Fernbehandlung

Privatversicherer Ottonova liebäugelt mit EU-Versandapotheken

Berlin - 17.10.2017, 11:45 Uhr

Neue Wege: Der Arzt Roman Ritteweger und seine Private Krankenversicherung Ottonova bieten ab November Videosprechstunden via Smartphone in Kooperation mit einem Schweizer Unternehmen an. Die Rezepte könnten schon bald an EU-Versandapotheken geschickt werden. (Foto: dpa)

Neue Wege: Der Arzt Roman Ritteweger und seine Private Krankenversicherung Ottonova bieten ab November Videosprechstunden via Smartphone in Kooperation mit einem Schweizer Unternehmen an. Die Rezepte könnten schon bald an EU-Versandapotheken geschickt werden. (Foto: dpa)


Die private Krankenversicherung Ottonova bietet ihren Versicherten ab November 2017 digitale Arztbesuche an. Weil das in Deutschland rechtlich gesehen schwierig ist, kooperiert der Versicherer mit einem Schweizer Unternehmen. Auch das Einlösen von Rezepten aus der Fernbehandlung ist hierzulande nicht erlaubt – doch was das betrifft, kann sich Ottonova eine Zusammenarbeit mit den EU-Versendern vorstellen.

Ottonova ist ein junges Unternehmen, das erst 2015 vom Mediziner Roman Rittweger, dem Designer Sebastian Scheerer und dem Informatiker Frank Birzle ins Leben gerufen wurde. Das Unternehmen bezeichnet sich selbst als „erste digitale Krankenversicherung“ und bietet seinen Versicherten beispielsweise eine Handy-App an, mit der die Kommunikation zwischen Versicherung und Patienten geregelt wird.

Zum 1. November 2017 will Ottonova einen neuen, digitalen Service anbieten, der auf der Internetseite des Unternehmens als „digitaler Arztbesuch“ beschrieben wird. Ebenfalls über die Ottonova-App, also über das Smartphone, sollen die Versicherten Kontakt zu einem Arzt aufnehmen und sich beraten lassen. Ottonova kooperiert dazu mit dem Schweizer Unternehmen Eedoctors. Interessierte Versicherte müssen eine Einwilligungserklärung unterschreiben und können dann montags bis sonntags zwischen 8 und 21 Uhr Kontakt mit den Medizinern in der Schweiz aufnehmen.

Was die Kosten der Digital-Beratung betrifft, teilt Ottonova auf seiner Homepage mit: „Zu Beginn übernimmt Ottonova die Kosten für die Video-Behandlung im Rahmen einer Testphase vollständig. In dieser Testphase werden wir die verschiedenen Systeme miteinander verbinden, damit eine digitale Kundenerfahrung aus einer App möglich wird. Nach Beendigung der Testphase wird für den Digitalen Arztbesuch der vereinbarte Selbstbehalt zur Anwendung kommen.“ Sollte einem Patienten die Video-Beratung nicht ausreichen, könne man sich auch Überweisungen online ausstellen lassen.

Warum geht Ottonova den Umweg über die Schweiz?

Die Fernbehandlung steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Mit dem E-Health-Gesetz hatte der Gesetzgeber die Einführung solcher Videosprechstunden zwar ausdrücklich beschlossen, Kassen und Vertragsärzte haben sogar schon die infrage kommenden Indikationen und eine Vergütung ausgehandelt. Allerdings verhindert das Berufsrecht der Mediziner in vielen Bundesländern noch die ausschließliche Fernbehandlung. Einzig die Landesärztekammer Baden-Württemberg hat angekündigt, die strikten berufsrechtlichen Vorgaben aufzuweichen und Videosprechstunden künftig in gewissen Fällen zulassen zu wollen.

Ottonova teilt zu dem Thema auf ihrer Seite mit: „Ärzten in Deutschland ist es nicht erlaubt, Patienten ausschließlich über Video zu behandeln. Darum haben wir uns für diesen Service einen Partner aus der Schweiz gesucht, der mit in der Schweiz ansässigen Ärzten zusammenarbeitet: eedoctors. Der Behandlungsvertrag kommt dabei zwischen dir und eedoctors zustande. Ottonova ist nicht der Anbieter, sondern nur der Vermittler dieser medizinischen Dienstleistung. Somit ist der Digitale Arztbesuch für dich als Patienten rechtlich zulässig.“

Wo sollen die Patienten mit ihren Rezepten hin?

Das Thema Arzneimittel vermeidet der Privatversicherer geschickt auf seiner Internetseite. An keiner Stelle ist die Rede davon, dass die Schweizer Mediziner auch Rezepte ausstellen dürfen und könnten. Vielleicht hat das auch etwas mit der kürzlich geänderten Gesetzeslage zu tun: Seit einigen Monaten dürfen Apotheker keine Rezepte mehr bedienen, bei denen klar ist, dass kein direkter Kontakt zwischen Arzt und Patient stattgefunden hat. Aber auch auf diese Gesetzeslage weist Ottonova auf der Internetseite an keiner Stelle hin.

Auf Nachfrage von DAZ.online erklärt eine Sprecherin des Versicherungsunternehmens: „Wir sind uns bewusst, dass in Deutschland keine aus der Fernbehandlung stammenden Rezepte eingelöst werden können. Um unsere Versicherten darauf hinzuweisen, werden wir auf unserer Internetseite noch vor dem Programmstart Anfang November zwei weitere FAQs einsetzen, die auch über die derzeitige Gesetzeslage informieren.“

„Wir werden das über Versandapotheken im Ausland regeln“

Dass Ottonova die Arzneimittel-Verordnung bislang ausklammert in seiner Kommunikation, erklärt die Sprecherin so: „Auch ohne Rezepte ist das Angebot werthaltig. Schließlich müssen digitale Arztbesuche nicht immer in einer Arzneimittel-Verordnung enden.“ Allerdings stellt sich die Frage: Wohin sollen die Patienten mit ihren Rezepten aus der Schweiz gehen, wenn sie hierzulande nicht eingelöst werden können? Die Sprecherin erklärt dazu: „Wir werden für die Arzneimittel-Verordnungen im Rahmen unseres Programmes und der gesetzlichen Möglichkeiten aber eine Lösung finden.“

Wo die Reise hingehen könnte, verrät Ottonova-Chef Roman Rittweger aber gegenüber der Ärztezeitung. Dort wird er mit dem Satz zitiert: „Wir werden das dann über Versandapotheken im Ausland regeln.“ Auf Nachfrage beim Unternehmen, mit welchem EU-Versender eine solche Kooperation angestrebt werden könnte, hieß es lediglich: „Wir haben aktuell keinen Kooperationsvertrag mit einer EU-Versandapotheke abgeschlossen.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Jetz sind die Ärzte dran !

von Ratatosk am 17.10.2017 um 18:24 Uhr

Lange Zeit haben sich die Ärzteverbände beim Streit der Apotheken mit den Kassen und der ausländischen Rosinenpickerei und der Zerstörung der flächendeckenden Versorgung einfach zurückgelehnt, als ob es sie nichts angehen würde. Natürlich war es das Ziel interessierter Kreise dies auszuweiten, da ja klar wurde, daß deutsches und europäisches Recht - Zuständigkeit der Länder nicht die EU ! - nichts wert ist.
Mit dem nötigen Willen und willfährigen Politikern - Parteien kann man so was dann installeren, nach einiger Zeit tut man dann so als könne man den rechtlichen Rahmen nicht mehr retten, da die ! das schon länger so machen.
Es wäre an der Zeit daß auch die Ärzte mit uns kämpfen, da den Notdienst sicher nicht die Teledocs machen und im Notfall ein normaler Arzt Ärztin vor Ort Hilfe leisten müsste. Dafür ist aber eine App nicht geeignet, nur zum Rosinenpicken eben. Dank digital hipper FDP und Grünen, sowie dem Bäckerheiligen der SPD.

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