Heilungsprozesse

Verletzungen heilen am Tag deutlich schneller

Remagen - 16.11.2017, 10:10 Uhr

Die Uhrzeit, zu der eine Verletzung entsteht, hat offenbar Einfluss auf die Heilung. (Foto: priew9959 / adobe.stock.com)

Die Uhrzeit, zu der eine Verletzung entsteht, hat offenbar Einfluss auf die Heilung. (Foto: priew9959 / adobe.stock.com)


Eine neue Studie hat entdeckt, dass Wunden um rund 60 Prozent schneller heilen, wenn die Verletzung während des Tages statt in der Nacht passiert. Dies eröffnet neue Perspektiven für die Entwicklung von Medikamenten zur Verbesserung der Wundheilung. Außerdem könnte es Auswirkungen auf das Timing in der Chirurgie haben. 

Der zirkadiane Rhythmus des Körpers reguliert fast jede Zelle im menschlichen Körper in 24-Stunden-Zyklen und steuert damit zahlreiche Prozesse wie Schlafen, Hormonsekretion und Stoffwechsel. Eine Studie unter der Leitung von Wissenschaftlern des Labors für Molekularbiologie des Britischen Medical Research Council (MRC) zeigt zum ersten Mal, wie die innere Uhr des Körpers die Wundheilung durch die Hautzellen reguliert und wie sie diese im Laufe des Tages optimiert. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Science Translational Medicine“ veröffentlicht.

Wundheilung abhängig von der Tageszeit

In Tests mit Hautzellen (Fibroblasten und Keratinozyten) und auch in Mäusen fanden die Wissenschaftler, dass Wunden auf der Haut während der „Tag-Phase“ der inneren Uhr fast doppelt so effizient heilten wie Wunden, die während der Ruhephase entstehen.

Der Effekt ist auch bei Menschen mit Verbrennungen sichtbar. Für diese Erkenntnis  analysierte das Forscherteam Krankenakten von 118 Patienten aus einer Datenbank mit schweren Brandverletzungen in England und Wales. Bei Verbrennungen, die in der Nacht (Ruhephase) passiert waren, dauerte die Heilung durchschnittlich 60 Prozent länger als bei solchen, die während des Tages (aktive Phase) auftraten. Dabei heilten die nächtlichen Wunden (zwischen 20.00 Uhr und 8.00 Uhr morgens) im Schnitt innerhalb von 28 Tagen fast vollständig aus, im Vergleich zu 17 Tagen, wenn die Verbrennung am Tag (zwischen 8.00 Uhr und 20.00 Uhr) geschehen war. 

Befunde an Mäusen und Menschen passen perfekt zusammen

„Zum ersten Mal haben wir gezeigt, dass der zirkadiane Rhythmus innerhalb der einzelnen Hautzellen dafür verantwortlich ist, wie wirksam diese auf Verletzungen reagieren“, kommentiert der Senior-Autor der Studie John O'Neill vom Labor für Molekularbiologie des MRC den Befund. „Das passt perfekt zu den Vorhersagen, die wir aus unseren Ergebnissen im Labor abgeleitet haben, nämlich, dass Wunden während der aktiven Phase schneller heilen. Das ist beim Menschen tagsüber und bei Mäusen nachts. Wahrscheinlich hat sich unser Körper in der Evolution so entwickelt, dass die Heilung tagsüber schneller geht, weil Verletzungen dann wahrscheinlicher sind.“ 



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.