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Zyto-Skandal
Lauterbach: Zytos nur noch in Klinikapotheken herstellen
Der Skandal um den Zyto-Apotheker aus Bottrop zieht auch eine immer größer werdende politische Diskussion nach sich. Der SPD-Gesundheitsexperte und Arzt Karl Lauterbach hat in einem NDR-Interview gefordert, dass Zytostatika künftig nur noch in Krankenhausapotheken zubereitet werden sollen. Teure Medikamente, deren Zubereitung so komplex sei, gehörten nicht in den niedergelassenen Bereich. Die Linken-Gesundheitsexpertin Kathrin Vogler will sogar die komplette Selbstverwaltung umbauen.
Am heutigen Montag hat in Essen der Prozess gegen einen Bottroper Zyto-Apotheker begonnen. Der Pharmazeut wird beschuldigt, Zytostatika über Jahre hinweg in zu geringen Dosierungen und unter unhygienischen zubereitet sowie verfälscht abgerechnet zu haben. Beim heutigen Prozessauftakt haben die Anwälte der Nebenkläger dem Apotheker sogar versuchten Mord vorgeworfen.
Längst ist das Thema auch in der Politik angekommen. Seit Wochen wird in Nordrhein-Westfalen beispielsweise über strengere Kontrollen im Zyto-Bereich diskutiert. Auch darüber, ob und wie das NRW-Gesundheitsministerium die Betroffenen benachrichtigt, wird debattiert. Eingemischt hat sich nun auch der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Der Mediziner ist gerade frisch in den Bundestag gewählt worden – als Direktkandidat in Köln/Leverkusen. In der vergangenen Legislaturperiode war Lauterbach stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion und zuständig für alle Gesundheitsthemen.
In einem Interview mit dem NDR hat sich Lauterbach nun auch zum Zyto-Skandal geäußert: „Das ist aus meiner Sicht ein Systemversagen, das wir politisch aufarbeiten müssen. Die Art und Weise wie solche Chemotherapien derzeit zubereitet werden, entzieht sich der Kontrolle durch die Politik. Derzeit liegt die Kontrolle bei den Kassenärztlichen Vereinigungen, das kann aber so nicht funktionieren.“
Der SPD-Politiker sprach sich in dem Interview für eine komplette Verlagerung des Zyto-Marktes in den Klinikbereich aus. „Ich persönlich bevorzuge eine Regelung, bei der solche Chemotherapien in Krankenhäusern zubereitet werden. Dort herrscht ein Mehr-Augen-Prinzip, dort sind die Beschäftigten keine Selbstständigen, die Millionen-Gewinne damit machen, sondern Angestellte. Im Falle einer Übertretung wären sie auch anklagbar wegen Korruption. Das gesamte System wäre also viel weniger korruptionsanfällig. Dafür sprechen auch wichtige Qualitätsargumente. Denn die Medikamente werden immer komplizierter und teurer. So etwas gehört nicht in den niedergelassenen Bereich, sondern etwa in spezialisierte Zentren, wie etwa in Universitätskliniken, die dafür entsprechend vorbereitet sind.“
Vogler: Wie steht es um die Aufsichtspflichten?
Den speziellen Fall in Bottrop nannte Lauterbach trotzdem „einmalig“, er beklagte aber, dass die Politik über den Zyto-Markt grundsätzlich zu wenig wisse. Heftig kritisierte Lauterbach auch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). „Es wäre aus meiner Sicht Pflicht des Landesgesundheitsministers, die Menschen darüber zu informieren, dass sie betroffen sein könnten. Viele Patienten wissen nicht, ob sie betroffen sind, weil sie nicht wissen, wer ihre Chemotherapie zubereitet hat.“
Das Argument, nach dem solche Informationen aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht weitergegeben werden könnten, will Lauterbach nicht gelten lassen. Schließlich gehe es darum, auch heute noch gefährdeten Patienten zu helfen. „Die Patienten hätten längst informiert werden müssen. Es geht ja auch nicht nur darum, herauszufinden, wer schuld ist. Mir geht es darum, jetzt auch noch Patienten zu helfen, etwa mit einer nachträglichen Behandlung.“
Auch die Gesundheitsexpertin der Linken, Kathrin Vogler, meldete sich anlässlich des Prozessauftaktes zu Wort. Vogler sieht ebenfalls politischen Handlungsbedarf: „Die Vorgänge in Bottrop als Einzelfall abzutun, würde der Sache nicht gerecht. Neben der gerichtlichen Aufklärung muss auch politisch gefragt werden: Wie konnte jemand über einen längeren Zeitraum ungeschoren betrügen? Wie werden künftig Empfängerinnen und Empfänger von Rezepturen informiert, wenn Unregelmäßigkeiten bekannt geworden sind? Erfüllen die Länder bzw. in NRW die Kommunen und die Apothekerkammern die Aufsichtspflichten, die Ihnen übertragen worden? Warum überprüft eigentlich niemand, ob die Menge an eingekauften und abgegebenen Arzneistoffe überhaupt zueinander passen?“
Um diese Missstände zu beheben, fordert Vogler grundlegende Neuregelungen in der Struktur der Selbstverwaltung: „Eine Neustrukturierung der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen steht ganz sicher auf der To-do-Liste der kommenden Bundesregierung. Zudem wird deutlich, dass wir dringend einen wirksamen Schutz für Whistleblower brauchen. Ich freue mich, dass die Mitarbeiterin und der Mitarbeiter, die den Skandal ans Licht brachten, mit dem Whistleblowerpreis der IALANA ausgezeichnet werden.“
5 Kommentare
Und wieder Herr Lauterbach
von Sven Larisch am 25.06.2018 um 8:44 Uhr
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Schätzchen Lauterbach
von Dr.Diefenbach am 13.11.2017 um 21:30 Uhr
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AW: Kliniken
von Holger am 14.11.2017 um 9:03 Uhr
Zyto
von Michael Zeimke am 13.11.2017 um 16:24 Uhr
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AW: Zyto
von Anita Peter am 13.11.2017 um 17:30 Uhr
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