EU-Gesundheitsstudie

Deutschland bei Generikaquote und OTC-Ausgaben an der EU-Spitze

Berlin - 27.11.2017, 07:00 Uhr

Top in Europa: Bei den OTC-Ausgaben und der Generikaquote liegt Deutschland EU-weit an der Spitze. (Foto: Schelbert / DAZ.online)

Top in Europa: Bei den OTC-Ausgaben und der Generikaquote liegt Deutschland EU-weit an der Spitze. (Foto: Schelbert / DAZ.online)


Dass Deutschland aufgrund seiner flächendeckenden Arzneimittel-Rabattverträge eine hohe Generikaquote hat, ist bekannt. Eine Studie über die nationalen Gesundheitssysteme der EU-Kommission zeigt: Seit etwa zwei Jahren liegt Deutschland in diesem Bereich an der Spitze in Europa. Und: Die Pro-Kopf-Ausgaben für OTC-Präparate sind ebenfalls die höchsten in Europa. Ein vernichtendes Urteil hat die Kommission für die deutsche Gesundheitspolitik übrig.

Die EU-Kommission hat kürzlich ihre Studie „Gesundheitszustand in der EU“ veröffentlicht. Ziel laut Kommission ist es, „politischen Entscheidungsträgern, Interessengruppen und Fachkräften im Gesundheitsbereich faktengestützte, vergleichbare Daten und Erkenntnisse zum Gesundheitswesen und den Gesundheitssystemen in den EU-Ländern“ zu liefern. Den meisten Statistiken liegen Daten aus den Jahren 2014 und 2015 zugrunde. Die Studie wurde im Auftrag der EU-Kommission von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erstellt. Die Kommission hat jedes Gesundheitssystem einzeln analysiert, aber auch eine vergleichende Analyse veröffentlicht.

Auch über das deutsche Gesundheitswesen hat die Kommission eine etwa 20-seitige Analyse vorgelegt. Demnach liegt die durchschnittliche Lebenserwartung mit 80,7 Jahren nur knapp über dem EU-Durchschnitt (80,6). Am ältesten werden die Menschen derzeit in Spanien und Italien (etwa 83 Jahre). Als häufigste Todesursache gelten hierzulande weiterhin Herzerkrankungen, Schlaganfälle und an dritter Stelle Lungenkrebs. Einen starken Zuwachs hat es zwischen 2000 und 2014 bei der Sterblichkeit durch Alzheimer-Demenz gegeben, was die Kommission auch mit der zunehmenden Alterung der Gesellschaft erklärt.

Weniger Alkoholkonsum insgesamt, mehr Rauschtrinker

Was die Risikofaktoren betrifft, schneidet Deutschland insbesondere beim Alkoholkonsum schlecht ab. Etwa 33 Prozent der Bevölkerung trinken sich demnach regelmäßig in den Rausch, das ist das fünfthöchste Niveau in der EU. Allerdings hat der Gesamtwert des konsumierten Alkohols seit 2000 leicht abgenommen – um 2 Liter pro Kopf. Beim Rauchen (21 Prozent der Bevölkerung) liegt die Bundesrepublik im EU-Durchschnitt. Auch in Sachen Fettleibigkeit liegt Deutschland nur knapp über dem Durchschnitt. Allerdings hat die Zahl der Adipositas-Fälle laut OECD und EU-Kommission zuletzt stark zugenommen.

Sehr gute Noten erzielt das deutsche Gesundheitswesen in Sachen Zugänglichkeit. Für alle Einkommensklassen gilt: Sie werden behandelt, wenn Bedarf besteht. Zum Vergleich: Im Schnitt geben 6 Prozent der Menschen aus den niedrigen Einkommensklassen in der EU an, keinen ausreichenden Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen zu haben. Am höchsten ist der ungedeckte medizinische Behandlungsbedarf in Estland, Griechenland und Rumänien. Am geringsten ist er in Österreich, Slowenien und den Niederlanden. Allerdings geht die EU-Studie hart mit der Zweigliedrigkeit des Versicherungssystems ins Gericht: Deutschland sei eine Ausnahme, weil es höheren Einkommensgruppen den Austritt aus dem GKV-System erlaube. Dies widerspreche dem Solidarpinzip, das der GKV „innewohnt“. Und auch die unterschiedlichen Ärztehonorare für GKV- und PKV-Patienten kritisiert die Kommission.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

OTC Preise

von Ingrid Greif am 28.11.2017 um 15:19 Uhr

Hatte die frühere Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt den Verbrauchern nicht angekündigt, dass mit der Freigabe der OTC-Preise aus der Preisbindung, deren Entlassen aus der Arzneimittelpreisverordnung, die Preise sinken würden? Billigere Angebote durch mehr Wettbewerb?
Wer hätte denn ahnen können, dass es auch teurer werden könnte, wenn es keine Preisrichtschnur mehr gibt und jeder (auch die Hersteller vorneweg!) verlangen kann, was er will?!
Aber die wohltätigen (holländischen) Versender werden uns bestimmt helfen!
Kann es sein, dass durch den Versand auch zu viele OTcs zum Verbraucher gelangen ("Zahle 2 und erhalte 3" oder "Käufer die kauften, kauften auch..", oder Bewerben von Großpackungen)
Was wird wohl passieren, wenn auch die Preise der Verschreibungspflichtigen Arzneimittel freigegeben werden?

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