Unterdosierte Zytostatika

Zyto-Prozess dauert mindestens bis März 2018

Essen - 21.11.2017, 09:00 Uhr

Der Fall des Bottroper Apothekers Peter S. wird vor einer Wirtschaftskammer am Landgericht Essen verhandelt. (Foto: hfd / DAZ.online)

Der Fall des Bottroper Apothekers Peter S. wird vor einer Wirtschaftskammer am Landgericht Essen verhandelt. (Foto: hfd / DAZ.online)


Das Landgericht Essen entschied am gestrigen Montag, das Verfahren um den Zyto-Apotheker nicht auszusetzen. Gegen den Antrag der Verteidigung ließ es einen Mitarbeiter des Landeszentrums Gesundheit NRW als Sachverständigen zu. Die Apothekerkammern planen derweil zusammen mit den Ärztekammern strengere Zyto-Kontrollen – und Bundesapothekerkammer-Präsident Andreas Kiefer äußerte sich zum Fall.

Nachdem das Landgericht Essen im Prozess um den Bottroper Zyto-Apotheker Peter S. am vergangenen Freitag einen Schöffen, der früher selbst als Apotheker in der Stadt arbeitete, für womöglich befangen erklärt hatte, ließ die zuständige Kammer am Montag den Prozess fortführen. Um zukünftige Verzögerungen durch weitere Ausfälle von Schöffen zu verhindern, hatten Nebenklage-Vertreter ein Aussetzen des Verfahrens gefordert. Doch dem Antrag gab die Kammer nicht statt, wie das Recherchebüro „Correctiv“ berichtet. Vorsorglich setzte das Gericht weitere Verhandlungstage an: Das Verfahren soll nun bis mindestens März 2018 gehen.

Für den heutigen Tag waren Aussagen des Laborleiters Christoph Luchte von der Arzneimittel-Abteilung des Landeszentrums Gesundheit NRW geplant. Doch zunächst musste die Strafkammer entscheiden, ob Luchte überhaupt als Sachverständiger ernannt wird: Die Verteidiger von Peter S. wollten dies laut „Correctiv“ verhindern, da dieser „einen sehr hohen Belastungseifer offenbart“ habe – und damit die Neutralitätspflicht verletzt habe.

Doch die Richter ließen den Arzneimittelexperten als Sachverständigen zu. Er erläuterte, wie die vor gut einem Jahr beschlagnahmten Zytostatika untersucht wurden. Eine weitere Befragung Luchtes ist für Mittwoch geplant. Ein Mitarbeiter des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) sollte eigentlich am Mittwoch befragt werden, doch der Termin wurde verschoben. Die Verteidiger des Apothekers hatten argumentiert, dass die Analysen der laut Anklage teils vollständig wirkstofffreien Infusionen nicht zuverlässig gewesen seien – während das Landeszentrum Gesundheit sowie das PEI auf Nachfrage betonten, dass ihre Analysen dem Stand der Wissenschaft entsprächen und valide seien. 

Apotheker und Ärzte beraten über strengere Kontrollen

Ende vergangener Woche trafen sich Vertreter der Apothekerkammern Nordrhein und Westfalen-Lippe erstmalig mit Vertretern der Ärztekammer Westfalen-Lippe sowie mit Onkologen, um zu besprechen, durch welche konkreten Schritte die Kontrolle von Zyto-Apotheken verbessert werden könnte. Die Apothekerkammern hatten in der Folge des Skandals eine Arbeitsgruppe gebildet, die auch das verloren gegangene Vertrauen in den Berufsstand der Apotheker wieder aufbauen helfen soll. 

„Das A und O ist Transparenz“, hatte die Zyto-Apothekerin Angelika Plassmann im September bei einer öffentlichen Veranstaltung in Bottrop erklärt – sie gehört auch der Arbeitsgruppe an. Die Arbeitsgruppe schlägt vor, dass das Vier-Augen-Prinzip gestärkt werden soll, indem beispielsweise alle an der Herstellung von Zytostatika beteiligten Mitarbeiter gegenzeichnen.

„Die Kontrollen der etwa 200 Zytostatika-herstellenden Apotheken muss von einer ganz neutralen Kommission erfolgen, die aus Experten besteht“, schlug Plassmann vor: Sie sollten nicht mehr in der Hand von Amtsapothekern liegen, die sich mit der Zyto-Herstellung oft nicht ausreichend auskennen würden. Das Gremium solle bundesweit tätig sein, betonte Plassmann.

Doch ein Pressesprecher der Apothekerkammer Westfalen-Lippe wollte auch auf Nachfrage von DAZ.online zu den Resultaten des Termins keine Auskunft geben, offenbar da sie zunächst mit der politischen Ebene besprochen werden sollen. „Die Ergebnisse dieser Sitzung werden jetzt in einem nächsten Termin mit Vertretern des Landesgesundheitsministeriums und der Aufsichtsbehörden diskutiert“, erklärte er. „Dies soll noch in diesem Jahr erfolgen, die Terminkoordinierung läuft bereits.“

„Staatliches Vertrauen missbraucht“

Angesichts des Bottroper Skandals hatte BAK-Präsident Andreas Kiefer in der „Bild am Sonntag“ an die „ganz hohe moralische Verpflichtung“ erinnert, die Apotheker und Ärzte haben. „Sollten sich die Vorwürfe als wahr herausstellen, ist es besonders schädlich und schändlich“, betonte Kiefer. „Das macht mich wirklich sprachlos.“

Er stelle sich die Frage, wie ein Apotheker so etwas tun könne. „Er hätte das staatliche Vertrauen missbraucht“, erklärte Kiefer. „Deshalb wäre es auch so perfide. Sollte es wahr sein, schäme ich mich für das Verhalten dieses Apothekers. Er hätte dann sein Insiderwissen für diese Fälschungen aufs Schändlichste ausgenutzt.“



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Zyto Skandal

von strunk am 21.11.2017 um 14:11 Uhr

Wo ist denn der Rest meines Kommentaren, den kann man ja gar nicht lesen....

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Zyto Skandal

von strunk am 21.11.2017 um 12:58 Uhr

„Ende vergangener Woche trafen sich Vertreter der Apothekerkammern Nordrhein und Westfalen-Lippe erstmalig mit Vertretern der Ärztekammer Westfalen-Lippe

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