Streit mit BfArM

Klosterfrau kämpft um Allergolact

Köln - 25.10.2017, 07:00 Uhr

Arzneimittel oder Medizinprodukt? Klosterfraus Streit um Allergolact geht weiter vor Gericht. (Foto: Hersteller)

Arzneimittel oder Medizinprodukt? Klosterfraus Streit um Allergolact geht weiter vor Gericht. (Foto: Hersteller)


Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln handelt es sich bei dem Präparat Allergolact um ein Arzneimittel – während es bislang als Medizinprodukt auf dem Markt war. Unter anderem geht es um die Frage, inwiefern homöopathisch hergestellte Bestandteile arzneilich wirken. Nachdem Klosterfrau in erster Instanz unterlag, geht die Firma nun gegen die Entscheidung vor.  

Wann ein Präparat ein Medizinprodukt ist und wann ein Arzneimittel, ist oftmals eine schwierige Frage. Das Mittel Allergolact, das die Klosterfrau-Tochter Syxyl in Deutschland vertreibt, soll laut Beipackzettel bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten und damit einhergehenden Magen-Darm-Beschwerden helfen. Es enthält viele Inhaltsstoffe wie Okoubaka in Potenz D4, Lactase, Quercetin oder Mono- und Diglyceride von Speisefettsäuren. Über „vielfältige physikalische Effekte“ stabilisiere es die Darmschleimhaut, so dass sie weniger stark auf unverträgliche Substanzen reagiere, heißt es. Andere Inhaltsstoffe verhindern laut Hersteller durch physikalische Prozesse im Darm typische Symptome wie Bauchschmerzen, Übelkeit, Blähungen und Durchfälle, die bei Lebensmittelunverträglichkeiten auftreten können.

Bereits vor fünf Jahren wandte sich der Vorsitzende der für Homöopathie zuständigen Kommission D des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Michael Elies, an die Bezirksregierung Köln: Seiner Einschätzung nach handelt es sich bei Allergolact um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel. Elies brachte vor, dass er zumindest für den homöopathischen Arzneistoff Okoubaka D4 aufgrund seiner „Fachkenntnis“ mit Sicherheit sagen könne, dass Allergolact arzneiliche Wirkungen habe.

Nicht-pharmakologische Wirkung sei nicht nachgewiesen

Die Bezirksregierung schaltete das BfArM ein, welches in einem Bescheid feststellte, dass es sich um ein Präsentationsarzneimittel handele. Der Gesetzgeber habe homöopathische Mittel als Arzneimittel angesehen, argumentierte das BfArM – dies entspreche auch der „Verkehrsanschauung“. Dafür spreche, dass Okoubaka auch im Homöopathischen Arzneibuch verzeichnet ist. Das Mittel diene daher mit den von der Klägerin beanspruchten Indikationen einem medizinischen Zweck – es handele sich nicht um ein Medizinprodukt, auch da eine nicht-pharmakologische Wirkung nicht nachgewiesen sei.

Nachdem das BfArM einen Widerspruch von Klosterfrau ablehnte, zog der Hersteller vor Gericht. Er brachte vor, dass das Produkt als Medizinprodukt europaweit zugelassen wurde. Doch dies ließ das Verwaltungsgericht Köln eben so wenig gelten wie das Argument, die Wirkungsweise von Okoubaka sei wegen seiner hohen Verdünnung nur physikalischer Natur: Klosterfrau erklärte, nur Produkte mit nachgewiesener pharmakologischer, immunologischer oder metabolischer Wirkung seien Arzneimittel. 

„Homöopathika sind keine Arzneimittel im klassischen Sinne“

In einer Stellungnahme brachte Josef Beuth vom Institut zur wissenschaftlichen Evaluation naturheilkundlicher Verfahren an der Universität zu Köln vor, für Allergolact seien nur physikalische Wirkungen bekannt. Auf Nachfrage von DAZ.online wollte er die Stellungnahme nicht zugänglich machen. Doch er erklärte, dass Arzneimittel zwingend in klinischen Studien auf Wirksamkeit und Unbedenklichkeit geprüft werden müssen, ehe eine Zulassung erfolgen kann. „Da für Homöopathika keine wissenschaftlich fundierten klinischen Studien auf Wirksamkeit und Unbedenklichkeit vorliegen, sind es keine Arzneimittel im klassischen Sinne“, betonte Beuth.

Doch maßgeblich ist nicht der Nachweis eines Wirkungsmechanismus, sondern die homöopathische Herstellungsweise, erklärte das BfArM. „Das streitgegenständliche Präparat bedarf einer arzneimittelrechtlichen Zulassung“, entschieden die Richter in ihrem Urteil. Es erfülle die Voraussetzungen eines Präsentationsarzneimittels, da beim „normal informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher“ mit Gewissheit der Eindruck entstehe, dass es in Anbetracht seiner Aufmachung ein Arzneimittel sei.

Es liege regelmäßig ein Präsentationsarzneimittel vor, wenn der Hersteller für das Produkt eine therapeutische Wirksamkeit in Bezug auf bestimmte Erkrankungen oder heilende, krankheitsvorbeugende oder Leiden lindernde Wirkungen in Anspruch nimmt. Schon der Name sowie die Angaben auf der Verpackung, der Packungsbeilage sowie in der Werbung sprächen dem Produkt die Wirkung zu, erfolgreich „Nahrungsmittelunverträglichkeiten mit Magen-Darm-Beschwerden“ zu lindern.

Klosterfrau will weiter kämpfen

Auch gebe es eine arzneimitteltypische Dosierungsanleitung, betonten die Richter. Klosterfrau rettete nicht, dass es bei Allergolact von „physikalischen Effekten“ spricht: Der Begriff des Präsentationsarzneimittels sei weit zu verstehen, erklärten die Richter. „Denn dadurch wird der Verbraucher vor Erzeugnissen geschützt, die nicht ausreichend wirksam sind oder die nicht die Wirkungen haben, die der Verbraucher nach ihrer Bezeichnung erwarten darf“, heißt es im Urteil. „Für den Schutz von Verbrauchern vor unwirksamen Mitteln kommt es nämlich nicht darauf an, welchen Schutzmechanismus die Mittel behaupten, sondern allein darauf, dass sie Eigenschaften zur Heilung von Krankheiten beanspruchen, auf die sich der Verbraucher verlässt.“

Die Richter argumentierten, dass der Rechtsbegriff über die naturwissenschaftliche Begriffsbestimmung der „pharmakologischen Wirkung“ hinaus unter den rechtlichen Wertungen des Gesetzgebers auszulegen sei. „Homöopathika sind also Arzneimittel kraft gesetzlicher Erstreckung“, erklärten sie. „Erstreckt der Gesetzgeber den Arzneimittelbegriff auf diese Präparate, so ist auch der Begriff der pharmakologischen Wirkung in rechtlicher Hinsicht auf diese zu erstrecken.“

Offenbar hat Klosterfrau generelles Interesse, diese Fragen in einer nächsten Instanz zu seinen Gunsten klären zu lassen – denn obwohl es laut Urteil vom Mai dieses Jahres sagte, Allergolact befinde sich nur noch im „Abverkauf“, legte die Firma gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln (Az. 7 K 2241/14) Rechtsmittel ein. Das Verfahren ist derzeit beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen anhängig (Az. 13 A 1426/17). Aufgrund des laufenden Verfahrens wollten weder BfArM noch Klosterfrau gegenüber DAZ.online Stellung nehmen.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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