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Internationaler Trend
Plastiktüten werden weltweit aus Apotheken verbannt
Viele Länder bemühen sich darum, die Verwendung von Plastiktüten drastisch zu reduzieren. Zu Hause angekommen, wandern sie ohnehin allzu oft gleich in den Mülleimer oder sie landen, sofern keiner vorhanden ist, irgendwo auf der Straße oder sogar direkt in der Natur, etwa ins Meer. Wie machen es die Apotheken in anderen Ländern – und wie stehen die deutschen Apotheken diesbezüglich da?
Ende September haben das tunesische Ministerium für lokale Angelegenheiten
und Umwelt und die tunesische Union der Inhaber privater Apotheken eine
Vereinbarung unterzeichnet, wonach es ab März 2018 in Apotheken keine
Plastiktüten mehr geben soll. Dies haben die „Tunis Daily News” Ende September
gemeldet. An ihre Stelle sollen umweltfreundliche, recyclebare Tüten treten, die
unentgeltlich abgegeben werden. Der tunesische Umweltminister Riadh Mouakher
habe angekündigt, dass die Regierung eine Verordnung für ein komplettes Verbot
vorbereite, die in Kürze in Kraft treten solle. Für große Supermärkte, wie
Carrefour und Monoprix, gibt es das ohnehin bereits.
Tunesien gehört zu den Maghreb-Staaten, einer Region, die in Sachen Umweltschutz weltweit nicht unbedingt Schlagzeilen macht, und dennoch Akzente setzt.
Beispiele aus den USA und Ostasien
Im US-Bundesstaat Kalifornien wurde Ende September 2014 ein Gesetz unterzeichnet, mit dem ein landesweites Verbot von Einweg-Plastiktüten eingeführt wurde. Seit Juli 2015 gilt dieses auch für Apotheken. Damit hat das Land eine Vorreiterrolle für die anderen Bundestaaten übernommen. Seitdem dürfen die Geschäfte wiederverwendbare Tüten verkaufen und müssen für Papiertüten 10 Cent nehmen.
In Taiwan wird das Plastiktütenverbot, das bereits für eine große Gruppe von Handelskanälen, wie Supermärkte, Einzelhandelsgeschäfte und Fast-food-Restaurants gilt, ab Januar 2018 auf weitere Geschäfte, darunter auch die Apotheken, ausgedehnt.
EU-Richtlinie mit klaren Vorgaben
In der EU ist im Mai 2015 eine Richtlinie in Kraft getreten, die den Verbrauch sogenannter „leichter Kunststofftragetaschen“ mit einer Wandstärke bis zu 50 Mikrometer drastisch begrenzen soll: bis Ende 2019 auf maximal 90, bis Ende 2025 auf maximal 40 Stück pro Kopf. Wie die Mitgliedstaaten dieses Ziel erreichen, schreibt die Richtlinie nicht vor.
Fünf Cent für eine Plastiktüte in englischen Apotheken
Wir blicken nach Großbritannien. In England müssen Einzelhändler den Kunden seit dem 5. Oktober 2015 für eine Einweg-Plastik-Tragetasche mindestens 5 Pence (knapp 7 Cent) abknöpfen. Dies gilt aber nur, wenn sie mehr als 250 Vollzeit-Beschäftigte haben. Bei Apotheken, die zu einem Franchisesystem gehören oder gemeinsam Produkte unter einer Marke vertreiben, wird nur die Zahl der Mitarbeiter im eigenen Geschäft angerechnet, und nicht die der gesamten Kette. Wer allerdings innerhalb einer solchen Gruppe mehrere Abgabestellen besitzt und damit auf mehr als 250 Mitarbeiter kommt, ist ebenfalls von der Verpflichtung erfasst. Die Apotheken müssen unter anderem Aufzeichnungen darüber führen, wie viele Tüten sie in einem Berichtsjahr abgegeben haben, welche Gebühren sie dafür erhoben und wie sie die Erlöse verwendet haben. Erwartet wird, dass diese vorwiegend für einen guten Zweck, vorzugsweise den Umweltschutz eingesetzt werden. Die Gebühr fällt nicht an, wenn eine Tüte nur verschreibungspflichtige Arzneimittel beinhaltet.
Deutschland: Keine allgemeine Verpflichtung für Apotheken
Auch in deutschen Apotheken sind die Plastiktüten schon seit geraumer Zeit ein Thema. Am 26. Mai 2016 hatten das Bundesumweltministerium und der Handelsverband Deutschland (HDE) eine Vereinbarung zur Verringerung des Verbrauchs von Kunststofftragetaschen geschlossen, die Anfang Juli 2016 in Kraft getreten ist. Die Unternehmen können sich der Vereinbarung freiwillig anschließen. Die Apothekerschaft „in toto“ ist hier allerdings bislang nicht dabei. Es sei ein gemeinsames Ziel, den Verbrauch an Kunststofftragetaschen zu senken, hatte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt Anfang April 2016 erklärt, aber die ABDA als Dachorganisation könne und wolle dem einzelnen Apothekenleiter keine Vorschriften machen. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) gab an, er und seine Landesapothekerverbände könnten aus satzungsrechtlichen Gründen keine vertragliche Vereinbarung eingehen, die die einzelne Apotheke direkt verpflichte.
Die Känguru-Kampagne
Der DAV rief seine 17 Landesapothekerverbände und alle 20.000 Apotheken jedoch dazu auf, ihren eigenen Beitrag zu diesem gesellschaftlichen Großprojekt zu leisten. Tatsächlich wurden viele Landesverbände aktiv und unterstützen die Apotheken. So läuft schon seit Ende März 2016 die Känguru-Kampagne des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg (LAV). Unter dem Motto „Wir packen´s ohne Plastik“ wird mit einem Känguru, das sein Junges im Beutel trägt, für den Verzicht geworben. Wer keinen eigenen Beutel hat, bekommt für eine von der Apotheke selbst festgelegte Schutzgebühr eine Tüte. Eine Reihe weiterer Apothekerverbände hat sich der Aktion bereits angeschlossen.
Ein Beitrag zur Diskretion
Nach einer Branchenumfrage des Instituts für Handelsforschung (IFH) vom Juli des letzten Jahres nutzen gut 92 Prozent der Apotheker neben Plastiktüten auch Tragetaschen aus Materialien wie Papier oder Stoff oder planen, ihren Kunden diese Alternativen zukünftig anzubieten. Mehr als die Hälfte der Apotheken hatte damals bereits eine Gebühr für die Plastiktüte eingeführt oder plante diesen Schritt. Doch unumstritten sei dieses Vorgehen in der Branche nicht, teilt das IFH weiter mit. Gut 30 Prozent der Befragten waren der Meinung, dass bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Medikamenten auf eine Gebühr verzichtet werden sollte. Ein Grund: Für jeden vierten Apothekenleiter tragen Plastiktüten wesentlich zur Diskretion in der Apotheke bei und sollten daher nicht kostenpflichtig sein.
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