Neue PR-Kampagne

DocMorris will „neu denken“ und bezahlt Werbe-Blogger

Berlin - 16.11.2017, 14:15 Uhr

DocMorris hat eine neue PR-Kampagne gestartet, in dem der Versender dafür wirbt, Gesundheitsversorgung neu zu denken. Im Rahmen der Kampagne bezahlt das Unternehmen auch Blogger. (Screenshot: Tollabea.de)

DocMorris hat eine neue PR-Kampagne gestartet, in dem der Versender dafür wirbt, Gesundheitsversorgung neu zu denken. Im Rahmen der Kampagne bezahlt das Unternehmen auch Blogger. (Screenshot: Tollabea.de)


DocMorris hat eine neue PR-Kampagne gestartet, in der die Versandapotheke dazu aufruft, Gesundheitsthemen „neu zu denken“. In einem Werbefilm heißt es, dass man alles „immer wieder hinterfragen“ und Gesundheit digitaler denken müsse. Um diese neue Botschaft unters Volk zu bringen, bezahlt der EU-Versender auch Blogger, damit diese in Foren, Blogs und in Sozialen Medien für DocMorris werben.

Einem DocMorris-Sprecher zufolge läuft die neue PR-Kampagne mit dem Namen „Wie geht’s uns morgen?“ bereits seit dem 6. November. Auf einer dazugehörigen Internetseite mit dem Namen „Die Apotheke für morgen“ beschreibt DocMorris die Hauptinhalte der neuen Aktion: Digitalisierung, Selbstbestimmung und Individualität. Im Bereich Digitalisierung bewirbt der EU-Versender seine Handy-App, mit der man seine Medikation „selbst managen“ könne. Unter dem Punkt „Individualität“ führt der Versender seinen Video Live-Chat als Beispiel an. Was die „Selbstbestimmung“ betrifft, weist DocMorris darauf hin, dass jeder selbst entscheiden solle, „was ihm gut tut“, und seine Medikamente lieber in der Apotheker holt oder im Versand bestellt.

In einem dazugehörigen 40-Sekunden-Werbespot stellt DocMorris die Frage: „Und, wie geht’s uns morgen?“ Ein Sprecher sagt dazu: „Wir denken, es ist die richtige Frage, weil sie nach Antworten für morgen sucht, um Gesundheitsversorgung in Zukunft besser zu machen.“ Es gehe darum, den „Fortschritt zu umarmen“, „Gesundheit digital zu denken“ oder „alles immer wieder infrage zu stellen, um es besser zu machen“. Dem Unternehmenssprecher zufolge hat die Agentur „heimat“ bei der Konzeption der Kampagne mitgewirkt. Die Aktion soll drei Wochen laufen und beinhalte „zahlreiche Maßnahmen“. Das Ziel der Kampagne beschreibt der DocMorris-Sprecher so: „DocMorris möchte damit einen gesellschaftlichen sowie politischen Anstoß zum ‚neuen Denken‘ in Bezug auf Digitalisierung und Fortschritt zum Wohle des Patienten im Gesundheitswesen geben.“

Als Zielgruppe für diese Botschaft sieht DocMorris offenbar vornehmlich jüngere Menschen. Denn die Versandapotheke wirbt insbesondere im Internet und dort vermehrt in Blogs und in sozialen Netzwerken für den neuen Slogan. Dabei greift DocMorris auch zum sogenannten „Influencer-Marketing“. Dabei bezahlen Unternehmen Meinungsmacher dafür, die jeweilige Botschaft in der Zielgruppe zu verbreiten, in der der jeweilige Meinungsmacher bekannt oder angesehen ist. Sehr oft wird diese Werbeform in Internet-Blogs, Foren oder sozialen Medien angewendet: Dort posten User, denen wiederum viele andere Nutzer folgen, Werbeinhalte und werden dafür bezahlt.

DocMorris-Botschaft an Apotheker

Ein Beispiel ist eine Bloggerin aus dem Portal „Tollabea“, in dem sich die Nutzer hauptsächlich über kreative Themen, die Eltern-Kind-Beziehung aber auch über Haushaltsthemen austauschen. Hier hat die Bloggerin „Béa“ einen Beitrag mit dem folgenden Titel geschrieben: „Wie geht’s uns morgen? – Werbung für DocMorris und Gedanken zur Zukunft“. Die Bloggerin schreibt, der Auftrag von DocMorris sei ihr sehr gelegen gekommen, weil das Thema Online-Apotheken sie schon länger beschäftige.

Zur Aussage, dass Versandhändler die Apotheken vor Ort kaputtmachen, erklärt „Béa“ ganz im innovativen DocMorris-Sprech: „Ich sehe das anders, und ich hoffe, ich kann euch kurz auf eine Gedankenreise zum Thema Zukunft und #wiegehtsunsmorgen mitnehmen.“ Grundsätzlich scheint die Bloggerin aber auch nicht allzu viel Angst davor zu haben, dass viele Apotheken schließen. Denn: „Ja, das Ende der Welt, wie wir sie kennen, kommt immer wieder – und das ist auch gut so. Die Zukunft ist meistens anders, als jede Generation bislang so dachte.“ So wie auf der DocMorris-Seite schreibt auch „Béa“, dass die „großen Themen der Zukunft“ Individualität, Selbstbestimmung und Digitalisierung seien.

„Irgendwann erledigen das Autos, Roboter oder Drohnen.“

Als Antwort auf die Frage, ob die Menschen irgendwann ohne Beratung und Notversorgung dastünden, schreibt die Bloggerin: „Ohne Beratung garantiert nicht. Denn die Digitalisierung ist schon so weit, dass dies kein Problem ist. DocMorris bietet gleich eine sogenannte Multi-Channel-Beratung an.“ Aber auch in Sachen Notversorgung sei sie zuversichtlich. Denn: „Die großen Lieferdienste machen schon heute in den Großstädten vor, wie in Zeiträumen von weniger als zwei Stunden jedes Päckchen jeden erreicht. Die Dörfer werden in einigen Jahren nachziehen. Und irgendwann erledigen das auch die autonomen Geräte – ob Autos, Roboter oder Drohnen.“

Und schließlich hat die auf dem Foto sympathisch lächelnde Bloggerin noch eine kleine Botschaft für die Apotheker übrig. Sie schreibt: „Außerdem noch was: Liebe Apotheker vor Ort, die ihr euch vielleicht wegen solchen Beiträgen aufregt… Es ist keinem Unternehmer verboten oder versperrt, die Digitalisierungskarte für sich zu ziehen und auch online seine Produkte zu vertreiben!“


Instagram-Beitrag von glamshine.de

Einen ähnlichen Beitrag gibt es auf dem Blog der Bloggerin „Phinabelle“ zu lesen. Auch hier schreibt die Autorin, eine junge, zweifache Mutter: „Mit DocMorris in die Zukunft“. Ebenso wie auf „Glam & Shine“, einem Beauty- und Lifestyle-Blog. Dort fragt die Autorin unter der Überschrift „Mit DocMorris in eine gesunde Zukunft“, was für sie morgen bedeutet und welche Rolle DocMorris dabei spielt. Und auch auf Instagram werben die jeweiligen Blog-Betreiber für die DocMorris-finanzierten Inhalte.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Kleiner Zwischenruf zur Sprachkultur

von Heiko Barz am 17.11.2017 um 11:30 Uhr

Außerhalb jeden Themenbezugs hier eine kleine Anmerkung:
Wenn man sich als Meinungsbildner in die Öffentlichkeit wagt, so sollte doch das Medium -Sprache- als Grundlage schriftlicher Verbreitung gelten.
"...liebe Apotheker vor Ort, die ihr euch vielleicht wegen solchen Beiträgen aufregt,....."
Die Missachtung des Genitivs ist in vielen Berichten zu erkennen. Und das gilt leider für alle schreibenden und sendenden Medien.
Einen aufrüttelnden Schrei gab es mal mit dem Buch,
"Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod" großen Nachhall allerdings hatte diese Buch kaum.
Es gab Zeiten in der Schule, ( sogar gymnasial ) wo es bei der Bewertung von Aufsätzen lapidar hieß, Inhalt gut, Ausführung und Rechtschreibung mangelhaft. Ergebnis 2bis 3.
Na dann!

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Intention

von Erik Modrack am 17.11.2017 um 10:05 Uhr

Es ist ja immer die Frage: Wen erreiche ich mit einer solchen Kampagne - und sind es die, die ich als Kunden gewinnen möchte?
Da kann ich für mich nur feststellen: Für den Großteil der Kunden, die der Versand gerne hätte (das sind die Kunden mit Dauermedikationen) ist diese Kampagne nicht geeignet - und zwar genauso wenig, wie eine Medikations-App.
Es geht darum den Politikern, Journalisten und Meinungsmachern der Republik zu suggerieren, dass man die Konzepte der Zukunft besitzt (im Gegensatz zu den stationären Apotheken).
Hier werden leider auch Versäumnisse insbesondere des DAV offensichtlich, der es bisher verschlafen hat, digitale Zukunftskonzepte für die Apotheke vor Ort zu entwickeln und einzuführen. So wird die Rezeptsammelstelle erst "digitalisiert", wenn so etwas wie Hüffenhardt droht. Hier würde ich mir viel mehr proaktives Handeln wünschen - dann wäre es auch viel schwerer uns (fälschlicherweise) als rückständig darzustellen.

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Mit „denken“ und ...

von aures gabriela am 16.11.2017 um 21:26 Uhr

...“hinterfragen“ hat es die Gutmenschin Bea ja jetzt nicht so.
Hauptsache, mal bezahlter Testimonial zu sein und ja, jetzt kucken mal Menschen außerhalb der Märchen-Wolle-Bastelkreise auf ihre Faecbook-Seite und ihren Blog.

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Große Hände!

von Andreas G am 16.11.2017 um 20:10 Uhr

Dass die Dame bei DocMorris auch keine Pille ohne Rezept bekommt und dann "danach" doch in die Apotheke vor Ort für die PiDaNa muss, versteht sich von selbst.
Andererseits verfügt sie sicher über sehr große Hände, wenn sie ein iPad zwischen den Fingern halten kann. Möglicherweise ist sie noch zu höherem berufen.

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