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Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern
Apotheker diskutieren über Prüfvorschriften
Beim Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern am Samstag ging es nicht um Politik, sondern um die Frage, wie apothekengerecht die Prüfvorschriften sind. Offenbar interessierte das Thema sehr, wie die große Teilnehmerzahl zeigte.
Der Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern fand am 11. November in Rostock-Warnemünde wieder in der bewährten Verbindung mit der Scheele-Tagung statt. Anders als sonst war dagegen das Thema gewählt. Politiker werden in Mecklenburg-Vorpommern schon seit einigen Jahren nicht mehr zum Apothekertag eingeladen. Doch nun ist die Kammer noch einen Schritt weiter gegangen und hat ein unpolitisches, im engsten Sinne pharmazeutisches Thema gewählt: „Wie apothekengerecht sind unsere Prüfvorschriften?“ Dass der weitaus größte Teil der etwa 270 Besucher der Scheele-Tagung auch zum Apothekertag kam, spricht für dieses Vorgehen. Bei der Scheele-Tagung ging es um das Thema „Zwischen Missbrauch und Medizin: Von Cannabis auf Rezept bis zur Therapie chronischer Entzündungen“. Die drei Vorträge am Samstagnachmittag thematisierten allein das Thema Cannabis.
In einem Grußwort zur Scheele-Tagung betonte Prof. Dr. Stefan Laufer, Präsident der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft, dass in dieser Veranstaltung gelinge, was oft als unmöglich bezeichnet werde: Praxis und Wissenschaft würden zusammengeführt. Bei der Eröffnung des Apothekertages erklärte Kammerpräsident Dr. Dr. Georg Engel, die Apotheken seien „24 Stunden 7 Tage“ immer da und unverzichtbar. Um diese Versorgung vor Ort zu sichern, fordere die Kammer das Rx-Versandverbot. Die Apotheker seien auch Ansprechpartner für Arzneimittel, die die Industrie nicht anbieten könne oder wolle. Die Qualität der dabei verwendeten Ausgangsstoffe war das Thema der fünf Impulsvorträge und der Diskussion beim Apothekertag.
NIR und weitere Perspektiven
Auch einige Identitätsreaktionen des Arzneibuches, die sich eher an Apotheken richten, erfordern Geräte, die in den meisten Apotheken nicht vorhanden sind, konstatierte Dr. Andreas Toman, Pinguin-Apotheke, Rostock. Doch lasse die Apothekenbetriebsordnung andere Methoden zu, wenn sie zu vergleichbaren Ergebnissen führen. Dazu gehöre die Nahinfrarot (NIR)-Spektroskopie – zu unterscheiden von der viel teureren Infrarot (IR)-Spektroskopie.
Darüber berichtete Dr. Alexander Wolter, Geschäftsführer von HiperScan, Dresden. Das von seinem Unternehmen angebotene „Apo-Ident“-Gerät für die NIR-Spektroskopie werde in etwa 2000 Apotheken eingesetzt. Die Prüfung erfordere keine Probenvorbereitung und dauere nur zwei Minuten. Wesentlich für das Ergebnis seien das chemometrische Modell zur Auswertung und die validierte Datenbank mit Vergleichsspektren. Da die Apotheker die Verantwortung haben, müssten sie gegenüber der Überwachungsbehörde darlegen können, dass sie mit der Dokumentation zur Validierung umgehen können. Obwohl ein Vortrag eines im Wettbewerb stehenden Anbieters bei einem Apothekertag erstaunen mag, geriet dieser nicht zu einer Werbeveranstaltung. Allerdings wurde ein alternatives Angebot eines anderen Unternehmens zur NIR-Spektroskopie nicht angesprochen.
Prof. Dr. Andreas Link, Greifswald, Vizepräsident der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft, machte deutlich, dass auch andere Technologien langfristig Potenzial für den Einsatz in der Apotheke bieten. NMR-Geräte, die ohne Vergleichssubstanz arbeiten, könnten in zehn Jahren erschwinglich werden. Doch Link zeigte auch die Grenzen einiger Verfahren auf, beispielsweise bei Wirkstoffen, die in mehreren Formen mit unterschiedlichen Schmelzpunkten und IR-Spektren kristallisieren.
Streit um alternative Methoden
Dr. Holger Reimann, Eschborn, Leiter des NRF-Labors, beschrieb den Deutschen Arzneimittel-Codex (DAC) als apothekentaugliche Alternative zu vielen Arzneibuchmonografien für die Anwendung an vorgeprüfter Ware. Dabei würden einfache instrumentelle Prüfungen bevorzugt. Reimann warb für einen risikobasierten Ansatz, bei dem das Restrisiko kalkulierbar sein müsse.
Dem widersprach Dr. Andreas Schieweck, Leiter der Arzneimittelüberwachung in Schwerin. Vorgeprüfte Ware sei der Normalfall und rechtfertige daher keine Einschränkung der Identitätsprüfung. Außerdem betrachte er wirkstofffreie Salbengrundlagen nicht als risikoarm, weil eine Untermischung mit einem Wirkstoff bei einer eingeschränkten Prüfung nicht erkannt werde. Schieweck konstatierte ein Versäumnis in der Apothekenbetriebsordnung, die keine Lieferantenprüfung vorsehe. Wie die Industrie sollten auch Apotheken ihre Lieferanten bewerten, bevor sie dort einkaufen. Schieweck betonte, dass Apotheken im Rahmen ihres QMS unbedingt Prüfvorschriften für die einzelnen Stoffe festlegen müssten, damit PTA überhaupt prüfen könnten. Doch für Schieweck seien viele Alternativverfahren nicht geeignet, weil eine veröffentlichte Validierung fehle. In der Diskussion räumte Schieweck ein, dass die Gesetze einige „Grauzonen“ lassen, die von den Überwachungsbehörden der Bundesländer unterschiedlich ausgelegt würden.
Fazit
Als Fazit stellte Engel fest, dass neue analytische Methoden auch in der Apotheke Fortschritt bringen. Um den Austausch unter den Kammermitgliedern zur Prüfung von Ausgangsstoffen zu fördern, werde die Apothekerkammer Mecklenburg-Vorpommern auf ihrer Internetseite ein Forum dafür einrichten. Weitere Details vom Apothekertag und einen Bericht von der Scheele-Tagung finden Sie in der nächsten DAZ.
4 Kommentare
Anderes Thema
von Dr. Thomas Müller-Bohn am 14.11.2017 um 9:52 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Gefährliche "Pharmazeutische" Identitätsstifung durch Irrelevantes
von Wolfgang Müller am 13.11.2017 um 12:43 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Gefährliche "Pharmazeutische"
von B. Schäfer am 13.11.2017 um 19:18 Uhr
AW: Denken nicht in Wirklichlkeit die meisten heimlich so?
von Wolfgang Müller am 13.11.2017 um 21:09 Uhr
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