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Arzneimitteltherapiesicherheit
Der Medikationsplan allein reicht nicht
Das Bundesgesundheitsministerium hatte von 2014 bis 2017 drei Modellprojekte gefördert, die die Akzeptanz und die Praktikabilität des Medikationsplans untersuchen sollten. Eines davon war das ABDA-Projekt PRIMA in Sachsen und Thüringen. Mittlerweile sind die Untersuchungen evaluiert. Grob lässt sich sagen: Der Medikationsplan kann sehr sinnvoll sein – vorausgesetzt, Ärzte und Apotheker nehmen sich die Zeit, miteinander zu kommunizieren und die Verantwortlichkeiten sind definiert.
Der Aktionsplan des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit 2013-2015 sah verschiedene Maßnahmen vor, die die Kommunikation zwischen den Gesundheits-Sektoren verbessern sollten – auch beim Medikationsplan. So sollten Projekte gefördert werden, die den bundeseinheitlichen Medikationsplan (BMP) in der Praxis erproben. Insgesamt 700.000 Euro hatte das Ministerium für drei Modellprojekte dieser Art ausgeschrieben. Zum Zuge kamen Projekte der ABDA (PRIMA – Primärsystem-Integration des Medikationsplans mit Akzeptanzuntersuchung – in Sachsen und Thüringen), des Klinikums Fürth (MetropolMediplan 2016) und der Universität Witten-Herdecke (Modellregion Erfurt). Sie wurden vom 1. Oktober 2014 bis zum 31. März 2017 durchgeführt. Mit ihnen wollte man herausfinden, ob der Medikationsplan in der Praxis akzeptiert wird und sich als praktikabel erweist. PRIMA sollte zudem untersuchen, ob die Patienten den Plan als lesbar und verständlich empfinden.
PRIMA: Vernetzung von
Arzt und Apotheker essenziell
Mittlerweile sind die Projekte evaluiert. Ende vergangenen Jahres hat das BMG die Abschlussberichte veröffentlicht. Prof. Dr. Martin Schulz, Geschäftsführer Arzneimittel der ABDA und Vorsitzender der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK), der auch für PRIMA verantwortlich zeichnet, hatte schon Ende September über die Ergebnisse berichtet. Grundsätzlich lässt sich sagen: Die meisten der 40 multimorbiden Patienten (65 Prozent), die an der Pilotuntersuchung zur Lesbarkeit und Verständlichkeit teilnahmen, fanden die Gestaltung des BMP übersichtlich. Die übrigen wünschten sich Vereinfachungen oder sonstige Veränderungen. Bei der Spalte „Dosierung” hatte die Hälfte der Patienten Probleme mit den abgekürzten Tageszeitenangaben, was zu einer Nachbesserung führte.
In der eigentlichen Hauptuntersuchung zur Akzeptanz und Praktikabilität zeigte sich, dass es essenziell ist, dass Apotheken- und Arztverwaltungssysteme miteinander verbunden sind. PRIMA konnte hier die Konzepte der Arzneimittelinitiative Thüringen und Sachsen (ARMIN) nutzen. Elf Arzt-Apotheker-Teams mit 196 Patienten durchliefen alle Phasen des Projekts. Im Anschluss bewerteten 80 Prozent der 35 Workshop-Teilnehmer aus jeweils zehn Praxen und Apotheken den Informationsaustausch während der Zusammenarbeit als positiv. Und auch die meisten der befragten Patienten (84 Prozent) sahen den besseren Austausch zwischen den Leistungserbringern zur Medikation als den größten persönlichen Nutzen. Dagegen sagten nur 13 Prozent, der BMP leiste einen besonderen Beitrag zu ihrem eigenen Wissen und der eigenen Sicherheit im Umgang mit Arzneimitteln.
Die Studienleiter kommen letztlich zu dem Schluss, dass die alleinige Einführung des BMP vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit PRIMA nicht ausreichend ist. Doch der Plan werde zu einem nützlichen Tool, wenn er in ein Medikationsmanagementkonzept mit definierten Verantwortlichkeiten Prozessen unter Beteiligung des Hausarztes und der Stammapotheke eingebunden ist. Dann könne einerseits die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) und andererseits das Sicherheitsgefühl der Patienten gesteigert werden.
Zeitaufwendig und Kommunikationsbedürftig
Etwas verhaltener klingen die publizierten Ergebnisse zum Fürther Projekt, in dem über die gesamte Laufzeit 863 BMPs – sowohl auf Papier als auch elektronisch – erstellt und 2070 Fortschreibungen vorgenommen wurden. Zwar fanden mehr als die Hälfte der befragten Patienten den Plan nützlich und 75 Prozent die Lesbarkeit und Verständlichkeit adäquat. Bei den teilnehmenden Apotheken und Arztpraxen seien die Erwartungen bezüglich der positiven Effekte auf die AMTS jedoch im Laufe des Projekts zurückgegangen, heißt es. Die Nützlichkeit wurde vor allem in der interprofessionellen Information und Zusammenarbeit gesehen. Insgesamt hatten die Apotheker optimistischere Erwartungen als die Ärzte. Beide Berufsgruppen wiesen darauf hin, dass die Ersterstellung des BMG zeitaufwendig sei und dieser Aufwand aktuell unzureichend vergütet werde. Auch die neuen Verantwortlichkeiten müssten geklärt werden. Es war aber auch festzustellen, dass sich die Informationsqualität und die AMTS mit zunehmender Fortschreibung des Plans erhöhen ließ – vor allem wenn dies gemeinsam durch Arzt und Apotheker geschah. Praktische Probleme bereitete es insbesondere, wenn Patienten Apotheken oder Praxen besuchten, die nicht am Projekt teilnahmen und somit der BMP nicht fortgeschrieben wurde. Letztlich stellt der Abschlussbericht fest, dass noch tiefgreifende Änderungen im Medikationsprozess nötig sind, um das Potenzial vollständiger und aktueller Medikationsdaten für die AMT zu heben. „Hierzu gehören insbesondere eine verbesserte interdisziplinäre Kommunikation und Verantwortlichkeitsstruktur und vor allem auch eine bessere Nutzung bzw. Förderung der Nutzung von Medikationsdaten für die AMTS.“
Problem: Vergessene Pläne
Die Ergebnisse des Erfurter Projekts klingen wieder positiver. Demnach hielten die Patienten den Medikationsplan ganz überwiegend (92 Prozent) auch nach zwölf Monaten für eine gute Idee. 95 Prozent fanden ihn verständlich und übersichtlich. 84 Prozent meinten zum Ende des Projektes, sie fühlten sich sicherer im Umgang mit Arzneimitteln. 81 Prozent der Patienten wünschten sich zu diesem Zeitpunkt eine gemeinsame Pflege ihres BMP durch Arzt und Apotheker. Auch die Leistungserbringer sahen den Plan positiv und als nützlich für die Patienten. Allerdings war es für sie problematisch, dass die Patienten die Pläne häufig vergaßen und diese nicht zentral verfügbar waren. Auch den Zeitfaktor sahen Ärzte und Apotheker kritisch.
Welche Konsequenzen diese Ergebnisse nun haben, muss sich noch zeigen. Die Ergebnisse aus PRIMA sollen jedenfalls auch in ARMIN einfließen. Sie sollen sie helfen, die Prozesse und die Technik weiter zu verbessern und so eine hohe Akzeptanz der Beteiligten zu erreichen.
1 Kommentar
Medikationssicherheit nur mit dem Versicherten gemeinsam
von Dieter Rittinger am 12.01.2018 um 12:08 Uhr
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