Strafprozess gegen Ex-ABDA-Sprecher

„Apotheken-Spionage” vor Gericht

Berlin - 03.01.2018, 07:00 Uhr

Vor dem Landgericht Berlin startet diese Woche der Strafprozess gegen Ex-ABDA-Sprecher Thomas Bellartz. (Foto: dpa)

Vor dem Landgericht Berlin startet diese Woche der Strafprozess gegen Ex-ABDA-Sprecher Thomas Bellartz. (Foto: dpa)


Ex-ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf als Zeuge geladen

Konkret wird den beiden Angeklagten vorgeworfen, sich in arbeitsteiligem Zusammenwirken von 2009 bis 2012 in 40 Fällen vertrauliche Daten aus dem BMG verschafft zu haben. Der Zweck: Durch deren Verbreitung wollten sie finanziellen Profit ziehen. Dabei soll H. seine Stellung als Systemadministrator des BMG ausgenutzt haben, um bestimmte, kennwortgeschützte E-Mail-Postfächer der Fachreferate auszuspähen, die ihm zuvor durch Bellartz benannt wurden. Die darin enthaltenen Daten habe er auf eine CD gebrannt, heißt es seitens des Gerichts. Diese soll er sodann dem damaligen ABDA-Sprecher gegen Zahlung von Geldbeträgen (insgesamt 26.550 Euro) übergeben haben. Die Geldübergaben sollen vorwiegend in oder in der Nähe einer Bank-Filiale in Berlin-Mitte erfolgt sein. Während es H. um das Geld gegangen sein dürfte, wird B. vorgehalten, er habe sich mit den ausgespähten Daten einen Informationsvorsprung in Bezug auf aktuelle Gesetz- und Verordnungsentwürfe des BMG mit Bezug zur Apothekerschaft verschaffen wollen. 

§ 202a Strafgesetzbuch – Ausspähen von Daten

(1) Wer unbefugt sich oder einem anderen Zugang zu Daten, die nicht für ihn bestimmt und die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, unter Überwindung der Zugangssicherung verschafft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Daten im Sinne des Absatzes 1 sind nur solche, die elektronisch, magnetisch oder sonst nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeichert sind oder übermittelt werden.

Bei H. geht es aber auch noch um mehr: Er soll zudem im Februar 2005 in ein Marzahner Mehrfamilienhaus eingebrochen sein, um 52.000 Euro Bargeld sowie ein Laptop zu entwenden. Die Tatbeute habe er für den Kauf einer Einbauküche und die Gestaltung seiner Hausauffahrt verwenden wollen. Zudem wird ihm der Besitz kinderpornographischen Video- und Bildmaterials zur Last gelegt. Mit diesen Taten wird Bellartz nicht in Zusammenhang gebracht.

Zunächst hatte das Gericht für den Prozess zehn Verhandlungstage angesetzt. Mittlerweile sind es 17 Verhandlungstermine bis Ende April. Zahlreiche Zeugen sind geladen. Unter ihnen ist auch Heinz-Günter Wolf, der in der fraglichen Zeit ABDA-Präsident war. Aber auch Bernadette Sickendiek, Sprecherin der Geschäftsführung des Phagro, soll aussagen.

Beziehung ABDA/El Pato

Der Fall des „Apotheken-Spions“ sorgte schon vor gut fünf Jahren für einigen Wirbel – sowohl in der Fachpresse als auch in den Publikumsmedien. FAZ, Spiegel und andere überregionale Medien berichteten breit über den Fall und die Verflechtungen von ABDA und El Pato. Spiegel online titelte seinerzeit: „Apotheker-Lobbyist Bellartz: ‚Eine Lüge am Tag geht immer‘“. Es ist davon auszugehen, dass auch der Prozess wieder auf ein breites Medienecho treffen wird. Der Verdacht, dass Lobbyisten in Gesetz- und Verordnungsentwürfe von Ministerien ausspähen lassen, ist auf jeden Fall eine Schlagzeile wert. Auch wenn die begehrten Informationen möglicherweise gar nicht primär für die ABDA gedacht waren, sondern für Apotheke Adhoc.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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