Berlin

Apotheker teilen sich Infrarot-Spektrometer

Berlin - 13.11.2017, 12:20 Uhr

Neues Tauschmodell: In Berlin tauschen Apotheker neuerdings ein MIR-Spektrometer untereinander aus. (Foto: Gerhard Seybert / stock.adobe.com)

Neues Tauschmodell: In Berlin tauschen Apotheker neuerdings ein MIR-Spektrometer untereinander aus. (Foto: Gerhard Seybert / stock.adobe.com)


Laut Apothekenbetriebsordnung müssen die Apotheker alle Ausgangsstoffe für Rezepturen und Defekturen prüfen. Bei vielen Stoffen passiert dies mit einem Infrarot-Spektrometer – ein Gerät, das in seiner Anschaffung sehr teuer sein kann. In Berlin hat der Apothekerverein nun ein Tauschmodell gestartet, bei dem die teilnehmenden Apotheker regelmäßig Anrecht auf die Nutzung eines MIR-Spektrometers haben.

Die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) macht für jede Apotheke ein Qualitätsmanagementsystem erforderlich. Demnach muss jeder Apothekenleiter sicherstellen, „dass die Arzneimittel nach Stand von Wissenschaft und Technik hergestellt, geprüft und gelagert werden und dass Verwechslungen vermieden werden.“ Für die Identitätsprüfung von vielen apothekenrelevanten Stoffe wird die MIR-Infrarotspektroskopie, also im mittleren Infrarotbereich mit einer Wellenlänge: 2,5 von 25 µm, genutzt. Ein dafür verwendetes MIR-Spektrometer ist teuer, wird aber in vielen Apotheken eingesetzt.

Der Berliner Apothekerverein bietet seinen Mitgliedern seit der vergangenen Woche einen Service an, bei dem sich mehrere Apotheken in der Hauptstadt solche Geräte schlichtweg teilen. Der Verein hat fünf Spektrometer gekauft und sie nun in Umlauf gebracht: Jeder teilnehmende Apotheker hat Anrecht auf einen halben Tag Nutzung pro Monat – im Jahr können die Pharmazeuten das MIR-Spektrometer also sechs Tage lang verwenden. Die Kosten für die Prüfgeräte hat der Verein übernommen. Wollen die Apotheker an dem Tauschmodell teilnehmen, müssen sie eine monatliche Gebühr von 47,50 Euro an den Verein zahlen. Jedes BAV-Mitglied ist zur Teilnahme berechtigt.

Aber wie stimmen die Pharmazeuten die Nutzung des Messgerätes untereinander ab? Dazu hat der Verein ein innovatives Internetportal von einem externen Anbieter erstellen lassen: Alle teilnehmenden Apotheken können sich dort einloggen und die Nutzung eines der Geräte per Wunschtermin eintragen. Je nach Termin und Lage der Apotheke rechnet das System die „Wege“ des MIR-Spektrometers aus. Es ist darauf programmiert, die Wege zwischen den Apothekern kurz zu halten. Stehen die Termine fest, wird ein Botendienst kontaktiert, der die Messgeräte von Apotheke zu Apotheke fährt. Auch zusätzliche Buchungen können im System angemeldet werden, ab dem sechsten Tag im Jahr müssen die Apotheker eine Extra-Pauschale bezahlen.

Tauschmodelle insbesondere für Stadtstaaten geeignet

BAV-Chef Rainer Bienfait ist begeistert vom neuen Mitglieder-Service: „Der Austausch des Spektrometers zwischen den Apotheken ist für viele Apotheker eine riesige Erleichterung, weil es schnell funktioniert und man so einen guten Zugang zu einem sehr wichtigen Gerät bekommt, ohne dies gleich kaufen zu müssen. Viele Substanzen kommen in den Apotheken immer wieder vor. Wenn die Apotheker wissen, dass sie an einem bestimmten Tag das Spektrometer bekommen, können sie auch ihre Bestellungen so einrichten, dass sie möglichst viel an diesem Tag messen können.“

Bienfait weist allerdings darauf hin, dass die Apotheker sich nicht ausschließlich auf das MIR-Spektrometer vom Verein verlassen können. Identitätsprüfungen müssten weiterhin auch unabhängig vom Tauschmodell möglich sein. „Trotzdem müssen die üblichen Messwege weiterhin möglich sein in der Apotheke, das Gerät ist schließlich nicht jederzeit verfügbar. Das Spektrometer ersetzt also nicht das Labor“, so der Vereinschef.

Sehr gut könne er sich vorstellen, dass solche Tauschmodelle zur Mode werden und auch in anderen Bundesländern genutzt werden. Allerdings: „In einer Stadt wie Berlin sind zwischen den Apotheken kurze Wege, ein Austausch eines Messgerätes macht also insbesondere in den Stadtstaaten Sinn. In Flächenländern ist dieses Modell sicherlich schwieriger umsetzbar.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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