfängern und Leistungserbringern erst so spät entschieden würden, dass Patienten oder Heilberufler in „existenzielle“ Not geraten.
CDU: Innovative Versorgungsmodelle nur mit Apotheken
Einen sehr deutlichen und ausführlichen Teil zur Arzneimittelversorgung enthält auch das Wahlprogramm der CDU Niedersachsen. Die Christdemokraten halten fest: „Wir wollen die wohnortnahe unabhängige apothekerliche Versorgung der Bürgerinnen und Bürger mit Arzneimitteln durch den Erhalt des Fremd- und Mehrbesitzverbotes und die Einführung eines Verbotes des Versandhandels für verschreibungspflichtige Arzneimittel gewährleisten.“ Und weiter: „Zu den Grundlagen eines leistungsfähigen Gesundheitswesens gehören die freie Arzt-, Apotheken- und Krankenhauswahl, wohnortnahe Versorgung, Transparenz und Therapiefreiheit ebenso wie die Unabhängigkeit der freien Gesundheitsberufe.“
Was die Arzneimittelversorgung auf dem Land betrifft, hält die CDU von neuen Anbietern auf dem Markt offenbar wenig. In ihrem Programm stellen die Christdemokraten klar: „Neben der wohnortnahen ambulanten ärztlichen Versorgung ist auch eine verlässliche Versorgung mit Arzneimitteln und eine qualifizierte Beratung durch Apotheker vor Ort notwendig. Wo dies nicht mehr gewährleistet ist, werden wir verstärkt auch auf mobile Lösungen durch Apotheken vor Ort (z. B. Botendienste) setzen.“ Und weiter: Die Kammern und Verbände der Ärzte und Apotheker im Land sollen gemeinsam mit der Landesregierung „neue Mobilitätskonzepte zur ärztlichen und medikamentösen Versorgung im ländlichen Raum“ entwickeln.
Das Programm der Linken enthält ausführliche Schilderungen zur Krankenhaus- und Pflegepolitik, allerdings keine Forderungen zu Arzneimittel- oder Apothekenthemen. Auch die AfD äußert sich nicht zu diesen Themen.
1 Kommentar
Als Apotheker (noch) FDP wählen, ernsthaft?
von Albrecht Bodegger am 04.10.2017 um 14:18 Uhr
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