Lobbyismus

Biggi Bender: Vom Versandhandel ins Kassenlager

Berlin - 14.12.2017, 11:05 Uhr

Die ehemalige Bundestagsabgeordnete der Grünen, Birgitt Bender, wechselt ins Kassenlager und wird Leiterin der vdek-Landesvertretung in Baden-Württemberg. (Foto: Külker)

Die ehemalige Bundestagsabgeordnete der Grünen, Birgitt Bender, wechselt ins Kassenlager und wird Leiterin der vdek-Landesvertretung in Baden-Württemberg. (Foto: Külker)


Die ehemalige Bundestagsabgeordnete der Grünen, Birgitt (Biggi) Bender, wechselt ins Kassenlager: Einem Bericht der Stuttgarter Zeitung zufolge wird Bender die Leitung der Landesvertretung der Ersatzkassen (vdek) in Baden-Württemberg übernehmen. Dort wird sie auch unmittelbar mit Apotheken-Verträgen zu tun haben. Ihre Berater-Tätigkeit für den Versandapotheken-Verband BVDVA beendet Bender.

Biggi Bender hat einen neuen Job: Ein Sprecher der Landesvertretung des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) in Baden-Württemberg bestätigte gegenüber DAZ.online einen Bericht der Stuttgarter Zeitung, nach dem die ehemalige Bundestagsabgeordnete schon im Januar oder Februar als Leiterin der Vertretung anfangen werde.

Der vdek hat in fast allen Bundesländern eine Landesvertretung. Nur in Berlin und Brandenburg gibt es eine zusammengeführte Geschäftsstelle. Die Landesvertretungen haben sowohl regionalpolitische Aufgaben, sind aber auch fest in die Versorgung eingebunden. Sie verhandeln beispielsweise alle regional gültigen Kollektiv- und Selektivverträge mit Leistungserbringern. So wird Bender beispielsweise in die Budgetverhandlungen der Kassenärzte in Baden-Württemberg involviert sein. Aber auch die Apotheker im Ländle werden mit ihr zu tun bekommen: Alle Verträge, die der Landesapothekerverband Baden-Württemberg von DAV-Chef Fritz Becker mit den regionalen Kassen abschließt, werden über Benders Schreibtisch gehen.

Apotheken-Verträge gehen über Benders Tisch

Die Mitgliedskassen des vdek (auch in Baden-Württemberg) sind die Barmer, die Techniker, die DAK, die KKH, die hkk sowie die HEK. Eigenen Abgaben zufolge sind mehr als 3 Millionen Menschen in Baden-Württemberg bei einer vdek-zugehörigen Kasse versichert.

Dabei hat Bender derzeit noch eine andere Aufgabe im Gesundheitswesen: Nach ihrem Ausscheiden machte sie sich selbstständig und ist seitdem als Lobbyismus-Beraterin im Gesundheitswesen tätig. Und in dieser Funktion hat sie derzeit auch viel mit den Apothekern zu tun, sie berät nämlich unter anderem den Bundesverband Deutscher Versandapotheker (BVDVA) politisch. Ein Sprecher des BVDVA bestätigte gegenüber DAZ.online allerdings, dass diese Zusammenarbeit aufgrund Benders neuer Aufgabe beendet werde.

Mehr zum Thema

Versandapotheken, Barmer GEK, Politik

Was wurde eigentlich aus Biggi Bender?

Lange Vergangenheit mit Apothekern

Aber auch mit den Ersatzkassen hat Bender eine lange Geschichte: Seit 2014 berät die Wahl-Stuttgarterin auch die Barmer politisch. DAZ.online hatte im vergangenen Jahr bereits über Benders Beratertätigkeit berichtet: Dem Vernehmen nach soll der Kontakt zwischen Barmer und Bender vom ehemaligen Vorsitzenden der Kasse, Rolf-Ulrich Schlenker hergestellt worden sein. Auch Schlenker kommt aus Stuttgart und war vor der Barmer GEK unter anderem bei der AOK Baden-Württemberg und dem BKK Landesverband Baden-Württemberg beschäftigt. Eine Sprecherin der Barmer teilte mit, dass ihre Zusammenarbeit mit der Kasse inzwischen beendet sei.

Bender saß zwischen 2002 und 2013 für die Grünen im Bundestag. Dort war sie von Anfang an war für das Thema Gesundheit zuständig. Dabei machte sie sich insbesondere in ihrer zweiten Legislaturperiode bei den Apothekern unbeliebt. Denn 2006 brachte die Grünen-Fraktion einen Antrag in den Gesundheitsausschuss ein, der die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes zum Inhalt hatte. Bender verteidigte das Vorhaben: Warum sollte es im Optiker-Markt möglich sein, dass inhabergeführte Läden neben Ketten existieren und bei Apothekern nicht, sagte sie damals. Der Antrag scheiterte.

2000er-Jahre: Bender und Celesio

Für deutliche Missstimmung bei den Apothekern sorgte auch Benders damalige Nähe zum Stuttgarter Pharmahandelskonzern Celesio. In den 2000er-Jahren und unter der Leitung von Fritz Oesterle war Celesio bekannterweise noch in Sachen Liberalisierung unterwegs. Bender sprach damals davon, dass sie von der „Leistungskraft“ Celesios beeindruckt gewesen sei. In ihrer Fraktion war sie mit dieser Meinung allerdings zunehmend allein. 2013 schwenkte sie sogar selbst um und sagte, sie werde das Thema der Apothekenketten nicht weiterverfolgen, wenn es nicht aus der Apothekerschaft selbst komme.

Bei Bundestagswahl 2013 fiel Bender dann einer der wichtigsten Prinzipien der Grünen zum Opfer. Auf die baden-württembergische Landesliste werden immer abwechselnd eine Frau und ein Mann gesetzt. 2009 landete die Gesundheitspolitikerin noch auf Platz 9, der für den Einzug ins Parlament reichte. 2013 reichte der elfte Listenplatz allerdings nicht mehr, Bender sitzt seitdem nicht mehr im Bundestag.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.