Pharmahandelskonzerne

Rite Aid-Übernahme belastet Walgreens Boots Alliance

Berlin - 25.10.2017, 16:23 Uhr

In den USA übernimmt der Pharmahandels-Gigant Walgreens Boots Alliance derzeit Rite Aid, was die Quartalszahlen des Konzerns belastet. (Foto: picture alliance / AP Photo)

In den USA übernimmt der Pharmahandels-Gigant Walgreens Boots Alliance derzeit Rite Aid, was die Quartalszahlen des Konzerns belastet. (Foto: picture alliance / AP Photo)


Die aktuell laufende Übernahme von großen Teilen des Wettbewerbers Rite Aid schlägt sich deutlich in der Bilanz des US-Apotheken- und Großhandelsriesen Walgreens Boots Alliance nieder. Im vierten Quartal ist das Nettoergebnis um mehr als 22 Prozent eingebrochen. Auch für das Gesamtjahr 2017 steht beim Ergebnis ein leichtes Minus in der Bilanz.

Der US-Konzern Walgreens Boots Alliance befindet sich mit der 4,4 Milliarden Dollar teuren Übernahme von wesentlichen Teilen des Konkurrenten Rite Aid zwar grundsätzlich auf einem Wachstumskurs; vorerst muss der Apotheken- und Großhandelsgigant, der von dem Italiener Stefano Pessina geleitet wird, aber erstmal die Kosten der Übernahme verdauen. Und die haben es in sich: Über die kommenden drei Jahre verteilt rechnet Walgreens mit Übernahme- und Integrationskosten von 750 Millionen Dollar, wie das Unternehmen anlässlich der Bekanntgabe der Jahreszahlen 2017 mitteilte. 

Im vierten Quartal des Geschäftsjahres 2017 (zum 31. August) schlugen die Kosten bereits voll auf das Ergebnis durch: Mit 802 Millionen Dollar lag es um 22,1 Prozent unter dem Niveau der Vorjahreszeit. Ohne diese Sonderaufwendungen wäre das Ergebnis mit 1,4 Milliarden Dollar um 18,8 Prozent höher ausgefallen. Dem negativen Quartalsergebnis steht eine Zunahme beim Umsatz um 5,3 Prozent auf 30,1 Milliarden Dollar gegenüber.  

Europäischer Großhandel herausfordernd

Während das US-Apothekengeschäft im vierten Quartal um 7,5 Prozent auf 22,3 Milliarden Dollar gestiegen ist, ist es international – also außerhalb der USA – vor allem aufgrund von Währungseffekten um 3,2 Prozent zurückgegangen. Das pharmazeutische Großhandelsgeschäft kam im vierten Quartal ebenfalls kaum voran. Mit einem Umsatz von 5,4 Milliarden Dollar lag es lediglich 0,8 Prozent höher als in der Vorjahreszeit. Während das Geschäft in Schwellenländern und in Großbritannien zulegte, bezeichnet Walgreens die Verhältnisse in Kontinentaleuropa als „herausfordernd“. Zuletzt hatte es Hinweise darauf gegeben, dass WBA mit Phoenix einen Mega-Deal plant: Demnach soll der Mannheimer Pharmahändler den Großhandel von WBA übernehmen, während die Phoenix-Apotheken bei WBA unterkommen.

Auch das Gesamtjahr 2017 konnte nicht wirklich glänzen. So lag das Umsatzplus bei lediglich 0,7 Prozent gegenüber 2016. Unterm Strich lag der Jahreserlös bei 118,2 Milliarden Dollar. Das Ergebnis notierte hingegen um 2,3 Prozent schwächer als in der Vergleichsperiode und landete bei 4,1 Milliarden Dollar. Noch stärker sackte das operative Ergebnis ab: Es fiel um 7,4 Prozent auf 5,6 Milliarden Dollar. Für das Jahr 2018 rechnet Walgreens mit einem Gewinn je Aktie in Höhe von 5,40 bis 5,70 Dollar.

Pessina: Geschäfte machen Fortschritte

Ungeachtet dieser Zahlen gibt sich Vorstandschef Pessina zuversichtlich: „Obwohl der Preisdruck im verschreibungspflichten Arzneimittelgeschäft weiter gestiegen ist und die Großhandelslandschaft schnellen Veränderungen unterworfen ist, haben unsere Geschäfte deutliche Fortschritte gemacht.“ 

Am 19. September 2017 hatte Walgreens von den US-Wettbewerbsbehörden nach mehreren vergeblichen Anläufen grünes Licht bekommen, wesentliche Teile des Wettbewerbers Rite Aid übernehmen zu dürfen. Demnach wird Walgreens 1932 Apothekenfilialen sowie drei Verteilerzentren erwerben. Die betreffenden Rite-Aid-Geschäfte befinden sich vor allem im Nordosten und Süden der USA. Darüber hinaus gehen Waren im Wert von 4,37 Milliarden Dollar in den Besitz von Walgreens über.

500 Millionen US-Dollar für die Umgestaltung der Rite Aid-Apotheken

Nach Angaben des Unternehmens wurden die ersten Rite Aid-Apothekengeschäfte bereits in der vergangenen Woche übernommen. Der Besitzübergang der weiteren Filialen soll bis Ende 2018 erfolgen. Zusätzlich zu den Übernahmekosten in Höhe von insgesamt 750 Millinen Dollar plant Walgreens den Angaben nach weitere 500 Millionen Dollar in die Umgestaltung der Rite Aid-Filialen zu investieren.

Auf der anderen Seite erwartet sich Walgreens-Boss Pessina durch den Mega-Deal eine deutliche Ausweitung der ohnehin dominanten Stellung auf dem US-amerikanischen Apothekenmarkt und im Großhandelsgeschäft. Wie bereits angekündigt rechnet der Konzern zudem nach vier Jahren mit jährlichen Synergien in Höhe von 300 Millionen Dollar. Im Zusammenhang mit der Rite Aid-Übernahme hat Walgreens auch ein Programm zur Standortoptimierung seiner Apothekengeschäfte gestartet. Es soll im kommenden Frühjahr beginnen und 18 Monate dauern.

Enorme Marktpräsenz bei Apotheken und Vertrieb

Walgreens bezeichnet sich selbst als das größte „Apotheken- und Gesundheitsunternehmen in den USA und Europa“. Zusammen mit seinen Unternehmensbeteiligungen ist der Konzern mit über 13.200 Apothekengeschäften in mehr als 25 Ländern vertreten und beschäftigt mehr als 385.000 Mitarbeiter. Darüber hinaus unterhält Walgreens weltweit über 390 pharmazeutische Verteilerzentren.

Neben Walgreens zählen Walmart und CVS zu den größten US-Apothekenbetreibern. Rite Aid kann zwar nicht an deren Größe heranreichen, betreibt aber bislang immerhin rund 4600 Apotheken in 31 Bundesstaaten und erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2016 einen Umsatz von 30,7 Milliarden Dollar. Die Konzerne betreiben in den meisten Fällen nicht nur Apothekenketten und einen eigenen Großhandel, sondern auch sogenannte Pharmacy Benefit Manager (PBM). Diese konzerneigenen PBM-Sparten verhandeln mit den Versicherungskonzernen in Einzelverträgen die Konditionen der Arzneimittelversorgung.



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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