Arzneiverordnungs-Report 2017

AOK will mit Apothekern bei Biosimilars sparen

Berlin - 04.10.2017, 15:00 Uhr

Der AVR hat zwei neue Herausgeber: den WIdO-Chef Jürgen Klauber und den AkdÄ-Vorsitzenden Wolf-Dieter Ludwig. Am 4. Oktober wurde der neue Report in Berlin vorgestellt. (Fotos: AOK-Bundesverband)

Der AVR hat zwei neue Herausgeber: den WIdO-Chef Jürgen Klauber und den AkdÄ-Vorsitzenden Wolf-Dieter Ludwig. Am 4. Oktober wurde der neue Report in Berlin vorgestellt. (Fotos: AOK-Bundesverband)


Biosimilars-Austausch durch Apotheker?

Auch Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) und ebenfalls neuer Mit-Herausgeber AVR, ist ein Biosimilar-Fürsprecher. Dass sie sich nur langsam im Markt behaupten, führt er vor allem auf Desinformation und darauf beruhenden Bedenken zurück: Es werde behauptet, die Biosimilars seien eben nur ähnlich, aber könnten nicht gleichwertig ausgetauscht werden. Doch die Erfahrung der vergangenen Jahre zeige: Bislang konnte bei keinem Biosimilar ein relevanter Unterschied zum Original hinsichtlich pharmazeutischer Qualität, therapeutischer Wirksamkeit, Sicherheit und Nebenwirkungen festgestellt werden. Die AkdÄ hat daher auch kürzlich einen Leitfaden herausgegeben, der Ärzte zum vermehrten Biosimilar-Einsatz ermutigen soll.

Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes

Der Chef des AOK-Bundesverbands, Martin Litsch, sieht ebenfalls noch ungenutztes Sparpotenzial bei Biosimilars und wünscht sich Zielvereinbarungen, um dieses zu heben. Er könnte sich zudem vorstellen, noch einen Schritt weiter zu gehen als die AkdÄ: Er findet es eine „gute Idee“, auch Apothekern die Möglichkeit der Biosimilar-Substitution einzuräumen, so wie es heute bei Generika selbstverständlich ist. Ludwig hat da noch Bedenken – der AkdÄ-Leitfaden will dies explizit nicht. Der Onkologe erklärt dies damit, dass die meisten Biosimilars heute ohnehin im Krankenhaus zum Einsatz kommen und in der Apotheke keine Rolle spielen. Zudem hat er seine Zweifel, ob die Aufklärung der Patienten und die Erfassung verschiedener Daten (z.B. Chargennummer) in der Apotheke gewährleistet sein würden. Allerdings: Dies sei sein Standpunkt 2017 – möglicherweise sehe er dies in Zukunft anders, räumte Ludwig ein.

Beschleunigte Zulassungen als Problem

Der AkdÄ-Chef kritisierte zudem eine weitere Entwicklung im Arzneimittelmarkt: Die steigende Welle beschleunigter Zulassungen in Europa. 1995 habe es die erste dieser Art gegeben. Zuvor war es die US-amerikanische FDA, die diesen Weg gegangen war. Hintergrund war damals HIV/Aids – man wollte Patienten möglichst schnell Arzneimittel zur Verfügung stellen. Voraussetzung für eine beschleunigte Zulassung ist ein bislang ungedeckter medizinischer Bedarf. Damit sind auch Orphan Drugs erfasst, deren Anzahl ebenfalls beständig steigt. Ludwig betonte, dass die ursprüngliche europäische Orphan Drug-Regelung richtig und wichtig war. Sie werde mittlerweile jedoch „schamlos von großen Pharmaherstellern missbraucht“. Die Folge: Bei der Zulassung liegen keine fundierten Studiendaten für die Arzneimittel vor. Und später werden sie zumeist auch nicht nachgereicht. Es sei ein Problem für Ärzte und Patienten, dass viel Geld für Arzneimittel ausgegeben werde, die man eigentlich nicht kenne.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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