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4. Januar 2018
Die Mühlen der Justiz mahlen langsam, aber sie mahlen. Nach nun fast sechs Jahren beginnt der Strafprozess um den „Apotheken-Spion“ im Bundesgesundheitsministerium (BGM) und seinen mutmaßlichen Auftraggeber, den früheren ABDA-Pressesprecher und zugleich Teilhaber der Kommunikationsagentur El Pato mit dem Nachrichtendienst Apotheke adhoc, Thomas Bellartz. Den beiden werden das Ausspähen von Daten und Verstöße gegen das Bundesdatenschutzgesetz im Zeitraum 2009 bis 2012 vorgeworfen. Der Vorwurf, der im Raum steht, lautet Geld gegen Informationen: Bellartz soll sich über den BMG-Mitarbeiter interne Informationen aus dem Ministerium gegen Bezahlung beschafft haben. Mein liebes Tagebuch, da könnte man sich zu der einen oder anderen Frage hinreißen lassen, zum Beispiel ob Bellartz im Auftrag der ABDA gehandelt hat oder nur zum Vorteil seiner Agentur, um Informationsvorsprünge zu haben. Immerhin, geschäftlich war er schon immer ein „Cleverle“. Laut eines von der ABDA selbst in Auftrag gegebenen Sonderprüfberichts von 2013 sind von 2007 bis 2011 von der ABDA an die Bellartz-Agentur rund 2,5 Mio. Euro für PR, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit geflossen. Wohlgemerkt: Geld an ein Unternehmen des eigenen Pressesprechers. Der Bericht zeigte auch, dass damals die Organisations- und Kontrollstrukturen im Berliner Apothekerhaus wohl erhebliche Mängel und Lücken aufwiesen. Letztlich führte der Bericht dazu, dass die ABDA sich Compliance-Regeln unterwarf. Mein liebes Tagebuch, für die Medien sind diese Vorgänge ein gefundenes Fressen. Die ARD-Sendung „Tagesthemen“ nutzte die Ankündigung des Prozessbeginns, um über Datenklau „im Zeichen des roten A“ zu berichten. Mein liebes Tagebuch, das macht sich irre gut fürs Image der Apotheken, oder? Die Sendung führte vor, mit welch „knallharten Bandagen“ im Lobbyismus gekämpft werde und dass es im Gesundheitswesen nicht immer nur um das Wohl der Kunden gehe. In der Sendung kommt auch die Organisation „Lobby Control“ zu Wort, die der ABDA vorwirft, die Standesvertretung habe den Fall nur begrenzt aufgearbeitet und nie beantwortet, ob sie auch Informationen auf diese Wege erhalten habe. Tja, mein liebes Tagebuch, da kann man als rechtschaffener Apotheker nur froh sein, dass das nachts bei Tagesthemen lief und nicht am Morgen in der „Bild“ stand. Nun, so ganz rasch wird der Datenklau-Fall wohl nicht aufgeklärt werden. Die Hauptverhandlung wurde gleich bei der Prozesseröffnung unterbrochen: Bellartz’ Anwalt brachte Beschwerden vor und rügte die Missachtung formeller Anforderungen. Am 12. Januar soll’s weitergehen. Gespannt darf man auf die Aussagen der Zeugen im Datenklau-Prozess sein, beispielsweise vom Ex-ABDA-Präsidenten und heutigen ABDA-Ehrenpräsidenten Heinz-Günter Wolf. Mich würde da die Frage am Rande interessieren: Wie konnte es sein, dass ein ABDA-Pressesprecher zugleich Teilhaber einer Kommunikationsagentur sein durfte? Gab’s da eigentlich kein Störgefühl bei der ABDA?
Von der ABDA liegt Anfang des Jahres offiziell noch keine Kritik am Honorargutachten vor. Lässt man das einfach so laufen? Versucht man, dies zu ignorieren? Auszusitzen? Oder kommt da noch was? Den baden-württembergischen Kammerpräsidenten Günther Hanke jedenfalls hielt es jetzt nicht mehr zurück. Er meldete sich zu Wort: Das im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums erstellte Gutachten „übersieht völlig die Realität und setzt unrealistische Akzente“. Und er macht plakativ deutlich: Die Arzneimittel-Mehrwertsteuer übersteigt die Apothekenvergütung. Und er sagt: „Die Autoren des Gutachtens glauben doch tatsächlich, die Abläufe in Apotheken minutengenau beurteilen und berechnen zu können. Wir arbeiten aber nicht im Akkord. Wir Apotheken gehen individuell auf jeden Patienten ein.“ So ist es.
5. Januar 2018
Auch der Marketingverein Deutscher Apotheker (MVDA) nimmt kein Blatt vor den Mund und das Honorargutachten auseinander. Und wie von Präsidentin Hame-Fischer und Vizepräsident Wicht gewohnt, geht’s Tacheles zur Sache. Da ist die Rede davon, dass man „mit einem Sammelsurium an Folterwerkzeugen der deutschen Apotheke den Garaus machen“ wolle. Den Gutachtern werfen sie vor: Einerseits geizen sie nicht mit wettbewerblichen Ratschlägen, andererseits schrecken sie nicht davor zurück, die Planwirtschaft zu preisen. Und die im Gutachten vorgebrachten Ansätze geboren aus der Wirtschaftstheorie hätten mit der Versorgungsrealität so viel zu tun wie „Gasthof mit Gustav“, so die MVDA-Präsidenten, die auch davor warnen, den Weg der Mischkalkulation zu verlassen. Die MVDAler belassen es nicht bei der Kritik, sie rufen dazu auf, in die Offensive zu gehen: Die Apotheker sollten jetzt eigene Vorschläge in die Diskussion einbringen. Ja, mein liebes Tagebuch, alles richtig. Und jetzt hätten wir gerne mal ein paar Vorschläge gehört.
Ach, wie beruhigend ist das denn, mein liebes Tagebuch? Der ABDA-Präsident will 2018 die Hände nicht in den Schoß legen. Na, da gehören sie auch nicht hin, gell? In seiner Verkündigung zum Jahresanfang – in Interview-Form in der kommenden PZ zu lesen und auszugsweise vorab bei PZ online – meint Schmidt dann zum Rx-Versandhandelsverbot: „Wir sind nicht gescheitert, wir sind aber auch nicht am Ziel.“ Aha, mein liebes Tagebuch, was will er uns damit sagen? Na, erstmal müssen die Folgen des EuGH-Urteils konsequent bearbeitet werden, das ist wichtig für die Stabilität, so die präsidiale Einschätzung. Und wie soll das gehen? Aber klar, „da muss die Politik ran“, meint Schmidt. Dann kommt die Diskussion um die Honorierung dazu – „aber das ist nichts Neues“. Stimmt. Und dann „zieht auch der Rx-Versandhandel seit einiger Zeit an“. Außerdem: „…wenn sich die Politik nicht kümmert, dann ist der Eintritt von Amazon in den Arzneimittelmarkt nur noch ein Frage der Zeit.“ Ja, mein liebes Tagebuch, und was ist dann? „Wir müssen uns als Gesellschaft aber insgesamt fragen, ob wir so leben wollen, dass wir von einigen wenigen weltumspannenden Unternehmen abhängig sind…“, sagt der ABDA-Präsident und fügt wehmütig hinzu: „Und Heimat ist doch da, wo ich alles habe, was ich brauche.“ Schluchz! Ja schön und gut, Herr Präsident, aber was können wir dagegen tun? Was könnte die ABDA dagegen tun? Gute Frage, nicht wahr? Die Antwort steht leider nicht dabei. Noch eins vielleicht, Herr Präsident: Wann könnte man am Ende des Jahres 2018 sagen, es sei ein gutes Jahr gewesen? „Angesichts der schwierigen aktuellen Situation erwarte ich für 2018 nicht allzu viel…“ Angesichts dieses packenden euphorischen Interviews erwarten wir auch nicht allzu viel von unserer lieben ABDA, nicht wahr, mein liebes Tagebuch?
4 Kommentare
Umverteilung
von Karl Friedrich Müller am 07.01.2018 um 12:58 Uhr
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Wie wirklich ist die Wirklichkeit?
von Christian Giese am 07.01.2018 um 10:19 Uhr
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ABDA
von Frank ebert am 07.01.2018 um 10:09 Uhr
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FIRE AND FURY INSIDE THE SCHMIDT ABDA?
von Christian Timme am 07.01.2018 um 8:39 Uhr
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