Goethe-Universität Frankfurt

„Größer, besser, vielseitiger“ – das neue Multifunktionslabor der Pharmazie

Frankfurt am Main / Stuttgart - 08.11.2017, 13:26 Uhr

„Wir wollten nicht nur Mikroskopie machen, sondern auch Gentechnik“, sagt Professor Fürst vom Institut Pharmazeutische Biologie. (Foto: Schneider / DAZ.online) Fotostrecke

„Wir wollten nicht nur Mikroskopie machen, sondern auch Gentechnik“, sagt Professor Fürst vom Institut Pharmazeutische Biologie. (Foto: Schneider / DAZ.online)


Spannende Sommerwochen liegen hinter der Goethe-Universität in Frankfurt. Warum? Die Pharmazeutische Biologie hat gebaut – nicht komplett neu, aber zumindest ein neues Multifunktionslabor für die Pharmaziestudierenden. Was ist nun „größer, besser, vielseitiger“ in der Frankfurter Pharmazie? DAZ.online hat sich das neue Studentenlabor angeschaut – das die Studierenden sogar mitfinanziert haben.

„Es hat gestaubt und gelärmt, Gott sei Dank nicht sehr lange“, sagt Professor Robert Fürst vom Institut Pharmazeutische Biologie in Frankfurt zum Abschluss der Umbauarbeiten und zur Eröffnung des neuen Vorzeigelabors in der Frankfurter Pharmazie am Dienstag. Auch wenn gestern offiziell der Vorhang gelüftet wurde – die Abzüge laufen schon seit einigen Wochen, und den ersten Part des Praxistests hat das Multifunktionslabor längst bestanden: Denn Dr. Ilse Zündorf hat bereits die erste Charge Pharmaziestudenten durch die Mikroskopiertechniken der Pharmazeutischen Biologie II geschleust.

Doch was wäre ein Multifunktionslabor mit nur einer einsamen Disziplin? Was also macht das Labor multifunktional? Die Gentechnik. Diese Taufe folgt im neuen Jahr. 

Als Vizepräsident der Goethe-Universität sieht Professor Manfred Schubert-Zsilavecz in dem neuen Multifunktionslabor ein Versprechen in die Zukunft. „Ein Versprechen für Studierende, dass wir in diesem Labor klassische Pharmakognosie machen können und Pflanzen unter dem Gesichtspunkt würdigen, dass sie Quelle pflanzlicher Arzneimittel sind,“ erklärt der Professor für Pharmazeutische Chemie. Das Labor sei jedoch nicht nur ein Labor, wo man durch Mikroskope auf Pflanzen schaut, „dieses Labor ist auch so ausgestattet, um auch modernen Erfordernissen Rechnung zu tragen, so dass man dort in wichtigen Bereichen der Gentechnologie und Molekularbiologie Unterricht halten kann“.

Was war nichts beim alten Labor?

Zu klein, die Akustik und Sicht schlecht und die Mikroskopie von der Gentechnik separiert: Das war der ehemalige Zustand der Pharmazeutischen Biologie an der Universität am Riedberg. Und 36 Laborplätze für 60 bis 70 Studenten pro Semester – das ist in der Tat nicht nur suboptimal, sondern schlichtweg unmöglich, wollen sich die Pharmaziestudenten nicht gegenseitig auf dem Schoß sitzend ein Mikroskop teilen. Eine neue Art von Teamwork vielleicht? Nur, dass sich wahrscheinlich sowohl die Professoren als auch die Studenten Teamwork anders vorstellen. Seither blieb den Lehrenden also nicht viel weiter übrig, als das Pharmazeutische-Biologie-Praktikum im Schichtbetrieb zu organisieren.

Ein „unbefriedigender Zustand“, beschreibt Professor Fürst die Situation; belastend für die Lehrenden und gleichzeitig auch nicht gerade optimal für die Studenten. Ziel war also: Platz für ein ganzes Semester musste her und dafür eine Wand weg. Das ging in der Tat fix. Nach nur wenigen Stunden war die Trennwand entfernt und das bisherige Gentechniklabor den Mikroskopieräumlichkeiten einverleibt. Das war nicht ganz unerwünscht: „Wir wollten nicht nur Mikroskopie machen, sondern auch Gentechnik“, erklärt Professor Fürst. Gentechnik wird in Frankfurt traditionell in den Unterricht eingebaut, in der Theorie und auch in der Praxis. Das Handwerkszeug dazu lernen die Pharmaziestudierenden in der Pharmazeutischen Biologie III, und „das sollte alles in ein und demselben Labor stattfinden“, sagt Fürst. Ob es geglückt ist? Es ist alles so designed, dass auch gentechnische Arbeiten stattfinden können.

Studenten brauchen gute Sicht nicht nur durchs Mikroskop

Problematisch war auch die Akustik der alten Laborräumlichkeiten. Studentisch vertraut, das Rauschen der Laborabzüge. „Das muss so sein, wir sind in einem Labor und das hat per Definition einen sechsfach Luftwechsel pro Stunde zu gewährleisten“, erklärt Fürst. Den Abzug auszuschalten, wenn Praktika stattfinden – ist natürlich widersinnig. Allerdings ist es natürlich auch ungünstig, wenn die Studenten den Dozenten nicht verstehen. Mikroskopie lebt davon, dass Studenten ihre Objektträger bestücken, betrachten und analysieren. Hin und wieder müssen sie aber auch an die Tafel schauen, wenn der Lehrende die Unterschiede zwischen schizogenen oder lysigenen Ölbehältern erklärt – oder wie war das doch gleich mit den anomocytischen, paracytischen und diacytischen Stoamta?

Studenten tragen Kosten für neues Labor mit

Das Labor ist jetzt größer, die Akustik und Sicht sind besser, die Vielseitigkeit integriert. Bleibt die Frage nach den Kosten. Denn neben technischen Fragen – kann eine Wand einfach weghauen? Wohin mit den Kabeln, der Sicherheits- und Medientechnik? – geht es ans Eingemachte: das Geld. 130.000 Euro wollen finanziert sein. Die Hauptlast stemmte mit 100.000 Euro die Universität. Und der Rest? Entspringt Freunden und Förderern der Universität Frankfurt, privaten Spendern und einer kreativen Initiative des Fundraisings von Professor Schubert-Zsilavecz, „der es wie kein anderer versteht, an den richtigen Fäden zu ziehen, und die Leute zu motivieren“, sagt Fürst. Offensichtlich ist das fulminant gelungen: Das Labor steht und funktioniert.

Doch auch die Pharmaziestudierenden selbst fanden das neue Multifunktionslabor und ihre solide Ausbildung förderungswürdig. So knapste auch die Fachschaft Pharmazie von ihrem nicht gerade exorbitanten Budget den ein oder anderen Euro ab, um das Labor tatsächlich entstehen zu lassen.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.