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ZDF-Doku über Pharma-Whistleblower
„Die Aufdeckung des Arzneimittelskandals war eine Art Hölle“
In einer TV-Dokumentation, die am heutigen Dienstagabend im ZDF ausgestrahlt wird, kommen Whistleblower aus dem Pharma- und Apothekenbereich zu Wort. Der Hinweisgeber für die Holmsland-Affäre sowie der ehemalige kaufmännische Leiter der Bottroper Zyto-Apotheke erzählen, wie sie zwischen ihrer Verantwortung für die Familie sowie die Patienten fast zerrieben wurden.
Dunkle Machenschaften bleiben oft unbekannt, wenn nicht mutige Menschen sprechen – wie es eine Dokumentation aus der Reihe „37°“ zeigt, die am heutigen Dienstagabend im ZDF läuft. Der Film schildert zwei Fälle: Jenen von Martin Porwoll, dem früheren kaufmännischen Leiter der Bottroper Zyto-Apotheke, in der laut Anklage mehr als 60.000 Rezepturen gepanscht worden sein sollen – und die Geschichte vom früheren Pharmareferenten Peter Jebens, der den Holmsland-Skandal ins Rollen brachte.
„Ohne diesen Hinweisgeber wären sicherlich die Ermittlungen nicht aufgenommen worden – denn die Mitarbeiter der Apotheke haben zwar vielleicht etwas gewusst und geahnt, sich mit ihrem Wissen aber nicht an die Behörde gewendet“, erklärt eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Essen zum Zyto-Skandal in Bottrop in der Dokumentation. Porwoll schildert, dass er auch mit einem befreundeten Anwalt lange überlegt hat, wie die Gerüchte über gestreckte Krebsmittel überprüft werden können, bevor er Anzeige erstattet hat. „Ist das denn überhaupt richtig, was du machst“, habe er sich jeden Tag gefragt.
In der Doku schildert er, wie er zwischen der Verantwortung für die Patienten und seine eigene Familie abgewogen hat. Mit Rückhalt auch von einem befreundeten Anwalt entschloss er sich, zusammen mit einer Kollegin den Schritt zu tun. Doch es folgten Panikattacken, erzählt Porwoll – auch konnte er nicht mehr Autofahren. „Das hat mich fertiggemacht“, sagt er. Denn klar war, dass er seine Stelle verlieren würde – bis heute ist der Kaufmann arbeitslos, mehrere Firmen wollten ihn nicht einstellen.
Whistleblower werden oft unter Druck gesetzt
Gleichzeitig erfährt Porwoll unter Bottropern viel Dankbarkeit. „Viele haben wörtlich gesagt: Martin ist mein Held“, erzählt seine Frau. „Das ist doch selbstverständlich, das ist doch meine Pflicht“, sagt er selber. „Das hat mit Heldentum in meinen Augen nichts zu tun.“
Porwoll wurde nicht nur gekündigt, auch weiterhin wird er juristisch angegangen – da er in Interviews gesagt hatte, dass der Betrug ein offenes Geheimnis war. Und weiter: Eine namentlich nicht genannte Apothekerin kritisierte ihn gegenüber der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung: „Ich vermute, keiner hat etwas gewusst“, behauptete sie. Dabei hatte bereits schon vor Jahren ein Mitarbeiter die Vorwürfe zur Sprache gebracht, doch verwarf die Staatsanwaltschaft sie damals. Und zumindest Porwoll und eine PTA aus der Apotheke kannten die Gerüchte – und handelten.
Wie lebte Peter Jebens nach der Holmsland-Affäre?
Auch für den Mikrobiologen und früheren Pharmareferenten Peter Jebens folgte eine schwere Zeit, nachdem er die „Holmsland-Affäre“ um zweifelhafte Zytostatika-Importe ins Rollen gebracht hat. „Für mich persönlich ist der Worst-Case eingetreten – dadurch, dass ich an die Öffentlichkeit gegangen bin und meine Erkenntnisse publik gemacht habe“, berichtet er in der ZDF-Doku.
Angetrieben hätte ihn, dass er Menschen unterstützen wollte, „die an einer unheilbaren Erkrankung leiden und die in einer Situation sind, in die jeder von uns jeder Zeit jeden Tag kommen kann“, erklärt er gegenüber dem ZDF. Doch verlief das Verfahren bislang weitgehend ergebnislos, viele Vorwürfe verjährten ohnehin. „In der Rückschau muss man sagen, dass die letzten zehn Jahre seit der Aufdeckung des Arzneimittelskandals für uns alle im Prinzip überwiegend eine Art Hölle dargestellt haben“, sagt Jebens. Seine erste Frau starb während der Ermittlungen – und auch ansonsten hatte er stark zu leiden. „Man hat mich ruiniert – mich, den Nestbeschmutzer“, erklärt Jebens im ZDF.
„Es ist absolut wichtig für unsere Gesellschaft, dass es solche Menschen gibt“, erklärt der Regisseur Daniel Harrich gegenüber DAZ.online. Mit seinen Eltern – gleichfalls Filmemacher – hat er sich schon mehrfach Medizinthemen gewidmet: So zum Contergan-Skandal, 2009 bei einem Arte-Themenabend „Wirkstoff Profit“, früheren Beiträgen über die Holmsland-Affäre oder dem ARD-Themenabend „Gefährliche Medikamente“ im Mai.
„Die Wahrheit und ihr Preis“: Die Dokumentation aus der „37°“-Reihe läuft am Dienstag, 24. Oktober 2017, um 22.15 Uhr im ZDF.
3 Kommentare
Sendung vom24.10.2017
von Gunda krushev am 24.10.2017 um 23:01 Uhr
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Wie wird eigentlich kontrolliert ? offensichtlich falsch !
von Ratatosk am 24.10.2017 um 18:23 Uhr
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Dokumentation
von Frank Ebert am 24.10.2017 um 8:39 Uhr
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