Niedersachsen

Große Koalition setzt sich für Rx-Versandverbot ein

Berlin - 17.11.2017, 13:00 Uhr

Zwei Männer, eine Forderung: Im Apothekenmarkt soll es keine Ketten aber ein Rx-Versandverbot geben, finden SPD-Ministerpräsident Stepahn Weil (li.) und Bernd Althusmann aus Niedersachsen. (Foto: dpa)

Zwei Männer, eine Forderung: Im Apothekenmarkt soll es keine Ketten aber ein Rx-Versandverbot geben, finden SPD-Ministerpräsident Stepahn Weil (li.) und Bernd Althusmann aus Niedersachsen. (Foto: dpa)


Die neu gebildete Große Koalition in Niedersachsen will sich im Bund für ein Rx-Versandverbot stark machen. In ihrem Koalitionsvertrag schreiben SPD und CDU, dass sie sowohl für den Erhalt des Fremd- und Mehrbesitzverbotes als auch für das Rx-Versandverbot sind. Das für die Pharmazeuten wichtige Projekt mit den Stationsapothekern ist jedoch nicht im Vertrag vorgesehen.

SPD und CDU hatten am gestrigen Donnerstag bekannt gegeben, dass sie nach der Landtagswahl im Oktober eine Große Koalition bilden wollen. Die SPD mit Ministerpräsident Stephan Weil hatte die Wahl klar vor der CDU gewonnen. Für eine Neuauflage der rot-grünen Koalition hatte es wegen Verlusten der Grünen jedoch nicht gereicht. Die Parteien benannten auch schon die Landesregierung: Sozial- und Gesundheitsministerin soll Carola Reimann (SPD) werden, die erst kürzlich in den Bundestag wiedergewählt wurde und zwischen 2009 und 2013 Vorsitzende des Gesundheitsausschusses war.

In der vergangenen Legislaturperiode hatten sich SPD und Grüne in Niedersachsen öffentlichkeitswirksam an die Seite der Apotheker gestellt: Nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung war es die Ex-Gesundheitsministerin Cornelia Rundt, die als erste SPD-Landespolitikern öffentlich das Rx-Versandverbot forderte. Und auch mit der CDU an ihrer Seite bleiben die Sozialdemokraten bei dieser Forderung: Laut Koalitionsvertrag, der DAZ.online vorliegt, wollen sich beide Parteien für das Verbot stark machen.

Kein Rx-Versand, keine Ketten

Doch damit nicht genug: SPD und CDU stellen auch klar, dass sie aufkommende Debatten über Apothekenketten nicht zulassen werden. Wörtlich heißt es im Koalitionsvertrag: „Wir wollen die wohnortnahe unabhängige Apothekenversorgung der Bürgerinnen und Bürger mit Arzneimitteln durch den Erhalt des Fremd- und Mehrbesitzverbotes und die Einführung eines Verbotes des Versandhandels für verschreibungspflichtige Arzneimittel unterstützen.“ An einer anderen Stelle des Papieres mit dem Namen „Gemeinsam für ein modernes Niedersachsen" erwähnen die Koalitionäre, dass die freie Arzt-, Apotheken- und Krankenhauswahl zu den Grundlagen eines „leistungsfähigen Gesundheitswesens“ gehören.

Damit bleibt es dabei: Die Landespolitik hat grundsätzlich ein größeres Verständnis für die Forderungen der Apotheker als die Bundespolitik. Erst kürzlich haben die Gesundheitsminister der Länder in einem gemeinsamen Schreiben festgehalten, dass sie am Rx-Versandverbot festhalten. Zur Erklärung: Im vergangenen Jahr hatte Bayern einen entsprechenden Gesetzgebungsantrag im Bundesrat gestellt, den eine Mehrheit der Ländervertreter verabschiedete.

Stationsapotheker-Projekt vorerst vom Tisch

Nicht enthalten im neuen Koalitionsvertrag ist allerdings das Projekt der Stationsapotheker: Die rot-grüne Landesregierung hatte ein Vorhaben auf den Weg gebracht, nach dem jede niedersächsische Klinik mindestens einen Stationsapotheker einstellen müsste. Es gab jedoch heftigen Protest der Kliniken, die Apothekerkammer unterstützte das Projekt. Aufgrund der vorgezogenen Neuwahlen konnte Rot-Grün das Vorhaben allerdings nicht mehr umsetzen.

Um die ärztliche Versorgung auf dem Land zu verbessern, wollen die Koalitionäre gemeinsam mit KVen und Krankenkassen „Strukturen“ schaffen, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Ärzte verbessern. Wie das geschehen soll, lassen SPD und CDU aber offen. Zum Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen schreibt die Große Koalition, dass man auf den Einsatz einer „einheitlichen und vernetzten elektronischen Patientenakte“ setzen wolle. Vom Medikationsplan ist allerdings nicht die Rede.

Was die ambulante Heilmittelversorgung betrifft, haben sich SPD und CDU vorgenommen, die Vergütungen der ambulanten Heilmittelerbringer durch die Kassen so refinanzieren zu lassen, „dass die Bezahlung der ambulant tätigen Therapeuten sich nicht mehr wesentlich von der tariflichen oder tarifangelehnten Vergütung der im stationären Bereich Tätigen unterscheidet.“ Zur Verbesserung der Notfallversorgung sollen der Bereitschaftsdienst der Kassenärzte und die Notaufnahmen zusammengeführt werden. Und: Durch ein „App-gestütztes Alarmierungssystem“ der Notrufzentralen sollen „Ersthelfer im ländlichen Raum“ informiert werden, um die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes zu überbrücken. 



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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