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Reaktionen auf das Skonto-Urteil
Mand: „Juristisch nicht überzeugend“
Nicht jeder begrüßt die am gestrigen Donnerstag verkündete Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu den Großhandelskonditionen von AEP vorbehaltlos. Kritische Stimmen gab es aus der Politik. Aber auch der Marburger Rechtswissenschaftler Dr. Elmar Mand, der 2014 mit einem juristischen Aufsatz die Debatte um Skonti entfacht hatte, zeigte sich gegenüber DAZ.online überrascht. Er hält die Entscheidung für juristisch nicht überzeugend.
Dr. Elmar Mand von der Universität Marburg beschäftigte sich im Sommer 2014 – also etwa ein dreiviertel Jahr nachdem AEP in den Großhandelsmarkt eingetreten war – in der Zeitschrift „Arzneimittel & Recht“ (Nr. 4, 2014, S. 147 ff.) mit dem Zusammenspiel von Arzneimittelpreisrecht und Rabatten und Zuwendungen. Seine These: Echte Skonti, also solche, durch die eine vorzeitige Zahlung vergütet wird, sind zulässig, auch wenn in der Folge der Preis unter die gesetzlichen Mindest- bzw. Festpreise sinkt. Sie können also zusätzlich zu Rabatten, die sich innerhalb des 3,15-Prozent-Spielraums bewegen, gewährt werden. Nicht infrage stellte Mand allerdings den „Festzuschlag“ von 70 Cent für den Großhandel. Diesen hielt – und hält – er für nicht rabattfähig.
Als daraufhin in der juristischen Literatur kontrovers über echte und unechte Skonti, Funktionsrabatte und ähnliche Feinheiten diskutiert wurde, kam es zur Klage der Wettbewerbszentrale gegen AEP. Wie dieser Rechtsstreit ausgegangen ist, ist nun bekannt. Die Apotheker zeigten sich erleichtert, dass ihnen die Skonti nicht genommen wurden. Aber in der Politik gab es durchaus kritische Stimmen.
Ist der Wortlaut wirklich eindeutig?
Und auch Mand ist von dem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs nicht überzeugt. Noch liegen die schriftlichen Gründe nicht vor. Und so kann sich Mand wie alle anderen nur an das halten, was das Gericht via Pressemitteilung verlauten ließ: Eine Argumentation, die sich streng am Wortlaut der Spannenvorschriften in der Arzneimittelpreisverordnung orientiert. Von Skonti und Rabatten, über deren Natur sich zwar das Landgericht Aschaffenburg ausließ, ist dagegen keine Rede. Es geht einzig und allein darum, innerhalb welchen Rahmens der Großhandel Nachlässe gewähren kann.
So heißt es in § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV: „Bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln (…) darf auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne die Umsatzsteuer höchstens ein Zuschlag von 3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 Euro, zuzüglich eines Festzuschlags von 70 Cent sowie die Umsatzsteuer erhoben werden.“
Anders die Vorschrift zur Bestimmung der Apothekenzuschlägen für Fertigarzneimittel in § 3 Abs. 2 Nr. 1 AMPreisV: „Der Festzuschlag ist zu erheben auf den Betrag, der sich aus der Zusammenrechnung des bei Belieferung des Großhandels geltenden Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne die Umsatzsteuer und des darauf entfallenden Großhandelshöchstzuschlags nach § 2 ergibt.“
Der Bundesgerichtshof leitet daraus ab, „dass der Großhandel nicht verpflichtet ist, einen Mindestpreis zu beanspruchen, der der Summe aus dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers, der Umsatzsteuer und einem Festzuschlag von 70 Cent entspricht“. Er könne deshalb nicht nur auf den preisabhängigen, bis zur Höchstgrenze von 3,15 Prozent veränderlichen Zuschlag (maximal 37,80 Euro), sondern auch auf den Festzuschlag von 70 Cent ganz oder teilweise verzichten.
Wille des Gesetzgebers gänzlich unberücksichtigt
Mand hingegen ist überzeugt: So klar, wie der Bundesgerichthof meint, ist der Wortlaut nicht, jedenfalls sei er nicht eindeutig. Fest steht: Der Gesetzgeber wollte den 70-Cent-Zuschlag als Fixum, das Rabatten nicht zugänglich ist. Das geht auch aus der Begründung zum Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz hervor, mit dem die Großhandelsvergütung umgestellt wurde. Das allein ist allerdings noch kein Grund für den Bundesgerichtshof, in diesem Sinne zu entscheiden, räumt Mand ein. Der Wille des Gesetzgebers sei zwar von der Rechtsprechung zu berücksichtigen – entschieden werde aber letztlich nach dem Primat der objektiven Auslegung. Das heißt: Der Wille des Gesetzgebers ist nur insoweit zu beachten, als er im Wortlaut seinen hinreichend klaren Niederschlag findet. Und Mand meint, der genannte § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV könne durchaus anders ausgelegt werden. Er stützt sich dabei auf das Wort Festzuschlag. Die Verwendung dieses Begriffes ergebe nur Sinn, wenn dieser Zuschlag nicht disponibel sei, so Mand gegenüber DAZ.online. Anderenfalls hätte man einfach von einem „Zuschlag“ reden können, oder „zuzüglich 70 Cent“. Und ein Wort in einem Gesetz, das keinen Sinn ergibt, sei doch eher ungewöhnlich, meint der Rechtswissenschaftler.
„Funktionsauftrag des vollversorgenden Großhandels ist finanziell abzusichern.“
Zudem: Auch die Regelung des § 78 Abs. 1 Satz 3 Arzneimittelgesetz, welche anordnet, dass auch direkt vertreibende Hersteller die Preisvorschriften des Großhandels nach der Arzneimittelpreisverordnung einzuhalten haben, verliere nach der vom BGH gefundenen Auslegung des § 2 AMPreisV jeden Sinn. Spätestens dies, so Mand, hätte den Bundesgerichtshof veranlassen müssen, auch den unzweideutigen Willen des Gesetzgebers zu berücksichtigen.
Noch verwunderlicher sei, dass von dem normalerweise wichtigsten Auslegungskriterium, der Ratio der Norm, jedenfalls in der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs gar nichts zu lesen sei. Der Normzweck bestehe erkennbar darin, den Wettbewerb zu ordnen und den Funktionsauftrag des vollversorgenden Großhandels, finanziell abzusichern. Wie dies ohne einen Mindestpreis gehen soll, bleibt Mand „unerfindlich“.
2 Kommentare
Gesamtsystematik der AMPreisV stützt BGH-Urteil
von Andreas P. Schenkel am 06.10.2017 um 22:00 Uhr
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Der Wille
von Peter Lahr am 06.10.2017 um 12:53 Uhr
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