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Der Markt für Online-Therapien boomt seit einigen Jahren. Nun bietet ein neues Programm die Möglichkeit, sich etwa bei Depressionen von seinem Therapeuten per Videochat behandeln zu lassen. Aber helfen solche Angebote wirklich? Eine Analyse der Nachrichtenagentur dpa.
Das erste Tief hat Martin Schulze-Vorberg kurz nach der Jahrtausendwende. Damals ist er 43 Jahre alt und Pressesprecher eines Internetanbieters in München. Er fühlt sich nicht gut, kann nicht mehr ans Telefon gehen, nicht mehr aufstehen, hat Angstzustände. „Ich war einfach vollkommen neben mir“, sagt er heute. Nach ein paar zermürbenden Wochen geht er schließlich zum Therapeuten. Die Diagnose: Depression. Er lässt sich stationär behandeln, drei Monate später geht es ihm wieder gut – auch dank Medikamenten, wie er sagt.
Das zweite Tief hat Schulze-Vorberg Mitte vergangenen Jahres. Er kümmert sich gerade auf einer Karibikinsel um ein Immobilienprojekt. „Ich habe gemerkt, wie ich trotz der Medikamente wieder in die Depression reingeschlittert bin“, sagt der 60-Jährige, der in Regensburg zu Hause ist. „Das war eine ganz blöde Situation.“ Denn auf der kleinen Insel habe er keine therapeutische Hilfe finden können. „Das hat die Situation ziemlich verschlechtert.“ Zurück in Deutschland absolviert er nicht nur eine weitere stationäre Therapie, sondern lässt sich auch auf ein Experiment ein: „MindDoc“.
Verhaltenstherapeutische Übungen
Der Immobilien-Manager ist einer von rund 300 Probanden des Online-Therapieangebots der Schön Klinik, einer privaten Klinikgruppe mit 23 Standorten in Deutschland und Großbritannien. Seit Anfang Dezember ist die Therapie-Plattform im Internet abrufbar. Mit der Anwendung können sich Patienten mit Depressionen, Essstörungen oder Burnout per Videochat und Textnachrichten von zu Hause aus behandeln lassen, wie „MindDoc“-Chef Bernhard Backes erklärt. Begleitend dazu bekommen sie verhaltenstherapeutische Übungen gestellt.
Auch Schulze-Vorberg nimmt von seinem Wohnzimmer – „oder von jedem anderen Ort auf der Welt“ – aus an Videositzungen mit seinem Therapeuten teil. Mit seinem Laptop loggt er sich über eine verschlüsselte Leitung ein, 50 Minuten dauert das Gespräch. „Es fühlt sich wie eine normale Sitzung an“, sagt er, „gar nicht unpersönlich.“ Man müsse einfach bereit sein, mitzuarbeiten.
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